Kapitel 9

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Francis

Es war noch früh am Abend als ich vor meinem Vater kniete. Gerade weil es noch so früh war, waren der Leiter des Hauptquartiers, genannt Long, die Beraterin namens Fenghuang und unser Kontenführer Orochi noch mit anderen Dingen beschäftigt und aus diesem Grund übernahm mein Vater es auch selber mir den Auftrag zu erteilen. Als Kumicho hatte er auch mehr als nur das Recht dazu.

Die Untergebenen, die bereits hier waren, unter ihnen auch einige die ich näher kannte, knieten in zwei Halbkreisen um mich herum, wobei sie die Plätze die die Wege zur Tür und den zu meinem Vater blockieren würden, unbesetzt ließen, damit er, mein Vater, der ehrenwerte Pangu, mich und ich ihn vollkommen im Blick haben konnte.

Mir wurde heute als erster mein Auftrag erteilt. Es gab auch Tage, da wurde ich zwar von meinem Vater gerufen, aber musste anschließend in einem der beiden Halbkreise Platz nehmen, bis ich an der Reihe war.

Mein Vater räusperte sich und begann: „Nun denn...", er legte eine bedeutende Pause ein, in der er mir in die Augen sah, dann lehnte er sich auf seinem Sessel zurück und fuhr fort: „Inari, dein Auftrag wird sein, von unserem Händler den Pfau abzuholen.", dabei machte er mit der Hand eine Geste, die so viel bedeutete wie ‚Das ist ohnehin nicht schwer'.

War es auch wirklich nicht.

Schon wieder? Das hatte ich letzte Woche bereits fünf Mal getan!, dachte ich missmutig und genervt, antwortete meinem Vater jedoch so, wie es ein jedes andere Mitglied auch tun würde: „Jawohl, ehrenwerter Pangu, wie Ihr befohlen, so soll ich es erledigen.", dabei senkte ich den Blick und neigte meinen Kopf ein wenig um eine Verneigung anzudeuten.

Ich durfte meinen Vater nur innerhalb unseres Zuhauses so ansprechen wie ein normaler Sohn es tun würde. Sobald ich außerhalb war und vor allem im Lagerhaus, durfte ich ihn nur noch mit seinem Yakuza-Decknamen ansprechen.

Außerdem, als Teil meiner Ausbildung, behandelte er mich wie jedes andere Mitglied auch. Keine Sonderstellung, keine Sonderrechte. Er hatte mir früh klargemacht, dass ich damit ein guter Nachfolger werden würde und nicht wie ein verwöhnter Bengel meinen Untergebenen Aufträge geben würde, die keinen Wert und vor allem auch keinen Sinn hatten.

Mit einem kurzen ‚Geh los' entließ mich mein Vater, damit ich meiner Aufgabe nachgehen konnte und ich stand auf, wandte mich um und lief auf den Ausgang zu, welcher sich am anderen Ende der Halle befand.

Unterwegs traf ich erneut auf Kage, der meine Frage von zuvor beantwortete, ohne dass er darauf wartete, dass ich ihn noch einmal darauf ansprechen würde: „Etwas hat sich verändert, es gibt jemanden, doch nicht jemanden von hier, der Unsummen zahlt und versucht die Stadtteile mit Geld zu übernehmen."

„Das klingt nicht grad beruhigend.", erwiderte ich und machte mir kurz Gedanken darüber, denn wenn mein Vater das Geld ablehnte – und das würde er tun –, dann würden diese Käufer bestimmt zu anderen Mitteln greifen.

Kage nickte und führte seinen Bericht fort: „Aber nicht nur das, es gibt noch jemanden, der einen wirklich seltsamen Auftrag an die verschiedenen Banden verteilt hat.", seine Augen huschten kurz in der Distanz über den Boden, ehe er fortfuhr: „Die genauen Details weiß ich nicht, aber es geht um viel Geld und um Personen. Wahrscheinlich also Organhändler."

Wir hatten inzwischen die halbe Halle durchquert, weswegen ich mich beeilen musste, Kage nach den restlichen Informationen zu fragen, auch wenn ich wusste, dass er mir bestimmt schon alles erzählt hatte, was er mitbekommen hatte: „Hast du irgendwelche Namen aufschnappen können?"

Kages Name schallte durch die Halle, weswegen er mich mit einem Kopfschütteln abspeiste und sich dann in die andere Richtung aufmachte, damit er dem Ruf meines Vaters nachkommen konnte.

✒ Ein Horn zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt