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Liv fuhr mich zu Sebastians Tanzstudio und ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, warum meine Schwester so merkwürdig war.
Ich verstand ja, dass sie sich Sorgen um mich machte und dass sie die Sache für mich wieder gerade biegen wollte, aber irgendwie war ich mir noch immer nicht sicher, ob das wirklich klappen konnte.
"Also, ich glaub, ich hab dir das schon mal erzählt, aber unser Kennenlernlied ist von Major Lazer, Lean On. Es gibt da diese unglaublich gute Coverversion davon und ich dachte, wir könnten es mal damit versuchen. Ich hab es heute morgen auf mein Handy geladen."
Ich lehnte den Kopf an die Scheibe und seufzte leise.
Liv schien nicht zu stoppen.
"Ich weiß, dass du deine Zweifel hast, aber bitte versuch offen zu sein und rette deine Freundschaft."
"Ich werde mein bestes geben."
Nichtmal ich wusste ganz genau, ob das ironisch gemeint war, oder mein voller Ernst.
"Gut."
Wir sprachen für die nächsten paar Minuten nicht mehr und ich war fast froh, aus dem Auto zu kommen, die Zuversicht meiner Schwester war beinahe bedrängend.
Der gewohnte Geruch von Bodenputzmitteln und Gummimatten stieg mir in die Nase, als wir in das Tanzstudio eintraten und ich hörte schon bald Schritte auf uns zukommen.
"Liv, schön dich zu sehen, wie geht's dir?"
Sebas' Stimme erklang näher als erwartet und ich zuckte automatisch ein klein wenig zusammen.
"Sebas, ist ziemlich lang her, dass wir uns hier getroffen haben."
Er lachte kurz auf, dann konnte ich förmlich spüren, wie Sebas mich musterte.
"Hey."
Ich lächelte leicht und versuchte, mich nicht zu sehr in die Situation hinein zu steigern.
"Hi."
Liv ließ erst gar keine unangenehme Stille aufkommen, sondern kam gleich zur Sache.
"Also,wie ich eben ja schon erwähnt hatte, habe ich bereits einen Song ausgewählt und jetzt ist es an euch, eine Choreo darauf zu entwerfen. Wollen wir mal reinhören?"
Ich hörte Schritte, die sich von mir entfernten und vermutete, dass Liv ihr Handy an die Boxen anschloss. Wenig später erklang ein wunderschönes Lied, dass mir tatsächlich schon die ein oder anderen Idee brachte.

Wir sprachen eine Weile über die verschiedenen Ideen, die wir alle hatten und kamen irgendwann zu dem Punkt, an dem wir es einfach ausprobieren mussten.
Das Gefühl von Nervosität machte sich in meiner Magengrube breit und ich stand langsam auf.
Es war beinahe zu routiniert. Sebas brachte mich zu meinem Startpunkt, wir machten uns bereit und Liv schaltete die Musik auf unser Zeichen ein.
Ich will nicht sagen, dass es gut war. Das war es bestimmt nicht. Ich stolperte zweimal, ließ einen Sprung aus und auch sonst, war die Choreo noch nicht mal im Ansatz fertig oder gut.
Dennoch war es nicht schlecht.
Vor allem nicht, wenn man bedenkt, dass wir seit Wochen nicht mehr miteinander getanzt hatten.
"Ja, so in etwa meine ich das. Ihr habt ja noch eine Weile Zeit, um daran zu arbeiten."
Wir tanzten es noch zweimal durch, Sebas ließ jeden Fehler, den ich machte, einfach unkommentier (was mich irgendwie frustrierte), und sprachen dann mit Liv noch einmal über ihre genauen Vorstellungen, die sie natürlich schon hatte.
Warum überraschte mich das nicht?
Plötzlich klingelte ein Telefon.
"Oh, entschuldigt, das ist mein Florist."
Ich hörte das Klingeln der kleinen Glocken über der Tür, als Liv zum Telefonieren rausging.
"Weiß sie es?"
Ich zuckte zusammnen.
"Was?"
"Dass du im Park so zusammen gebrochen bist. Und dort geschlafen hast."
Achso, das.
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein und das muss sie auch nicht."
Es war wieder nur einen Moment still zwischen uns, dann kam Liv auch schon wieder zurück.
"Tut mir so Leid, aber ich muss unbedingt los. Ein Problem mit dem Druck der Einladungskarten. Sebas, könntest du Amy nachher nach Hause bringen, wenn ihr soweit seid? Danke, du bist wirklich ein Schatz. Bis dann."
Niemand von uns konnte auch nur ein Wort sagen und schon war sie weg.
Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass Liv nicht ganz die Wahrheit sagte.
"Denkst du, sie weiß, dass ihr Florist ihre Karten druckt?"
In Sebas Stimme lag ein Lächeln und ich konnte nicht anders, als ein wenig zu grinsen.
Dann seufzte ich.
"Sie macht sich wirklich Sorgen um mich. Ich denke, sie will einfach alles selbst in die Hand nehmen."
Ich dachte das nicht nur, ich wusste das.
"Sie ist nicht die einzige Person, die sich Sorgen um dich macht."
Und schon waren wir genau in der Situation, in der ich nicht sein wollte.
"Wir müssen nicht darüber reden, nur weil Liv meint, uns dazu zu bringen. Du kannst mich auch einfach nach Hause bringen, wenn du willst."
"Nein. Wir müssen darüber reden. Über ziemlich viel um ehrlich zu sein."
Sebas klang entschlossen und ich widersprach ihm nicht.
"Ich weiß, dass wir wegen ein paar Dingen nicht einer Meinung sind, aber das war doch noch nie ein Grund für uns, so lange nicht miteinander zu reden. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass ich mich für ziemlich viel entschuldigen sollte. Vor allem, was Eric angeht. Ich schätze, ich war einfach ein wenig... voreingenommen. Wahrscheinlich ist er tatsächlich mittlerweile ein echter Gentleman und nicht mehr so ein Arschloch."
Als Sebas so über ihn redete, reagierte ich beinahe instinktiv.
"Nein."
Meine Stimme war kaum hörbar.
"Was meinst du mit nein?"
Auf einmal war es ganz einfach.
"Du musst dich nicht dafür entschuldigen, was du über Eric gesagt hast. Ich hätte auf dich hören sollen. Du hattest mit allem Recht."
Ich senkte den Kopf und wartete auf seine Reaktion.
"Was meinst du denn damit schon wieder. Komm schon Amy, rede endlich mit mir. Sag mir, was los ist."
"Es tut mir Leid."
Ich kämpfte mit meiner Stimme.
"Was? Was tut dir Leid."
"Alles." ich holte kurz Luft. "Dass ich dir nicht geglaubt habe, dass ich dich einfach so ausgeschlossen habe. Dass ich mich wie eine Bitch aufgeführt habe."
Sebas nahm meine Hand.
"Hey, alles okay."
Ich entzog ihm meine Hand.
"Nein, es ist nicht alles okay! Das ist es seit meinem Geburtstag schon nicht mehr. Eric, er..."
Meine Stimme brach.
Ich konnte es nicht laut aussprechen.
"Was?"
Mit zittrigen Fingern begann ich alles zu erzählen.
Alles, was ich in den letzten Wochen in mir unterdrückt und verdrängt hatte.

AN: Nach einer kurzen Schreibpause lass ich euch mal mit einem Cliffhanger hängen (Hehe) .
Für den NaNoWriMo habe ich beschlossen, zu versuchen, Night Changes Everything fertig zu bekommen. Ich kann es nicht versprechen, aber ich werde es versuchen. Das heißt, anstatt einen neuen Roman mit 50 000 Wörtern zu schreiben, werde ich diesen hier (mit 50 000 Wörtern) beenden. Je nach dem, wie erfolgreich ich bin, werde ich auch hier mehr und vor allem häufiger hochladen...

Night changes everything (Deutsch) *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt