Bis zum Abend war Lilly nicht wieder aufgetaucht und langsam begann ich, mir ernsthafte Sorgen um meine Hauselfe zu machen. Lilly genoss alle Freiheiten dieser Welt und konnte ihren Aufenthaltsort frei bestimmen, jedoch entsprach es so gar nicht ihrer Art, einfach so zu verschwinden. Eigentlich war es auch gar nicht meine Art, andere Leute zu versetzten. Es war mir furchtbar schwer gefallen, Draco einen Tag nach Ferienbeginn einfach so sitzen zu lassen. Aber nach dem Angriff am King's Cross, der übrigens tatsächlich mir galt, war mir das Risiko einfach zu groß.
Ich wischte meine sehnsüchtigen Gedanken fort und ließ mich mit meinen vier Familienbüchern im Wohnzimmer auf dem weichen Teppichboden nieder. Mal sehen, warum man mir diese Bücher so unbedingt stehlen musste.
Das Buch von Dumbledore ließ ich vorerst außer Acht und konzentrierte mich auf die drei Bücher, die ich meinen Großeltern abgenommen hatte. Alle drei enthielten handgeschriebene Aufzeichnung über meine gesamte Familie, beinahe wie ein Tagebuch - war das eine voll, so nahm man das nächste.
Buch Eins enthielt Informationen von vor über 500 Jahren. Es würde ewig dauern, ehe ich diese schwierige Schrift komplett entziffert hatte. Um meine durstige Neugier zu stillen, legte ich dieses Buch zur Seite und begann das zweite zu lesen. Beim überfliegenden Durchblättern fiel auf, dass die letzten ca. fünfzig Seiten nicht beschrieben waren, dies war beim Ersten nicht der Fall gewesen.
Eine Stunde später glaubte ich, den Grund für die leeren Seiten gefunden zu haben. Denn auf den letzten beschriebenen Seiten ging es um einen mächtigen, schwarzmagischen Zauberer aus unserer Familie - Ravan Livingston. Dieser Name stand auch in Dumbledores Buch bereits. Augenscheinlich waren hier all seine Verbrechen aufgezeichnet, das sah für mich nach einer Art Voldemort auf Drogen aus. Er tötete wahllos hunderte Kreaturen, Menschen wie Tierwesen, und wütete im Ministerium, er hasste Muggel und Schlammblüter, das halbe Ministerium war im schon als Kind ein Dorn im Auge. Schon damals besaß er ein überaus großes Gewaltpotential und fiel während seiner Zeit in Slytherin mehrmals negativ auf.
Und das sollte sich jetzt auf mich übertragen haben? Interessante Theorie.Desweiteren wurde das Vermächtnis dieses bösartigen Zauberers genauer beschrieben. Er soll wohl dazu fähig gewesen sein, ohne einen Zauberstab Magie auszuführen und war überaus mächtig. Diese und weitere Fähigkeiten sollten zusammen mit geheimen Schriften vererbt werden. Das Problem an der Sache, keiner hatte je herausgefunden wo und wie Ravan das alles versteckt und gesichert hatte. Wahrscheinlich würde nur der rechtmäßige Erbe das Vermächtnis finden und für sich beanspruchen können.
In einem Punkt war man sich überaus einig, man musste verhindern, dass es überhaupt einen Erben gab. Bei diesem doch recht aussichtslosen Unterfangen durfte jedoch die reine Blutlinie der ehrbaren Familie unter gar keinen Umständen aussterben.Das, meine Süßen, war aber noch nicht alles. Ich schlug das letzte Buch auf und belas mich über die letzten 150 Jahre meiner Familiengeschichte. Von den schulischen Karrieren etlicher Vorfahren, bis hin zu meinen Eltern. Detailreiche Beschreibungen ihrer Kindheit, Schullaufbahn, Ausbildung, Aurorenkarriere, Hochzeit, Geburten ihrer Kinder. Richtig gehört, es gab zwei Kinder!
Es gab mich und meinen wohl drei Jahre älteren Bruder Alexander. Er war, dem dritten Buch nach, etwa vier Monate nach seiner Geburt entführt worden. Man hatte mit allen Mitteln versucht, ihn ausfindig zu machen, mit eher niederschmetterndem Erfolg.Wahrscheinlich war er einfach als potenzieller Erbe angesehen und ermordet worden. Bei meiner Familie wunderte mich gar nichts mehr. Theoretisch gesehen, müsste ich dann doch auch tot sein...
Nach einigem Grübeln und Überlegen holte mich ein Poltern ins Hier und Jetzt zurück. Ich schreckte auf, konnte es jemand bis in die Eingangshalle geschafft haben? Ruckartig sprang ich auf, zog meinen Zauberstab und rannte zur großen Treppe. Auf dem Boden der Halle lagen die Scherben einiger Vasen, die zuvor auf einer Komode zu meiner Linken gestanden hatten. "Verdammt!" Mit einem Satz stand ich in der Halle und hob das zusammengebrochene Bündel vom Boden auf. Es waren die Überreste meiner Hauselfe. Ihr Herz hatte aufgehört zu schlagen, aber ihre Augen waren weit aufgerissen.
Vorsichtig schloss ich ihre Augenlider und kauerte mich mit ihr auf die unterste Treppenstufe. Wer hatte sie so zugerichtet? Wo war sie die ganze Zeit über? Und wie hatte sie es in ihrem Zustand noch bis hierher geschafft? Wer auch immer das getan hatte, ich würde ihn zur Strecke bringen! Niemand vergriff sich an meiner unschuldigen Hauselfe. Sie war nicht nur eine Bedienstete, sondern eine Freundin, eine Schwester. Sie war immer da, wenn ich alleine war oder es mir schlecht ging. Und ich würde nicht ruhen, ehe sie nicht gerächt war!
Am nächsten Morgen wollte ich das arme Wesen, welches einen überaus qualvollen Tod gestorben sein musste, auf unserem Anwesen begraben und ihr die letzte Ehre erweisen. Behutsam nahm ich sie aus ihrem kleinen Bettchen und trug sie raus in den hinteren Teil des Gartens. Ironischer Weise war es der sonnigste und wärmste Tag seit langem. Ungeschickt wie ich war, geriet sie, als ich meinen Zauberstab zog, kurz ins Wanken und ein Zettel fiel aus der Tasche ihres Gewands. Langsam bückte ich mich um diesen aufzuheben und in meine Hosentasche zu schieben, ich würde mich später damit befassen.
Mit einer fließenden Handbewegung beschwor ich einen wunderschönen, mit Schnörkeln verzierten Sarg aus Mahagoni herauf. Dieser wäre wohl ihrer angemessen gewesen. Selber hätte sie nie solche Wünsche geäußert, aber ich wusste, er hätte ihr gefallen. Das Loch war schnell ausgehoben und ich ließ leise traurige Musik im Hintergrund ertönen, um diesem Moment die richtige Emotion zu verleihen.
Das Grab schmückte nun ein zierlicher, aber wunderschöner Grabstein in Form eines Sterns, Lilly hatte die Sterne geliebt, ein Kranz mit bunten Tulpen (ihren Lieblingsblumen) und einige nie erlischende Kerzen. Noch eine ganze Weile saß ich stumm da und schaute abwechselnd von ihrem Grab in den Himmel. Irgendwann fiel mir der Zettel wieder ein, vielleicht enthielt er einen Hinweis oder etwas in der Art.Hallo kleine Abi! Oder sollte ich eher sagen Ihre hochverehrte Gräfin Abigail Elisabeth Luciana von Livingston?
Es ist gar nicht solange her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben und doch muss ich dich bitten, mich noch einmal zu besuchen. Nun ist bald die Zeit gekommen, in der ich von den Lebenden scheiden werde und ich habe noch diesen einen letzten Wunsch. Sollte dieser Brief bei dir ankommen, was ich zu bezweifeln wage, besuche mich noch ein letztes Mal. Es wäre mir eine große Ehre, dich noch einmal sehen zu dürfen.
In Liebe, Mrs DrewsDort war Lilly also gewesen. Doch warum hatte Mrs Drews angezweifelt, dass der Brief ankommt? Lilly war sehr zuverlässig und verstand sich gut mit ihr. Sehr merkwürdig.
Ohne eine Sekunde zu zögern, disapparierte ich in ihren kleinen Garten. Das Haus lag still und verlassen in der Mittagssonne, ein wenig zu ruhig für meinen Geschmack. Mit gezogenem Zauberstab umrundete ich das kleine Häuschen und klopfte an die Tür - niemand öffnete. Ein weiteres Mal klopfte ich an die Tür - niemand öffnete. Als auch nach einem dritten energischen Klopfen niemand öffnete, entriegelte ich die Tür.
Einige Katzen sprangen unter lautem Miau von ihren Plätzen und beäugten mich misstrauisch. Ich durchsuchte jeden Raum, bis ich im Wohnzimmer landete. Von der Seite sah es aus, als würde die gealterte Dame friedlich in ihrem Sessel schlafen, doch bei genauerem Hinsehen erkannte man, sie war tot - ermordet. Ein sauberer Schnitt in der Kehle, das Werk von Bellatrix.Als ich mich frontal vor Mrs Drews stellte, begann das Medaillon, welches sie um den Hals trug, zu leuchten. Ich hatte mir schon fast gedacht, dass die Gute einen Plan B gehabt hatte. Vorsichtig öffnete ich den goldenen Anhänger und fand tatsächlich eine kleine Notiz. Suche das Buch. Na toll, geht's vielleicht etwas konkreter? Es gab mindestens ein paar Milliarden Bücher auf diesem Planeten, wie sollte ich denn bitteschön DAS EINE finden?
Hätte ich damals gewusst, dass die Lösung direkt vor meiner Nase war, wäre vielleicht einiges leichter gewesen.
Soo ein neues Kapitel von mir. Ich hoffe das bisschen Drama hat euch gefallen, bis zum nächsten Mal :*
Genius
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Die Aurorentochter ~ Draco Malfoy FF
FanficIhr Leben scheint schon längst vorausgeplant, doch dann kommt doch alles irgendwie anders. Eine Fanfiction zwischen Hass und Liebe Leidenschaft und Ignoranz Erfüllung und Enttäuschung Triumph und Niederlage ... Das Leben von Abigail Livingston und...