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"Was ist das alles?"
Noch mehr Papier raschelte und ich biss mir auf die Lippe.
"Ein Flugticket nach Paris?"
Es dauerte noch einen Moment länger, dann hörte ich nur ein "Was?"
Sebas richtete sich auf.
"Das kann nicht dein Ernst sein. Ich glaub, du musst mir das nochmal erklären."
Ich grinste, als ich seine Begeisterung hören konnte.
"Ich hab eben meine Kontakte spielen lassen."
"Aber wie... das Théâtre des Champs Elysées? Wie hast du das hinbekommen?"
Ich grinste nur noch mehr.
Sebas wusste gar nicht mehr, was er sagen sollte.
"Wie gesagt, meine Kontakte. Du machst demnächst deinen Abschluss und du kannst direkt danach dort anfangen. Laut ihnen für drei Monaten, aber wir wissen ja, wie das ist, sobald du mal drinne bist, bekommst du bestimmt ein Jobangebot nach dem anderen."
Sebas drückte mir einen Kuss auf die Lippen und raschelte dann wieder mit dem Papier.
"Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das ist fantastisch!"
Grinsend lehnte ich mich an ihn.
"Du musst gar nichts sagen. Du hast so viel für mich getan und geopfert, da musste ich mir wirklich Mühe geben, dass ich mich irgendwie revanchiere. Ich will nicht, dass du irgendwelche Möglichkeiten verpasst, weil du soviel Zeit mit mir verbringst. Was das angeht hatten deine Eltern wirklich Recht. Und deswegen jetzt eben Paris."
"Amy, ich weiß nicht, ob ich mich darüber aufregen soll, dass du immer noch über das nachdenkst, was meine Eltern zu dir gesagt haben, oder ob ich begeistert bin, wie du das alles hinbekommen hast. Dankeschön."
Ich hörte, wie er die Box auf den Boden stellte und spürte dann seine Hände an meiner Taille.
"Vielen vielen Dank. Wirklich, das bedeutet mir so unglaublich viel."
Lächelnd schlang ich meine Arme um seine Schultern.
Er zog mich enger an sich, bis ich unter ihm lag und seinen Atem an meinem Gesicht spürte.
Seine Lippen bewegten sich erst langsam, dann drängender auf meinen, was ich nur zu gerne erwiderte und ich kicherte, als er mit seinen Fingern unter mein (na ja, sein) T-Shirt wanderte.
"Es freut mich, wenn es dir so gut gefällt, du hast dann bestimmt einiges zu erzählen."
Sebas hielt kurz inne.
"Wie meinst du das, du kommst doch mit, oder? Es sind immer hin mehrere Monate."
Ich verzog entschuldigend das Gesicht.
"Ich komm dich mal besuchen, ja, aber generell ist das für dich. Für dich alleine."
Sebas seufzte leise.
"War ja klar, dass es einen Nachteil gibt."
Ich lachte auf.
"Ach was. Ich würde dich doch sowieso nur ablenken."
Kichernd küsste ich ihn, traf aber nur seinen Mundwinkel.
Sebas antwortete nicht sofort, aber ich merkte, wie er sich ein wenig entspannte.
"Das stimmt. Und außerdem ist es ja noch eine Weile hin, bis ich fliege, von daher brauche ich mir darüber jetzt noch keinen Kopf machen."
Ich nickte nur und zog ihn dann für einen weiteren Kuss zu mir herunter.

Der Tag des Auftritts war gekommen und ich war mehr als nur nervös.
Mit zittrigen Fingern wartete ich vor der Royal Opera auf Sebas, der ausnahmsweise mal nach mir irgendwo ankam.
Meine Mutter und meine Schwester waren bester Dinge und quatschten fröhlich miteinander, während ich kurz davor war meinen Kopf zu verlieren.
"Hey."
Sebas' Stimme erklang hinter mir und ich zuckte zusammen.
"Sebas."
Er nahm mich kurz in den Armund drückte mir einen Kuss auf die Lippen bevor er meine Familie begrüßte.
"Tut mir Leid Amy, ich wollte dich nicht erschrecken."
Lachend schlang er einen Arm um mich und zog mich mit sich durch die große Eingangstür.
"Warum bist du so entspannt und gut gelaunt?"
Ich kaute mir auf der Unterlippe herum und klammerte mich förmlich an seinen Arm.
"Naja, ich wusste, dass du ausreichend aufgeregt für uns beide zusammen bist, von daher kann ich ja ganz entspannt sein."
Er lachte leise.
Ich schüttelte nur ungläubig den Kopf, sagte aber nicht mehr.
Livkam auf meine andere Seite und legte mir ebenfalls einen Arm um die Schulter.
"Du packst das schon. Ist ja nicht dein erster Wettbewerb."
Augenverdrehend wandte ich mich ihr zu.
"Aber der erste, den ich blind antrete." zischte ich durch zusammengebissene Zähne, "und warum seid ihr eigentlich jetzt schon mitgekommen? Die eigentliche Auftritte sind erst in einer Stunde."
Liv lachte fröhlich und umarmte mich.
Ich konnte ihren leichten Babybauch gegen mich spüren.
"Ach Amy, du bist doch wirklich ein wahrer Sonnenschein. Aber wenn es dich beruhigt, Mum und ich wollten uns noch einen Tee um die Ecke holen, sobald wir dich hier abgesetzt haben und dann direkt zu unseren Plätzen gehen."
Gerade noch rechtzeitig unterdrückte ich ein erleichtertes Aufseufzen und nahm stattdessen die Glückwünsche meiner Mutter entgegen.
"Ich wünsche dir viel Erfolg für nachher. Wenn du so glücklich tanzt wie auf Livs Hochzeit, dann hast du für mich jetzt schon gewonnen."
Ich lächelte und umarmte sie kurz.
"Also Amy, du wirst das einfach rocken, da braucht ihr auch kein Glück. Wir sehen uns nach dem Wettbewerb. Komm Mum."
Als die beiden außer Hörweite waren seufzte ich kurz auf und tastete dann wieder nach Sebas' Hand.
Wir gingen uns schnell umziehen und dann in einen der Räume, in denen sich schon andere warm machten. Ich wusste, dass keiner so wirklich auf uns achten würde, da es bei Wettbewerben immer so war. Jeder konzentrierte sich auf seine Schritte, auf seine Choreographie, da hatte man kein Interesse daran, auch nur mal aufzuschauen. Sebas führte mich durch den Raum und gemeinsam dehnten wir einen Muskel nach dem anderen. Ich schloss immer wieder die Augen, als wir einzelne Schritte nochmal durchgingen, versuchte mich so tief wie möglich in das Tanzen fallen zu lassen, aber ich merkte, dass ich einfach zu angespannt war.
Viel zu schnell wurden die ersten Nummern aufgerufen und nach und nach leerte sich der Raum.
Ich packte Sebas Arm immer fester, als er irgendwann mit mir in die Nähe des Bühnenaufgangs ging, um den anderen zuzuschauen.
Als unsere Startnummer 18 aufgerufen wurde, spannte sich in mir alles an.
Scheiße.
Warum machten wir das?
"Bereit?"
Sebas' Stimme klang ruhig und konzentriert und zu wissen, dass er ebenfalls auf der Bühne war, war beruhigend.
Also straffte ich die Schultern, nahm seine Hand und nickte langsam.
Glücklicherweise gingen wir zusammen auf die Bühne, sodass Sebas mich genau richtig positionieren konnte bevor ich mein Solo anfangen würde.
Ich atmete einmal tief durch und setzte ein Lächeln auf.
"Bereit."

AN: ich kann mich wieder einmal nur entschuldigen, dafür dass schon länger kein Update mehr kam... ich hab hier gerade sehr viel um die Ohren, mit dem Au Pair, dann war mein Geburtstag etc... ihr kennt das ja bestimmt.
Dennoch, hier ein neues Kapitel. Wir nähern uns dem Ende und ich hoffe, dass es euch gefällt :)
Xo Lena

Night changes everything (Deutsch) *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt