Kapitel 16

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"Die ist nicht im Schlafsaal", stellte Pia fest, "Hier im Gemeinschaftsraum auch nicht." "Die ist bei Draco!", feixte Blaise hinter mir. Meine Fingernägel bohrten sich in meine Handflächen und ich musste mich bemühen ihm nicht gleich eine zu klatschen. Ich wusste ganz genau, dass er nur so darauf brannte, mich eifersüchtig zu machen. Langsam drehte ich mich um und funkelte ihn böse an, "Ist mir egal, wir wollten sie eh loswerden. Kommt Mädels!" Ausnahmsweise verkniffen meine besten Freundinnen mal einen Kommentar und folgten mir mit Daphne in unseren Schlafsaal. Insgeheim wurmte es mich schon ein bisschen, dass Draco etwas mit Pansy unternahm, wo er sie doch eigentlich gar nicht leiden konnte. 

"Na dann, auf unsere Freundschaft!", riefen wir lachend und stießen an. Eilig kippte ich mir den Feuerwhiskey in den Kopf und legte diesen in den Nacken. Die Anderen lallten alle nur noch und langsam vernebelte sich auch mein Unterbewusstsein. 

Auch am nächsten Tag unternahm Draco etwas mit Pansy und speiste mich immer wieder mit schlechten Ausreden ab, wenn ich ihn um ein Gespräch unter vier Augen bat. 

So ging das Tag für Tag, Woche für Woche. 

Neutraler Erzähler

Mittlerweile war es November geworden und eine leichte Schneeschicht bedeckte die Ländereien rund um Hogwarts. Es war ungewöhnlich mild für diese Jahreszeit und es herrschten beste Bedingungen für das herannahende Quidditchmatch gegen Gryffindor. Die ganze Mannschaft arbeitete auf Hochtouren, alle wollten den Pokal, alle wollten Gryffindor schlagen. Nur Draco schien nicht bei der Sache zu sein. Einerseits konnte Abigail ihn verstehen, andererseits, so dachte sie, musste auch er sich einmal zusammenreißen und für das Team kämpfen. 

"Läuft wohl nicht mehr so zwischen euch beiden, was?", Blaise grinste und setzte sich zu Abigail. Sie beachtete ihn nicht und beugte sich noch ein wenig tiefer über ihren Aufsatz für Alte Runen. Sie war es Leid sich immer wieder diesen Spruch von ihrem besten Freund anhören zu müssen. Eigentlich war er es, der sie trösten sollte, aber nein er hackte darauf herum, wie ein Schwarm Krähen auf einem Stück Fleisch. "Ich weiß, dass du mich gehört hast, Abi", zischte Blaise ihr ins Ohr. Er wusste, dass es falsch war, sie damit zu ärgern, aber er freute sich ungemein, dass aus dem vermeintlichen Traumpaar nichts geworden war. "Natürlich habe ich dich gehört, Blaise", fauchte Abigail und sah auf, "Aber ich wollte dich nicht hören! Seid drei Wochen redest du nur noch von ihm und mir. Langsam nervt's, geh dein Blondie vollquatschen." "Wou wou wou mach mal halblang! Erstens sind es erst zweieinhalb Wochen und außerdem, was geht dich mein Blondie an?" "Du liebst 'dein Blondie' also?" "Was dagegen?" "Ich sicher nicht, ich wäre froh, würdest du eine andere Beschäftigung finden, als mich zuzutexten, aber andere sicherlich." Diese Streitgespräche waren immer öfter geworden und sowieso war dieses Schuljahr vollkommen anders. Viele hatten Angst, verständlicher Weise. Myra, Pia und Daphne waren nicht so wie sonst, sie waren allesamt ruhiger geworden. Und Blaise... ja das war so eine Sache, er war zwar immer noch in Abigail verliebt, musste aber immer wieder bemerken, dass sie an Draco hing, auch wenn die Beziehung im Moment überhaupt nicht so lief, wie sie es sich gewünscht hatte. "Wie andere?" In diesem Moment bereute Abigail, was sie gesagt hatte. Myra hatte ihr und Pia tausend Mal eingeschärft, dass sie es niemals in auch nur einem Wort erwähnen sollten, und schon gar nicht Blaise gegenüber. "Ich meine ja nur, dass es bestimmt viele Mädchen gibt, die ernsthaft in dich verliebt sein könnten." Sie hatte es satt, solche Gespräche mit ihm zu führen, klappte also ihr Buch zu und verließ die Bibliothek. 

Vor dem Training heute Abend hatte Abigail noch eine Stunde Zeit. Bis dahin wollte sie lernen, beziehungsweise endlich diesen Aufsatz zu Ende bringen, an dem sie schon vier Tage gesessen hatte. 

Abigails PoV

Auf dem Weg in den Westturm gleich neben der Eulerei drangen seltsame Geräusche aus einer der Jungstoiletten. Heult da wer?  Wer sollte... Draco! Entschlossen stieß ich die Tür auf und vergaß den wichtigen Aufsatz. "Draco?""Musst du uns auch stören?", die Maulende Mürte stieg aus einem Klo hervor und glitt wehklagend über mich hinweg. "Was tust du hier?", er hatte sich anscheinend schon wieder gefasst. "Das Selbe könnte ich dich fragen." "Nein, im Ernst was tust du hier?" "Draco, ich...", meine Stimme brach ab, ich musste an die letzten Wochen, ja sogar Monate denken, in denen er sich immer mehr von mir abgegrenzt hatte. Manchmal schob er es auf die Geheimhaltung unserer Beziehung, manchmal hatte er angeblich einfach keine Zeit. Auffordernd und leicht genervt schaute er mich an. Nur zu gerne würde ich wissen, was er trieb, wenn er nachts allein durch die Gänge streifte. Ab und zu konnte man ihn bei nächtlichen Spaziergängen beobachten, gefolgt war ich ihm aber nie. Wieso eigentlich nicht? Ich weiß es nicht. "Draco, ich sehe doch, wie es dich runterzieht. Ich weiß, dass du nicht schläfst und nachts durchs Schloss wanderst. Du isst nicht und kannst kaum noch grade gehen. Ich mache mir Sorgen um dich!" Meine Stimme klang verzweifelt und zutiefst verletzt zugleich. "Du machst dir keine Sorgen um mich, Abigail!", schnaubte der aufgebrachte Blondschopf verächtlich. "Oh doch, das tue ich. Ich sehe, wie du daran zerbrichst!" "Daran zerbrechen", verachtend drehte er sich von mir weg. "Wieso lässt du mich dir nicht helfen?", in meiner Stimme lag immer noch Verzweiflung, aber auch Wut war zu erkennen. Mit einem Satz stand er ganz nah vor mich und funkelte mich bedrohlich an, "Abigail, versteh es endlich! Er hat mich ausgewählt. Unter all den anderen hat er mich, MICH auserkoren! Ich brauche dich nicht!" "Draco...", weiter kam ich nicht. "Nichts Draco! Geh Abigail! Das mit uns kann nicht weitergehen, du störst mich!" Sekundenlang standen wir einfach nur da. Das konnte nicht sein Ernst sein! Hallo Abigail? Irgendeine schlagfertige Antwort vielleicht? "Jetzt hör mir mal ganz genau zu!", meine Geduld war am Ende und aus Verzweiflung und Liebe wurde Wut, "Er hat dich nicht auserwählt, weil er denkt, dass du der Beste bist. Er hat lediglich dich genommen, weil du erstens der einzige verdammte Todesser in Hogwarts bist und dein Verlust ihm nicht sonderlich schmerzen würde und weil er Rache an deinem Vater will. Lucius hat mit Voldemorts Seele gespielt und ihn mehrmals enttäuscht. Nur deshalb ist seine Wahl auf dich gefallen. Mach endlich die augen auf, Draco!" Ohne einen weiteren Blick, in dem förmlich geschrieben stand, "Lass mich dir helfen!",, verschwand ich. Weg von den Toiletten, weg von der Maulenden Myrte, weg von Draco, weg von all dem Schmerz. Blind vor Tränen rannte ich durch die Korridore und rempelte irgendwen an. Ich achtete nicht weiter auf ihn oder sie. "Wohin des Wegs, Livingston?" Wie vom Donner gerührt blieb ich stehen und drehte mich um. Scheinbar hatte ich soeben John Dawlish umgerannt. Eigentlich verstand ich mich mit allen Auroren einigermaßen gut, nur Dawlish schien ich ein Dorn im Auge zu sein. "Was geht dich das an, Dawlish?", fragte ich scharf. "Na na, nicht so vorlaut. Vergiss nicht, mit wem du hier sprichst!" "Mit einem eifersüchtigen Ministeriumsarschkriecher, der zum Scheitern verurteil ist, jedes Mal aufs Neue." "Du kleine unverschämte Göre!" In diesem Moment versuchte er in meinen Geist einzudringen, doch hielt ihm stand. "Alastor hat dir also Okklumentik beigebracht. Er war ein guter Lehrer, nicht wahr?" "Oh ja, das war er. Allerdings habe ich jetzt keine Zeit für deine Mätzchen, ich muss lernen." Ich setzte meinen Weg fort und wusste, dass ich den Aufsatz jetzt vergessen konnte, denn ich fühlte mich so, als wäre ich gerade von zwei Klatschern gleichzeitig vom Besen geschlagen worden.

Die Aurorentochter ~ Draco Malfoy FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt