Kapitel 47

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Nabu

Nachdem ich eilig zurück ins Café gegangen war und gerade noch meine Chefin abgepasst hatte – wobei ich sie gefragt hatte, ob sie mir noch einmal aufsperren konnte, da ich etwas vergessen hatte –, ließ ich eines der Klofenster, das zum Innenhof hin ausgerichtet war, unauffällig offen stehen und verabschiedete mich dann von Kozue.

Ich hätte ihr Bescheid geben können, hätte ihr erklären können, wie ich beabsichtigte das Café zu retten, aber das konnte ich nicht, denn einerseits schien mein Unterfangen unmöglich und andererseits würde ich ihr nicht erklären können, weshalb gerade ich geeignet war es zu tun, ohne mein Einhorn-Ich preiszugeben.

Im Wald angekommen wartete schon ein ungeduldiger Benjiro auf mich, der von seiner Einhornform in seine menschliche Form wechselte und mir direkt einen Vorwurf machte: „Wo warst du so lange? Ich hab schon gedacht du würdest gar nicht mehr kommen!", sprach er und schnaubte abfällig.

„Meine Arbeitsstelle retten, weil sonst können wir den Einzug kommende Woche vergessen!", antwortete ich patzig und fragte ihn direkt: „Hast du hier im Wald Efeu und irgendwelche Blumen gesehen?"

„W-Wa... Wie bitte?!", Benjiro ging geradewegs auf mich zu und vor mir angekommen fing er an zu zetern: „Was zum Teufel haben dämliche Pflanzen mit deiner Arbeit im Café zu tun?", er holte tief Luft und fuhr dann fort: „Und warum musst du deine Stelle retten? Hast du einem der Kunden etwa den heißen Kaffee auf den Schritt geschüttet?"

Genervt atmete ich aus, als mir die zündende Idee kam. Aber könnte ich dermaßen viel verlangen, ohne etwas zu geben? Ich vertrieb meine Gedanken und beschloss es einfach zu versuchen. Viel anderes blieb mir nicht übrig, wenn ich versuchen wollte meinen Job zu behalten.

Ohne Vorwarnung verwandelte ich mich in meine Einhornform und galoppierte in eine bestimmte Richtung los. Gleichzeitig ließ ich Benjiro über unsere Gedankliche Verbindung wissen: ‚Ich erklär dir alles auf dem Weg, komm jetzt.'

„Nabu!", rief er mir hinterher, stieß dann laute Flüche aus, wobei einer beinhaltete, dass wir Floras kopflos wären, und wechselte seine Form, woraufhin er mich am Ende der Lichtung eingeholt hatte und wir von dort an gemeinsam durch den Wald und das Unterholz preschten.

Erzähl jetzt, oder ich mäh dich um!', drohte Benjiro mir und machte Anstalten mir näher zu kommen, bei einem Stück des Weges, als wir nebeneinander rennen galoppieren konnten.

Abfällig schnaubte ich aus und begann ihm alles zu erklären. Angefangen von dem Café, das beinahe zeitgleich geöffnet hat, als ich angefangen hatte zu jobben, bis heute Abend, als Kozue schließlich der Kragen geplatzt ist und sie mit mir komplett offen gesprochen hatte.

Es blieb einige Momente still, nur wir, der Wald, das Unterholz und unsere trommelnden Hufschläge. Dann meinte er: ‚Und wie lautet dein Plan? Du wirst doch einen Plan haben, wenn du mich schon mit dir rumschleppst, oder?'

So in etwa.', antwortete ich, während mir die Hitze in die Wangen stieg, was man glücklicherweise dank meines Fells nicht sehen konnte, und meinte dann: ‚Es ist zumindest so etwas wie ein Plan.'

Ein weiteres Mal schnaubte mein Kumpel, ließ aber jeden weiteren spitzzüngigen Kommentar bei sich.

Als wir den Waldrand erreichten verlangsamte ich meine Schritte, verwandelte mich fließend in einen Menschen und joggte weiter, wobei ich zuerst darauf achtete so schnell wie möglich aus dem Viertel raus zu kommen, in dem wir uns gerade befanden.

Ich führte uns zielsicher durch die Gassen und blieb schließlich gegenüber dem alten buddhistischen Kloster stehen. Zeitgleich versuchte ich zu erspüren ob sich jemand darin befand, musste aber zu meiner Enttäuschung feststellen, dass niemand da war.

✒ Ein Horn zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt