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Sebas klang besorgt, ich sammelte meine Gedanken.
"Mir ist schlecht."
Mehr konnte ich nicht sagen, denn eine weitere Welle des Schmerzes überkam mich.
"Hast du etwa zu viel getrunken?"
Er klang nicht unbedingt amüsiert, aber die Besorgnis war ein wenig aus seiner Stimme gewichen.
Sebas legte mir einen Arm um die Taille und führte mich irgendwo hin. An den Geräuschen der Türen konnte ich erkennen, dass wir in den Toiletten waren.
Ich keuchte auf, als die Kopfschmerzen immer stärker wurden. Wie ein Ballon kurz vor dem Platzen.
Gleichzeitig konnte ich die Übelkeit wieder aufsteigen spüren.
Ohne ein weiteres Wort tastete ich mich voran, schaffte es in eine Kabine und übergab mich.
Mein Atem war flach, ich versuchte, den Schmerz und die Übelkeit unter Kontrolle zu bekommen, scheiterte aber auf ganzer Linie.
Meine Haare hingen mir ins Gesicht und ich strich sie zittrig weg.
Ich ging in die Knie, schluchzte bei dem Schmerz in meinem ganzen Körper nur auf und versuchte, die Tränen weg zu blinzeln.
"Hey."
Sebas klang nicht mehr nur besorgt, bestürzt war das bessere Wort.
Ich wollte nicht, dass er hier war.
Vorsichtig strich er mir über den Rücken und nahm dann meine Haare zurück.
"Geh weg."
Mein Versuch ihn wegzustoßen war schwach.
"Nein."
Ich wollte etwas erwidern, übergab mich aber wieder.
Was war nur los?
Der Geschmack in meinem Mund war absolut widerlich und alle Kraft schien aus mir gewichen zu sein.
Ich presste mir die flache Hand gegen die Schläfe, der Schmerz wurde nicht besser, sondern immer schlimmer. Ein weiteres Schluchzen entkam meiner Kehle.
Alles brannte.
Überall nur Schmerz.
Ein hohes Pfeifen erklang in meinen Ohren und mir wurde schwindelig.
Als ich erneut würgte konnte ich es schmecken.
Blut.
Der metallische Geschmack war nicht zu verkennen.
Die Tränen liefen mir über das Gesicht.
"Es tut so weh."
"Was?"
Ich konnte spüren, wie Sebas sich anspannte.
"Alles."
Ich wischte mir mit dem Ärmel meines Kleides über den Mund, es war mir alles egal, es tat alles weh.
"Ist das Blut?"
Das Pfeifen in meinen Ohren wurde lauter und ich sackte zur Seite weg.
"AMY!"
Der Schmerz war einfach nur da.
Über allem.
Ich nahm kaum wahr, wie Sebas um Hilfe rief oder wie die Schreie meiner Schwester in dem großen Toilettenraum erklangen.
Der Schmerz legte sich über alles.
Ich merkte, wie ich wegdriftete.
Dann merkte ich gar nichts mehr.

Es war wie ein Deja Vu.
Das Piepsen von Geräten neben mir, der Geruch von Krankenhaus und die absolute Schwärze um mich herum.
Allerdings waren auch neue Gefühle dabei.
Jemand hielt meine Hand, etwas steckte in meinem Arm und ich konnte Schläuche in meiner Nase spüren.
Langsam schlug ich die Augen auf, es war anstrengender als gedacht und stöhnte leise auf.
"Amy, oh mein Gott, du bist wach."
Durch die Stimme neben mir vermutete ich, dass die Hand meiner Schwester gehörte.
Sie strich mir einmal über die Stirn und ich lehnte das Gesicht gegenihre Hand.
"Liv."
Meine Stimme klang gequält und mein Hals brannte vor Trockenheit.
"Hier. Trink."
Etwas berührte meine Lippen, ein Strohhalm und ich nahm gierig eine großen Schluck.
Es tat so gut, auch wenn das Wasser ein wenig abgestanden schmeckte, war es kühl und beruhigte meinen Hals ein wenig.
So ganz war mir aber noch nicht klar, warum ich mit Schläuchen in der Nase im Krankenhaus war.
"Was ist los? Warum bin ich im Krankenhaus? Wo ist Sebas?"
Ich erinnerte mich nur noch schwach an Livs Hochzeit, daran, dass ich mich betrunken hatte und Sebas gesagt hatte, dass ich mit ihm zusammen sein wollte.
"Woran erinnerst du dich noch?"
Ich blinzelte einmal, meine Augen fühlten sich ebenfalls trocken an und brannten, als ob ich geweint hätte.
"Deine Hochzeit, die Feier. Es war schön."
Liv drückte meine Hand sanft und strich mir über die Wange.
"Ja es war schön..."
Ihre Stimme war kaum hörbar und ich merkte ihr an, dass sie noch vieles mehr sagen wollte.
Aber sie ließ es bleiben.
Erst jetzt fiel mir auf, dass Liv eigentlich in den Flitterwochen sein sollte.
"Liv, warum bist du hier? Wollten Will und du nicht in die Karibik?"
Sie seufzte traurig auf.
"Ich kann doch nicht zwei Wochen an den Strand liegen, während du hier um dein Leben kämpfst."
Ihre Stimme klang belegt. Sie schien völlig fertig zu sein.
"Was meinst du, wieso um mein Leben kämpfen?"
Liv sagte eine Weile nichts mehr. Ich konnte Stimmen auf dem Gang hören.
"Ich geh mal einen Arzt holen. Ist vielleicht besser."
"Liv, warte kurz. Wo ist Sebas?"
Langsam kamen ein paar weitere Erinnerungen hoch.
Wie ich mich übergab, wie meine Schwester schrie.
"Ihm geht es momentan nicht wirklich gut, ich hab ihn heim geschickt, dass er sich ein wenig ausruht. Er kommt nachher wieder her."
Ich runzelte die Stirn, ließ Liv aber dann in Ruhe mit meinen Fragen.
Die Tür des Zimmers ging auf und zu.
Auf dem Gang waren laute Stimmen zu hören, es schien ziemlich viel los zu sein.
Es war still, ich konnte nicht ausmachen, ob ich alleine hier war.
Mein Kopf fühlte sich ein wenig benebelt an, vielleicht hatten sie mich mal wieder mit irgendwelchen Medikamenten vollgepumpt.
Ich schloss die Augen, legte den Kopf zurück in die Kissen.
Was war los gewesen?
Ich konnte es mir einfach nicht erklären.
Wieder ging die Tür auf und zu und meine Schwester sprach mit jemandem.
"Miss Garib, lassen Sie mich für einen Moment alleine mit Ihrer Schwester reden, dann komme ich wieder zu Ihnen, in Ordnung."
Liv schien sogar zu müde zum Diskutieren zu sein, denn sie widersprach nicht, sondern stattdessen hörte ich wieder die Tür auf und zu gehen.
Sie hatte Dr. Ziekenhuis, dessen Stimme ich erkannt hatte, auch nicht darauf hingewiesen, dass sie nicht mehr Miss Garib sondern Mrs. Smith war.
Also ich glaub so fertig hatte ich meine große Schwester noch nie erlebt.
Ein Stuhl wurde gerückt, Papier raschelte, dann erklang das Seufzen meines Arztes.
"Also Miss Garib."

AN: Ich hoffe, euch hat dieses Spezial gefallen.
Wenn ja, dann votet, kommentiert oder folgt mir doch gerne :)
Noch einmal frohe Weihnachten euch allen, wir sehen uns beim nächsten Update ;)
Xo Lena

Night changes everything (Deutsch) *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt