Ich laufe zurück in den Gemeinschaftsraum und zu Maya.
"Maya?"
"Hm?", macht sie schläfrig. Ich zögere kurz. Soll ich sie einweihen?
"Ich habe ein ziemlich großes Problem", sage ich. "Kann ich kurz mit dir reden?"
"Klar", auf einmal ist sie wach und geht mit mir zu einer Tür, die in der Wand verborgen ist. Der kleine Raum dahinter ist dunkel und leer.
"Was ist los?", fragt sie besorgt.
"Du darfst nicht schreien und nicht weglaufen, okay?", sage ich. Sie nickt. "Ich bin eine Werwölfin. Und heute ist Vollmond."
Mayas Augen weiten sich und sie presst sich die Hand vor den Mund. Ich sehe, dass sie Angst hat. Vor mir. Aber sie bleibt, wo sie ist.
"Aber, bevor du doch wegläufst: Meine Wolfsgestalt ist harmlos. Ich bin bei vollem Bewusstsein, wenn ich die Wölfin bin, anders als normale Werwölfe, die nur töten wollen, wenn sie sich verwandeln. Kommst du noch mit?"
Maya nickt. Die Angst schwindet aus ihren Augen.
"Das Problem ist", fahre ich fort, "dass jede Verwandlung unglaublich schmerzhaft ist und ich dementsprechend laut schreie. Kannst du mich irgendwo hinbringen, wo mich niemand hört und sieht? Möglichst schnell."
Maya nickt wieder und nimmt meinen Arm.
"Komm mit."
Wir laufen durch unzählige Gänge, Treppen hinauf und hinunter, nach rechts, nach links. Schließlich bleibt Maya stehen und stößt eine Tür auf. Dahinter liegt ein leeres Klassenzimmer.
"Das ist das Klassenzimmer für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Es liegt weit weg von allen Gemeinschaftsräumen, der Küche und den Räumen der Lehrer. Die Wände sind wegen der Lautstärke, die hier oft herrscht, extra dick gebaut worden", erklärt sie. Ich trete in den Raum.
"Soll ich draußen bleiben?", fragt Maya vorsichtig. Ich schüttele den Kopf. Ich sehe wieder die Angst in ihren Augen, die sie so verzweifelt zu verbergen versucht. Die Angst, dass ich doch nicht harmlos sein könnte. Die Angst, dass ich sie angreifen könnte, käme sie mit mir in das Klassenzimmer.
Verständlich.
Ich würde das gleiche fürchten.
"Nein. Wenn ein Lehrer oder Vertrauensschüler vorbeikommt, bist du quasi tot", sage ich. Etwas misstrauisch kommt Maya langsam zu mir.
"Hör mal", sage ich leise. "Ich kann vollkommen verstehen, dass du Angst hast. Ich hätte auch ..."
"Ich habe keine Angst", sagt Maya und richtet sich auf. Mein Respekt vor diesem Mädchen steigt ins Unermessliche.
Ich ziehe meinen Zauberstab aus dem Fach an meinem Pullover und murmele, den Stab auf die Tür gerichtet: "Muffliato."
"Was ist das für ein Zauber?", fragt Maya, und ihr Vertrauen löst sich hörbar wieder auf.
"Das ist nur Vorsicht. Der Muffliato ist ganz nützlich, wenn niemand dich hören soll, aber manchmal wirkt er einfach nicht", erkläre ich. "Wenn jetzt draußen jemand vorbeikommen sollte, kann er uns, sofern der Zauber gewirkt hat, nicht hören."
Ich merke, dass ich seit guten zehn Minuten die Verwandlung zurückdränge. Das tut meinem Kopf gar nicht gut.
"Ich werde versuchen nicht zu schreien", sage ich und trete ans Fenster. Der Mond ist nicht zu sehen, er scheint von der anderen Seite, und das Gelände leuchtet silbern in seinem Schein. Ein Schmerzenslaut entfährt mir, als meine Knochen brechen und sich neu zusammenfügen. Als weißes Fell meine Haut überzieht. Als mein Gesicht sich verformt und meine Ohren spitz werden. Als meine Finger Krallen werden.Ich finde mich auf dem Boden wieder. Die Schmerzen lassen nach. Als ich mich zu Maya umsehe, ist sie in eine Ecke zurückgewichen.
Ich setze mich hin. Ich muss ihr deutlich machen, dass ich sie nicht angreifen werde.
Ohne ihr Aufmerksamkeit zu schenken, springe ich erst auf einen Tisch und von dort aus auf eine der Fensterbänke. Ich lege meinen buschigen Schwanz sorgfältig um meine Beine und blicke nach draußen auf das vom Mond in blasses Licht getauchtes Gelände Ilvermornys. Ich tue so, als wäre Maya gar nicht da.
So verharre ich etwa eine halbe Stunde.
Und noch eine halbe Stunde.
Und noch eine halbe Stunde.
Schließlich wird die Fensterbank unbequem und ich springe hinunter. Nun traue ich mich doch, in Mayas Richtung zu schauen. Sie ist in ihrer Ecke auf den Boden gesunken und schläft.
Nun ja. Die Angst scheint verschwunden zu sein. Ich schüttele den Kopf und strecke mich. Dann lege ich mich dahin, wo ich stehe, rolle mich zusammen und schlafe ein.
Ungefähr zwei Stunden später erwache ich in meiner Menschengestalt vom Licht der aufgehenden Sonne. Ich setze mich auf und sehe mich zu Maya um. Sie sitzt auf einem Tisch und beobachtet mich aufmerksam.
"Ich hatte wirklich Angst, obwohl du gesagt hast, dass du harmlos bist", sagt sie. "Es tut mir leid."
Ich stehe auf und setze mich zu ihr.
"Ist schon in Ordnung. Jeder würde Angst haben", beruhige ich sie.
"Sicher?"
"Klar. Das entspricht der menschlichen Natur. Woher will man auch wissen, ob man angelogen wird?"
Maya lächelt leicht. "Das kann man schon feststellen, anhand von einigen Verhaltensweisen."
"Jaah, aber du weißt, was ich meine", sage ich.
Maya nickt.
"Vielleicht sollten wir in unsere Schlafsäle zurück, bevor die Sonne ganz aufgegangen ist. Dann fangen die Hauselfen mit dem Frühstück an."
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Mein magisches Leben und ich (Harry Potter FF) ✔️
FanfictionDieses Buch erzählt die Geschichte von Clara Cecily Dumbledore, Albus Dumbledores Enkelin. Schon zu Anfang ihrer Schulzeit in Hogwarts ist sie zusammen mit ihrer besten Freundin Liana Sphinx die Beste ihres Jahrgangs und wird deswegen in den Süden F...