Kapitel 43

90 12 4
                                    

Nabu

Der Tag verging wie im Flug, brachte allerdings Regen mit sich.

Während der Schulzeit verhielt ich mich fast so wie immer, ich war lediglich ein wenig distanzierter gegenüber den anderen, da mir immer wieder in den Sinn kam, was Benjiro mir erzählt hatte. Vielleicht war es sogar ein Vorfahr von jemandem, der die Schule besuchte, der das Einhorn umgebracht und den Wald verdammt hatte.

Die einzigen zwei die bemerkten, dass etwas nicht Stimmte, waren Hanako und Francis. Sie schenkten mir Seitenblicke, die nur so vor Neugier und Sorge strotzten, bis mir schließlich auffiel, dass ihre Blicke hauptsächlich deswegen auf mir lagen, weil ich das Bento von Sakuya schon seit ein paar Minuten gedankenlos hin und her schob.

Noch offensichtlicher kann ich nicht zeigen, dass etwas nicht stimmt, schimpfte ich innerlich mit mir selbst.

Auf dem Weg zum Café fragte mich Francis schließlich, ob es etwas mit der Wohnung zu tun hatte, was ich allerdings sogleich verneinte und ihm sagte, dass mir nur gerade viel durch den Kopf ging.

So richtig glaubte er mir nicht, das konnte ich an seinem Blick erkennen, aber er hakte nicht mehr nach. Ein Vorteil von dem Zwischenfall, der sich vor etwa einer Woche ereignet hatte. Er versuchte nicht mehr so verbissen an Informationen zu kommen.

Am Abend ging es dann schließlich ab in den Wald und ehe ich mich versah, traf ich mich mit Benjiro wieder bei der Trauerweide, wo er bereits geduldig auf mich wartete und sich verwandelte, kaum dass ich in meiner massigen Gestalt in seine Nähe kam.

„Nabu, ich hab was!", er hielt einen glitzernden Gegenstand in die Höhe, den ich beim Näherkommen als Schlüssel identifizieren konnte. Als ich mich ebenfalls in meine menschliche Form wechselte, fuhr er fort: „Also ich hab dieser Dame vom Reiterhof bei etwas ausgeholfen, das sie alleine nicht hinbekommen hatte. Eines ihrer Pferde war krank, keine große Sache nur ein normaler Husten und...", er unterbrach sich selbst, als er meinen Blick auf sich bemerkte und stampfte mit dem Fuß auf als er hitzig weitersprach: „Was siehst du mich so an?! Ich hab dem Tierchen nichts getan!"

Lachend erwiderte ich: „Na gut, sagen wir ich glaube dir, was ist dann passiert?", während ich gemeinsam mit ihm hinüber zur Quelle lief und gespannt darauf wartete, was er als nächstes erzählen würde.

„Wo war ich... Ah ja genau beim Husten...", er räusperte sich kurz und erzählte dann: „Also hab ich meine Hilfe als Fachkundiger Arzt angeboten und hab sie gebeten mir ein paar Minuten alleine mit dem Pferd zu geben, ich habe es dann geheilt und so weiter und sofort.", er machte eine Pause in der er mich mit einem breiten Grinsen ansah und fuhr dann fort: „Daraufhin hat sie – jetzt kommt's – mich gefragt ob ich nicht Vollzeit bei ihr anfangen möchte."

Sein Gesichtsausdruck sah für einen Moment so aus als hätte er in eine saure Zitrone gebissen, als er erklärte: „Das Einzige was mich wurmt, ist, dass sie mir einen Hungerlohn zahlt...", er verzog den Mund und im nächsten Augenblick wurde er wieder von einer Welle der Euphorie erfasst: „Aber hey! Ich konnte dafür einen Schlüssel heraushandeln, damit ich meine Patienten auch nachts besuchen kann.", dabei sah er mich schelmisch an.

„Welche Patienten?", hakte ich nach, da mich eine seltsame Vorahnung beschlich, während ich meine Arme um mich selbst schlang, da es noch immer leicht regnete und ich deswegen schneller auskühlte als am Tag zuvor.

Aber ich ließ meinem Kumpel keine Zeit sich zu erklären, sondern deutete auf die Trauerweide und fragte ihn dann: „Wollen wir nicht hinter die Blätterwand gehen? Dort wäre es wärmer."

Genervt stieß er Luft aus und meinte dann: „Hör mir erst einmal fertig zu, du wirst nämlich nicht mehr dort schlafen müssen, sondern ab sofort in einem warmen Stall.", wobei er sich trotzdem auf den Weg zu dem Baum machte.

✒ Ein Horn zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt