Kapitel 3

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Nabu

Mein erster Tag auf der neuen Schule hatte wirklich gut angefangen. Francis war sauer und es war fraglich ob er jemals wieder ein Wort mit mir wechseln würde und die Leute meiner Klasse schienen mich jetzt schon zu meiden, aufgrund der Tatsache, dass Francis wütend auf mich war.

Und zu allem Überfluss wuchs mir jetzt – langsam aber äußerst stetig – auch noch mein Horn aus der Stirn! Ich glaub ich werd' nicht mehr! Andere Jungs in meinem Alter hatten Probleme in den Lendenregionen und ich musste Hörner davon abhalten sichtbar zu werden.

Hastig drehte ich mich zu meinen neuen Klassenkameraden, von denen ich in diesem Moment keinen beim Namen nennen konnte und meinte lediglich: „Hey, man sieht sich morgen dann. Mir ist gerade eingefallen, dass der Herd noch an sein könnte."

Ich spürte die verwundeten Blicke auf meinem Rücken, während ich davoneilte, aber wagte es nicht noch einmal zurückzusehen. Die Jungs und Mädels die mit mir aus der Schule gelaufen waren, riefen mir noch hinterher, dass sie sich darauf freuen würden mich morgen wieder zu sehen.

Das war der Nachteil wenn man seine Verwandlung nicht sonderlich gut kontrollieren konnte. Wenn mir eine Sicherung durchbrannte, dann konnte es schon einmal passieren, dass ich mich nicht nur teilweise verwandelte sondern komplett.

Während ich die Schülermassen die vor mir den Weg entlang liefen umrundete, überlegte ich schon wie es draußen an der Straße weitergehen sollte und sprintete die letzten Meter zum Tor, darauf bedacht nur noch schleunigst von hier zu verschwinden.

Gleichzeitig regte ich mich darüber auf, dass mir wegen so einem Vollidioten wie Francis jetzt mein Horn aus der Stirn wuchs, was darin endete, dass es mit noch mehr Geschwindigkeit bildete.

Vor dem Schulgelände auf der Straße angekommen, sah ich nach links und rechts, konnte aber nur rechts in einigen hundert Metern Entfernung einen Busch ausmachen, weswegen ich beschloss so schnell wie möglich in die andere Richtung zu laufen und somit meinem Wald näher zu kommen.

Vereinzelt befanden sich auch schon Schüler auf dem Gehsteig und starrten mir verwundert hinterher. Man sah auch nicht jeden Tag einen Kerl mit schulterlangen, weißen Haaren und zwei Händen auf der Stirn in eine Richtung davoneilen.

Bald schon sah ich auf dem Weg vor mir die Abzweigung die mich durch den Wald zu meinem Wald brachte, sie war klein und unscheinbar, ein alter Forstweg der neben dem Gehsteig begann, welcher an dieser Stelle wiederum etwas gesenkt war.

Über die letzten Jahre war er wahrscheinlich nicht mehr gepflegt worden, denn die Natur hatte sich wieder ein Stück von dem was einmal ihr gehört hatte zurückgeholt, sodass der Weg inzwischen nur noch schwach zu erkennen war.

Bevor ich auf den alten Forstweg einbog, sah ich mich einmal um, um zu sehen, ob irgendjemand in der Nähe war und somit sehen würde wohin ich ging, als ich jedoch niemanden in unmittelbarer Nähe sehen konnte, sprintete ich die wenigen Meter bis zum Waldanfang.

Kaum hatte ich die ersten Baumreihen hinter mir gelassen, ließ ich meine menschliche Hülle fallen und vollzog innerhalb von ein paar Millisekunden die Verwandlung zu dem was allgemein unter dem Namen Einhorn bekannt war.

Für genauso viel Zeit wie mein Gestaltwandel angedauert hatte, verspürte ich einen stechenden Schmerz der mich von Kopf bis Fuß durchzuckte, aber inzwischen war ich es schon so sehr gewohnt, dass es sie nur so anfühlte, als ob ich mir einen Nerv für eine Millisekunde eingeklemmt hätte.

Nur einen Augenblick später trabte ich in meiner massigen aber dennoch zierlichen Gestalt den Forstweg weiter entlang, bis ich zu jenem Baum kam, den ich vor ein paar Wochen markiert hatte, indem ich einen Schal aus der Altkleidersammlung in die oberen Äste gebunden hatte.

✒ Ein Horn zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt