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"Und dann?"
"Nichts."
"Was?"
Liv klang wie ein kleines Kind.
"Nichts, das war alles."
Liv sagte einen Moment gar nichts.
Ich biss mir auf der Lippe herum.
Langsam begann sie zu rekapitulieren. "Du willst mir also erzählen, dass dein bester Freund dir seine Liebe gestanden hat, dich geküsst hat und du NICHTS darauf geantwortet hast? Hast du ihn denn wenigstens zurückgeküsst?"
Ich dachte kurz nach.
"Weiß ich nicht."
Nach gestern war ich heute morgen immer noch nicht ganz klar im Kopf. Ich wusste selbst nicht genau, was eigentlich passiert war, was auch Liv sofort aufgefallen war. Weshalb ich mich nur zehn Minuten später mit einer Tasse Kaffee in einer Art Verhör befand.
Meine Schwester war immer noch still.
Irgendwie half es nicht wirklich, mich mit ihr zu unterhalten.
Eigentlich dachte ich, dass ich vielleicht ein bisschen mehr Hilfe oder Rat bekommen würde. Denn ich hatte absolut keine Idee, was mit mir los war. Ich konnte nicht mal drüber nachdenken. Mein Gehirn war dazu nicht in der Lage.
"Amy, bist du eigentlich komplett bescheuert?" Liv holte tief Luft. "Ich muss mich hinsetzen."
Ich konnte hören, wie sie sich in einen Sessel fallen ließ.
"Aber irgendeine Reaktion musst du doch gehab thaben. Irgendwas?"
Langsam setzte ich mich auf das Sofa.
"Ich habe ihn irgendwann gebeten, mir ein wenig Zeit zum Nachdenken zu geben."
Liv stöhnte auf.
"Amy! Ihr beide seid doch schon seit Jahren in einander verliebt und jetzt hast du hier endlich die Gelegenheit, ihm auch deine Gefühle zu gestehen und alles was du machst, ist um Zeit zu bitten? Du hast doch echt den Verstand verloren."
Ich kaute auf meiner Lippe herum.
"Es kam einfach so plötzlich und ich weiß einfach, dass ich noch nicht bereit für eine Beziehung bin."
Eigentlich stimmte es schon, aber ich wusste, tief in mir drin, dass es noch einen anderen Grund gab.
"Ist es wegen Eric?"
Ich zuckte zusammen und versuchte es dann zu überspielen.
"Ja, ich habe mich doch erst von ihm getrennt und..."
"Amy, jetzt verarsch mich nicht. Du hast dich vor drei Monaten von Eric getrennt, was weiß ich, wahrscheinlich ist er schon wieder in Amerika und du weißt doch selbst, dass das zwischen dir und ihm nicht wirklich ernsthaft war."
Meine Hände begannen ein wenig zu zittern.
Jetzt oder nie.
"Das ist nicht der Grund."
Ich überlegte einen Moment, wie ich folgendes am besten in Worte packen konnte.
"Eric, er..."
Tränen stiegen mir in die Augen und ich schlug mich innerlich, dass ich immer noch nicht neutral damit umgehen konnte.
"Amy? Was ist los?"
Liv klang besorgt. Ich konnte es ihr nicht übelnehmen, ich war heute komplett durch den Wind.
Mit leiser Stimme erzählte ich ihr, was in der Nacht von meinem Geburtstag passiert ist.
Ich war schon ein wenig stolz auf mich, dass ich nicht wieder zu weinen angefangen hatte, das war immer hin schonmal ein Fortschritt.
Liv schwieg.
Und ich konnte spüren, wie sie einfach nur sprachlos da saß.
"Ich reiß' diesem Typ die Eingeweide raus, wenn er es wagt, mir nochmal unter die Augen zu treten."

Night changes everything (Deutsch) *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt