Kurz nach Mitternacht spazierten wir durch die Tür der British Library, einer der größten Bibliotheken der ganzen Welt. Da die Muggelsicherheitssysteme nicht sehr ausgeprägt waren, wurde dies ein Kinderspiel.
Wir durchkämmten jedes Stockwerk, jede Abteilung, jeden Gang, jedes Regal, beinahe jedes Buch.
"Von wem ist jetzt eigentlich dieser Brief?", fragte Alexander nach einiger Zeit. Erst jetzt fiel mir der Umschlag wieder ein. Ich ließ von dem Regal ab und zog ihn aus meinem Umhang. Nachdem ich mich auf den kalten Boden gesetzt hatte, begann ich vorsichtig den Brief zu öffnen.Ich muss dich sehen. 24. November, hinterlass mir eine Nachricht.
D."Er ist von deinem Freund... Draco, richtig?" Ich nickte. Ich wusste nicht recht, ob ich ihn vermisste oder ob ich im Moment ganz froh war, ihn nicht jeden Tag sehen zu müssen. "Ich habe ihn nur ein paar Mal bei einigen unwichtigeren Treffen gesehen. Erzähl mir mehr über euch." Es schien ihm schwer zu fallen, diese Worte über die Lippen zu bringen. Ich konnte mir perfekt vorstellen, dass er sich wie Blaise aufführen würde, immerhin hatte Blaise sonst immer die Rolle des großen Bruders übernommen.
Nach einigem Hin und Her erzählte ich ihm also die ganze Geschichte, vom Anfang bis zum Ende.
"Merlin, ist das alles kompliziert!" "Das kannst du laut sagen. Manchmal weiß ich echt nicht weiter." "Du machst dir Vorwürfe oder? Du fragst dich, ob er den Ansprüchen unserer Eltern Genüge getan hätte." Ich nickte schwach, mein Körper fühlte sich leer an, ausgelaugt von den Ereignissen der letzten Wochen. "Du solltest nicht darüber nachdenken. Wenn du ihn liebst, ist das unwichtig." "Trotzdem, was tue ich, wenn die Öffentlichkeit davon erfährt? Eine Aurorin mit einem Todesser, das wäre das Ende meiner Karriere!", aufgebracht stand ich auf und zog wahllos ein Buch aus einem der etlichen Regale. "Ja und? Sind die Liebe und dein Wohlbefinden nicht wichtiger?" "Nicht zwingend..." "Merlin, du bist genau wie unsere Eltern." "Du kanntest sie gar nicht, du Witzbold." "Ja und? So wie du über sie redest, hättest du genau so auch über dich selbst reden können." "Bin ich wirklich so schlimm?" "Nein, natürlich nicht", er zog mich in eine lange Umarmung, "Du hast nur leicht verquerte Weltansichten."Um kurz nach fünf waren wir mit dem Durchsuchen der Bibliothek durch und machten uns aus dem Staub. Auf dem Weg nach Bulgarien schauten wir kurz auf dem Landsitz vorbei. Noch immer war er von Todessern umringt, für jeden sichtbar wohlgemerkt. "Die scheinen sich ihrer Sache ziemlich sicher zu sein, wenn die sich so offensichtlich hier postieren", flüsterte Alex. "Das Selbe habe ich mir eben auch gedacht", stimmte ich ihm zu und vernahm plötzlich ein lautes Knacken hinter mir. Als ich herumfuhr, sah ich, dass Alexander auf einen dickeren Ast getreten war. "Los jetzt!", ich packte ihn am Arm, zog ihn zu mir und disapparierte.
Nachdem ich Alexander darüber belehrt hatte, dass er ein ziemlich großer Idiot war, machten wir uns auf die Suche nach einer der größten Zaubererbibliotheken der Geschichte. Sie soll verborgen in den Wäldern Bulgariens liegen, ich selbst war noch nie dort. Alexander, der sein Studium in Durmstrang absolviert hatte, wusste von den Katakomben im Herzen des Landes.
"Eigentlich kann es nicht mehr weit sein." "Das hast du schon vor ungefähr drei Stunden gesagt", ich verdrehte genervt die Augen, langsam ging unser Vorrat an Vielsafttrank zu Neige. "Da vorne, siehst du den Baum da?" "Hier stehen um die fünf Millionen Bäume..." Jetzt verdrehte mein Bruder die Augen, "Der Markante da drüben." Er deutete auf eine extremst schief stehende Kiefer etwa 200 Meter entfernt. Na endlich, meine Füße waren kurz davor zu kapitulieren.
"Also, wir suchen nach Büchern über ihn und unsere Familie", erklärte ich Alex noch einmal den Plan, "Hier wird er das Erbe wohl kaum untergebracht haben." "Warum eigentlich nicht?" "Keine Ahnung, Intuition", ich zuckte mit den Achseln. "Du musst es ja wissen." Wir machten uns also auf die Suche, die unterirdische Bibliothek war beinahe wie ausgestorben. Lediglich die zwei Wachen vor jeder Abteilung und die Bibliothekarin leisteten uns Gesellschaft.
"Abigail, ich hab was!", zwei Regalreihen weiter tauchte Alexanders Kopf auf, "Hier sind um die zwanzig Biographien über ihn." Hastig stellte ich ein paar Bücher zurück an ihren Platz und stolperte über einige weitere auf meinen Bruder zu. "Welche ist die Vielversprechenste?" "Naja, die hier schon mal nicht, die ist von Rita." "Rita hat eine Biographie über ihn geschrieben?", ich riss ihm das dunkelviolette Buch beinahe aus den Händen, "Okay über wen hat sie noch keine Biographie geschrieben?" "Die hier sehen besser aus", er hielt mir drei weitere in Leder gebundene Bücher hin und richtete seine Aufmerksamkeit dann auf eine Person auf der anderen Seite der Abteilung. "Kennste den?", fragte er und seine Hand wanderte an seinen Hosenbund. "Ne, aber der steht da schon länger." "Runter!" Grelle Lichtblitze zuckten zwischen den Regalen hin und her, Alexander hatte sich schützend vor mich gestellt und den Großteil des Fluchs abbekommen. Ich feuerte einige Flüche in die Richtung aus der der Angreifer gekommen war, jetzt waren es drei. Einer ging zu Boden, der Zweite machte sich humpelnd mit dem Dritten aus dem Staub.
Neben Alexander ließ ich mich auf die Knie fallen, "Alex, mach die Augen auf!" Ich rüttelte an seinen Schultern, in der Hoffnung ihn wach zu bekommen. "Alex, mach keinen Scheiß!" Ich fing an, auf ihn einzuschlagen, immer heftiger hämmerte ich gegen seine Rippen. Was zur Hölle war das für ein Fluch gewesen? "Alex, wach auf... bitte!" Langsam aber sicher verließ mich der Mut und eine tiefe Verzweiflung überkam mich. Ich hatte ihn grade erst wieder, ich wollte ihn nicht verlieren, nicht ihn auch noch... grade nicht ihn.
"Verdammt, Abigail hör auf damit", wisperte eine leise Stimme. Meine von Tränen verschleierten Augen nahmen nichts mehr war. "Es wäre nicht nötig gewesen, meinen Brustkorb zu zertrümmern."Unsere Tarnung war hinüber, der Vielsafttrank war leer. Aus allen erdenklichen Richtungen kamen die Abteilungswachen auf uns zugelaufen. Eilig half ich meinem wankenden Bruder, auf den Beinen zu bleiben und richtete meinen Zauberstab auf die Wachen. "Sorry, Leute."
"Jetzt lass mich doch mal meine Arbeit machen", kicherte ich und schlug Alex' Hand weg. Nach unserer nicht grade rumreichen, dafür aber äußerst filmreifen Flucht, hatten wir unser Lager nahe der walisischen Küste aufgeschlagen und ich war gerade dabei, Alexanders Verletzungen zu heilen, während er immer wieder anfing, mich zu kitzeln. "Wie alt bist du eigentlich? Fünf?"
Leicht genervt konzentrierte ich mich wieder auf den ellenlangen Cut auf seinem Oberkörper. Auf einmal legte er seine Hand an meine Wange und sah mir tief in die Augen. Eine peinliche Atmosphäre entstand, ehe ich seine Hand wieder wegstieß, "Jetzt lass mich doch endlich mal machen oder kannst du das zufälliger Weise selber?" Er schien aus einer Art Starre wieder aufzutauen, "Nein, natürlich nicht." "Ist was?" "Nein, ich habe nur darüber nachgedacht, was ich wohl getan hätte, wenn dich der Fluch erwischt hätte." "Hat er aber nicht, dank dir. Wehe, du tust so etwas hirnverbranntes nochmal", ich hob drohend meinen Zeigefinger. "Du weißt, dass ich es immer wieder tun würde. Das ist das mindeste, was ich beitragen kann." Ich lächelte und fuhr mit meiner Arbeit fort."Ich übernehme die erste Nachtwache. Ruh dich aus!" Ich verließ das Zelt und setzte mich auf einen großen Stein etwas abseits.
Würde er wirklich für mich sterben, wenn es darauf ankam? Es war immer vorteilhaft ein solches Backup zu haben, es klang vielleicht herzlos, aber würde ich ihn für mich sterben lassen können? Ich denke ja. Vielleicht war ich egoistisch, aber in meinen Augen war ich für die große Sache wichtiger, als er es jemals sein würde.
Selbstverständlich würde ich mit allen erdenklichen Mitteln versuchen, dieses Szenario zu verhindern, aber im äußersten Notfall würde ich wohl damit leben können.
New Chapter, Peeps
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Die Aurorentochter ~ Draco Malfoy FF
FanfictionIhr Leben scheint schon längst vorausgeplant, doch dann kommt doch alles irgendwie anders. Eine Fanfiction zwischen Hass und Liebe Leidenschaft und Ignoranz Erfüllung und Enttäuschung Triumph und Niederlage ... Das Leben von Abigail Livingston und...