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Liv fuhr mich am nächsten Tag nach der Arbeit zum Training und hörte kaum auf zu Reden.
Ich bekam Kopfschmerzen von all ihren Vorschlägen, wie ich denn jetzt am besten mit Sebas umgehen sollte.
Die Hälfte ihrer Vorschläge ignorierte ich einfach, es war einfach nur schwer auszuhalten und ich wunderte mich wirklich, wie sie die Zeit hatte, um sich auch noch über meine Probleme so viele Gedanken zu machen.
Glücklicherweise setzte Liv mich nur schnell ab und bestand nicht darauf, unsere Choreo anzuschauen und zu überprüfen, was mir einen Augenblick Zeit gab, vor der Tür innezuhalten und Luft zu holen.
Das Glöckchen über der Tür erklang als ich eintrat und die leise Musik, die aus einer Ecke der Raums erklang, stoppte.
"Hey."
"Hey."
Sebas kam auf mich zu, seine Schritte leise auf dem glatten Boden.
Es war einen Moment wirklich still zwischen uns beiden und ich wusste nicht genau, wo ich anfangen sollte.
"Sollen wir trainieren oder gleich darüber reden?"
Sebas brachte es ziemlich deutlich auf den Punkt.
"Lass uns erstmal ein wenig trainieren, ich hab ein paar kleine Änderungen an meiner Haltung versucht und würde die gerne üben."
Was tatsächlich auch so war.
Außerdem brauchen wir das Training, Livs Hochzeit war nur noch etwa einen Monat entfernt, wir hatten bald keine Zeit mehr.
"Okay."
Ich glaubte ihn leise seufzen zu hören, war mir aber nicht sicher und sagte deswegen auch nichts mehr weiter.
Wir trainierten von sechs bis um acht wie verbissen an unserer Choreo. Ich weiß nicht, was es war, das uns so antrieb, aber wir waren so konzentriert und tatsächlich auch nah an fehlerfrei, dass ich das Grinsen irgendwann nicht mehr aus dem Gesicht bekam.
Dennoch, nach zwei Stunden konnte ich spüren, wie ich einfach eine Pause, wenn nicht sogar Trainingsschluss brauchte.
Ich saß schwer atmend auf dem Boden des Tanzstudios und trank gefühlte Unmengen an Wasser.
"Es ist wirklich unglaublich, wenn man daran denkt, wie du das erste Mal nach deinem Unfall getanzt hast und wie es jetzt aussieht."
Sebas klang beeindruckt und anerkennend und ich konnte spüren, wie ich leicht rot wurde.
Das erste Mal nach meinem Unfall war wirklich eine reine Katastrophe. Ich hatte davor schon wochenlang geübt, eine gerade Linie zu laufen, zuerst mit und irgendwann ohne den Stock, aber als Sebas kam und sagte, dass er wieder versuchen wollte, mit mir zu tanzen, wusste ich nicht, ob ich weinen oder lachen sollte.
Dennoch hatte mich Sebas irgendwann dazu überredet bekommen und wir fingen mit den einfachsten Grundschritten an, da ich weder meinen Gleichgewichts- noch mein Körpergefühl so wirklich wieder gefunden hatte. Es war, wie wenn wir am Wochenende ab und an an Tanzschulen aushalfen und mit den ganz Kleinen die ersten Schritte übten. Und doch war es so anders, denn mein Kopf wusste ganz genau, was er machen wollte, während mein Körper es einfach nicht umsetzen konnte. Doch irgendwann hatte ich Fortschritte gemacht. Langsam erst und als ich dann die Basics wieder hatte, meine Füße das Tanzen wieder kannten, war es wirklich so, dass ich mich stetig verbesserte. Eigentlich bis ich wegen Eric so eine lange Tanzpause hatte.
Ich könnte mich eigentlich wegen ihm schlagen, aber wem würde das denn helfen.

Night changes everything (Deutsch) *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt