Kapitel 46

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Nabu

Am nächsten Tag war ich seltsamerweise müde noch bevor ich den Stall verlassen hatte. Dabei hatte ich in den letzten Tagen nicht einmal sonderlich viel Flora zur Heilung des Waldes verwendet.

Nur Benjiro hatte ich es zu verdanken, dass ich überhaupt noch an meiner Schule ankam, denn er scheuchte mich noch bevor der erste Stallbursche aufkreuzte aus dem Heu und meinte etwas davon, dass er spüren konnte, dass etwas nicht stimmte, weswegen er sofort hier raus wollte, damit er später wieder herkommen konnte und sich genauer umsehen.

Am Morgen nahm ich das Bento von Sakuya entgegen, die komplett zerstreut zuerst zu ihrem Spind hastete, dann zu mir, nur um dann festzustellen, dass sie das Bento noch im Spind hatte, weswegen sie noch ein weiteres mal zurück eilte.

Während den Pausen unterhielt ich mich ein klein wenig mit Francis und auch mit Hanako, die mich hier und da fragte, was ich denn gerne aß, damit sie das Abendessen vorbereiten konnte. Da ich ihr nicht zu viele Umstände bereiten wollte, zählte ich ihr vorwiegend Gerichte auf, die mit wenig Aufwand zubereitet werden konnten.

Francis kam schließlich in unserer Mittagspause auf mich zu und zog mich mit sich mit, damit er mich etwas fragen konnte. Zu meiner Überraschung brachte er mich in die Nähe der Tür zum Dach, ging jedoch nicht mit mir hinaus.

„Hier müssen wir nicht mit Lauschern rechnen.", erklärte er sich und wandte sich mir zu, nachdem er sich auf die oberste Stufe gesetzt hatte, die Arme lässig auf den Knien aufgestützt: „Sind die Kerle noch einmal aufgetaucht?", erkundigte er sich.

Kurz überlegte ich, ob ich ihm einfach vor den Kopf stoßen sollte und ihm klar machen, dass ihn mein Leben nichts anging, aber eigentlich war ich froh, dass ich mit ihm darüber reden konnte, was mich belastete, auch wenn es nicht im Ansatz die Wahrheit war.

Ich verneinte, setzte mich zu ihm und erwiderte: „Bisher noch nicht, aber sie sind schon wieder viel zu lange viel zu ruhig...", seufzend fügte ich nach einer kurzen Pause noch hinzu: „Es kann sich nur um Tage handeln, bevor sie wieder aufkreuzen."

Francis blieb still und schien seine Worte abzuwägen, seine Augen huschten suchend über die Treppen vor uns, als lägen dort Schriftzeichen, die er erst zusammensetzen musste, bevor er mit einem Satz antworten konnte.

„Weißt du, du könntst ja auch zu mir kommen übers Wochenende.", bot er mir an und fuhr schulterzuckend fort, wobei er mir nun in die Augen sah: „Dann müsstest du dir wenigstens die nächsten Tage keine Gedanken machen und nächste Woche nur ein paar Tage bangen."

„Nett von dir, aber ich will dir und deinem Vater nicht zur Last fallen.", antwortete ich ablehnend und setzte hinzu – da ich bemerkte, dass er bereits etwas darüber sagen wollte: „Am Wochenende habe ich Schicht im Café, ich wäre ohnehin außer Haus."

Missmutig und gespielt gleichgültig sagte er: „Wie du willst, mein Angebot steht auf jeden Fall noch.", wonach er aufstand und sich langsam auf den Weg nach unten machte, damit er zurück zur Kantine gelangen konnte.

Ich folgte ihm und gemeinsam aßen wir mit den anderen zu Mittag, wonach wir uns wieder in die Klasse begaben

Am Ende des Schultages, als sich unsere Gruppe wieder aufteilte, ließ ich mir Zeit an meinem Spind, doch bereits als ich ihn öffnete, sah ich den verräterischen kleinen rosaroten Zettel, der sofort ins Auge stach und geradezu danach schrie gelesen zu werden.

Ich verdrehte die Augen und steckte ihn in meinen Rucksack, wonach ich den Spind wieder zu machte, in meine Schuhe schlüpfte und zum Haupteingang hinausging, doch meine Aktion blieb nicht unbemerkt, denn im nächsten Augenblick klopfte mir Francis auf die Schulter und forderte mich auf: „Na los, mach auf."

✒ Ein Horn zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt