Kapitel 45

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Nabu

Am nächsten Morgen wurde ich von Benjiro geweckt, der mich anstupste und mir mitteilte, dass der erste Stallbursche bereits hier war, weswegen ich mich hastig zurückverwandelte und meine Kontaktlinsen einsetzte – gerade rechtzeitig, wie sich herausstellte.

Der Kerl, der mich beim letzten Mal in den Stall geführt hatte, ging gerade an unserer Box vorbei, als ich diese verlassen wollte, so als hätte ich gerade Benjiro gefüttert, und er fuhr mich sofort an: „Was machst du denn hier drin? Soll ich gleich die Polizei rufen? Das Pferd gehört 'nem Doktor!"

„Ich bin der Stallbursche.", sagte ich und schob vorsichtig die Boxentür wieder zu, während Benjiro neben mich trat und den Kopf an meine Schulter brachte, woraufhin er Pferdeübliche Dinge tat: Mir meine Schuluniform und meine Haare anfressen, weswegen ich ihn von mir stieß und einen Meter zwischen uns brachte.

Binnen einer Sekunde wechselte seine Einstellung und er war plötzlich die Freundlichkeit in Person: „Oh, das is ja 'n Ding. Zahlt der Kerl dir auch genug? Mal ehrlich, der hat so ausgesehn, als ob der noch nie studiert hätt, so jung wie der war."

Benjiro stand in seiner Box und murmelte mir über Telepathie Flüche zu, während ich mich verlegen am Kopf kratzte und dem Stallburschen antwortete: „Es ist nur ein Nebenjob, die Bezahlung ist mir nicht so wichtig."

Das brachte das Eis endgültig zum Schmelzen und er war geradezu angetan von mir: „Ja sowas, ich dacht schon ich wär noch der Einzige der's aus Liebe zu den Tier'n macht.", woraufhin ich meinem Kumpel über unsere Gedankenverbindung eine Kurzfassung gab, wie mich der Kerl das letzte Mal behandelt hat.

Der Stallbursche fragte mich schließlich wie ‚der Gute' hieß und was für eine Rasse er wäre und all das Pferdezeug, das für die Menschen so wichtig wäre, weswegen ich schließlich – in Rücksprache mit Benjiro – begann ihm alles zu erzählen.

„Der Hengst heißt Benj-", ich räusperte mich und korrigierte mich sofort: „Er heißt Ben, ist ein Araber-Mischling und ist inzwischen schon acht Jahre alt. Mein Chef hat ihn beritten, da war er etwa fünf."

Da ich jedoch nicht weiter mit diesem falschen Fünfziger reden wollte, tat ich so als wäre ich in Eile: „Aber ich sollte ihn besser auf die Weide bringen, sonst komme ich zu spät in die Schule."

„In dem Fall noch Schüler? Na dann viel Spaß dir.", meinte er freundlich und lief dann in die Richtung der Futterkammer, während er noch an mich gewandt meinte: „Ich richt dem Doktor schon mal die Box für'n Abend."

Kurz bedankte ich mich und ging dann gemeinsam mit meinem Einhornkumpel in die Richtung nach draußen, als ein weiterer Stallbursche aus einer Box gehetzt kam und komplett quer durch den Stall schrie: „ „Frenja hat... glaub ich irgendwas erwischt... sie sieht so aus als ob... als ob sie eine Kolik hätte...", er war komplett außer Atem, weil er anscheinend gerade eine Panikattacke hatte.

Der Stallbursche, der davor mit mir geredet hatte, kam aus der Futterkammer gerannt und wies den jüngeren Stallburschen brüllend an: „Was?! Was stehst hier noch rum du Vollidiot! Sag Frau Honda Bescheid und ruf den Arzt! Sofort!", woraufhin der Jüngere aus dem Stall rannte und der andere zu der Box von dieser Frenja rannte.

Nabu, beweg dich, mein Handy wird in wenigen Minuten klingeln!', sprach Benjiro erneut in meinen Gedanken und wippte dabei aufgeregt mit seinem Kopf, während seine Stimme in meinem Kopf widerhallte.

Wir liefen zügig an der Box vorbei und ich konnte einen kurzen Blick auf diese Frenja erhaschen. Sie war ein ein beiger Falbe und auch von hier draußen konnte ich sehen, dass sie am ganzen Körper zitterte, während sie gleichzeitig den Kopf unruhig in die Höhe warf. Ihre Angst war fast schon spürbar.

✒ Ein Horn zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt