Heute muss ich Abschied nehmen. Von Beauxbatons, von meinen Freundinnen, von Felix. Ich muss meine Sachen packen, mich bei Miss Marchand abmelden und das Gebäude verlassen.
Hipp hipp hurra.
Ich kann nichts fröhliches daran finden.Mit Tränen in den Augen räume ich meinen Schrank aus und quetsche meine Bücher in eine meiner Taschen. Fleur, Hannah und Beatrice helfen mir wortlos dabei.
"Leute", beginne ich, als alles gepackt ist, "... danke. Für die letzten Jahre, für eure Freundschaft, ... für alles. In acht Monaten bin ich wieder da, ich verspreche es. Vielleicht sehen wir uns in den Ferien." Beatrice umarmt mich, dann stehe ich vor meinen beiden besten Freundinnen. Sie nehmen mich zu zweit in ihre Arme und jetzt läuft mir doch eine Träne über die Wange.
"Ich hab euch lieb, Mädels", sage ich.
"Wir haben dich auch lieb", erwidert Hannah und ringt sich ein Lächeln ab. Fleur schluchzt leise.
"Ach Süße. Wein doch nicht, ich bin bald wieder da", sage ich, wische ihr die Tränen aus dem Gesicht und umarme sie noch einmal.
"Ciao ihr beiden", sage ich leise, dann verlasse ich, ohne mich noch einmal umzusehen, mit meinen Taschen den Raum.
Vor dem Geimeinschaftsraum wartet Felix auf mich. Er nimmt mich fest in die Arme. Nun fange ich richtig an zu heulen.
"Nicht weinen, mein Herz. Wir sehen uns in den Sommerferien, ja?"
"Mhm", mache ich. Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und blickt mir ernst in die Augen.
"Vergiss mich nicht, so weit weg, Clara. Versprich es mir."
"Versprochen", schniefe ich lächelnd. Felix beugt sich zu mir hinunter und küsst mich ein letztes Mal.
"Auf Wiedersehen, mein Wölfchen. Ich liebe dich."
"Ich liebe dich auch", antworte ich, und statt weiterzureden, schluchze ich nur. Trotzdem drücke ich noch einmal meine Lippen auf seine, dann ziehe ich mich aus seiner Umarmung und nehme meine Taschen. Ich blicke Felix noch einmal liebevoll in die Augen, dann eile ich zu Miss Marchands Büro, um mich abzumelden.
"Clara! Du bist zum abmelden hier, nicht wahr? Einen Moment, ich schreibe es kurz auf... so. Auf Wiedersehen, Clara. In acht Monaten meldest du dich zurück."
Und ich bin schon wieder entlassen, ohne etwas gesagt haben zu müssen. Von Madame Maxime habe ich mich bereits gestern verabschiedet, da sie heute nicht da ist.Ich gehe langsam über das wie leergefegte Gelände. Da jetzt gerade Schulzeit ist, sind die meisten anderen Schüler im Unterricht. In Hogwarts haben sie in einer halben Stunde Mittagspause. Bis dahin bin ich schon dort. An der Schulgrenze wartet Professor Melt, um mir das Tor zu öffnen. Er lässt mich mit einer eleganten Verbeugung durch und schließt das Tor wieder. Ich gehe den Weg hinunter zum Dorf, wo eine Kutsche mit Thestralen wartet, die mich nach Hogwarts bringen wird. Ich hiefe meine Taschen hinein und steige hinterher.
Innerhalb einer halben Stunde bringen die Thestrale mich nach Hause. Die Landschaft rast unter mir vorbei, so schnell, dass ich sie nicht ordentlich erkennen kann, bis sie nur noch blau ist. Das Meer rast noch schneller dahin als die Landschaft. Ein Flecken grün ist zu sehen, dann landet die Kutsche am Rand der Hogwarts-Ländereien. Ich nehme meine Sachen und steige aus; ein paar Sekunden später ist die Kutsche am Himmel nicht mehr zu sehen.
Zum Glück erkenne ich, dass ich ganz in der Nähe des Sees abgesetzt worden bin. Also muss ich nicht ganz so weit schleppen.
Im Schloss angekommen, verstecke ich meine Sachen in einem Wandschrank und verschwinde in einer Mädchentoilette, um mich umzuziehen. Grandpa hat mir eine Schuluniform in meiner Größe geschickt. Ich ziehe sie an, binde meine Haare zu einem Pferdeschwanz und betrachte mich im Spiegel. Die Uniform ist so ungewohnt.Draußen höre ich die ersten Schüler aus den Klassenzimmern kommen. Schwatzend, lachend und Witze reißend trampeln sie in Richtung der Großen Halle. Darunter höre ich Minervas Stimme, wie sie ein paar von ihnen ärgerlich herumkommandiert. Ich verlasse das Klo und mische mich unter die Schüler. Ein paar bemerken mich und starren mich an, der Großteil der Menge beachtet mich aber nicht. In der Großen Halle setze ich mich unauffällig an den Ravenclawtisch, an das Ende, das dem Lehrertisch am nächsten ist. Ich hoffe, dass meine Freundinnen von früher, Jana, Lina und Lucy, mich nicht bemerken, wenn sie kommen, doch daraus wird leider nichts. Hagrid kommt in die Halle und erkennt mich.
"CLARA!", brüllt er freudig und zieht mich in eine seiner fast knochenbrechenden Halbriesenumarmungen.
Die Schüler werden aufmerksam.
"Hallo Hagrid", sage ich lächelnd.
"Hallo Clara, wie geht's n dir? Lang nichts gehört!", dröhnt Hagrid.
"Mir geht es super", antworte ich.
"Haste gesehen? Bin jetz auch nh Lehrer. Pflege magischer Geschöpfe, macht riesig Spaß", erzählt er.
"Toll, Glückwunsch", sage ich und versuche, interessiert zu klingen. Hagrid zeigt freundlich seine Zähne und verschwindet zum Lehrertisch.
Der und Lehrer? Ich weiß ja nicht. Könnte chaotisch werden.
"Clara? Bist das wirklich du?", fragt jemand hinter mir ungläubig. Ich drehe mich um. Vor mir steht ein Mädchen, das Lucy nur noch im entferntesten ähnlich sieht. Die schönen, haselnussbraunen Wellen, die ihr bis zur Brust reichten, hat sie bis zum Kinn abgeschnitten und hellblond gefärbt.
"Lucy?", frage ich skeptisch. Sie nickt und umarmt mich fest.
"Was hast du mit den schönen Locken gemacht?", fragt sie entsetzt, als sie meine Haare sieht.
"Rausgeglättet. Warum färbst du dir die Haare blond?"
"Das war eine Wette mit Jana, dass Ravenclaw endlich mal Slytherin im Quidditch schlägt. Ich hab dagegen gewettet und verloren", erklärt sie, "Aufpassen, Weasley von hinten!"
Doch zu spät. Ich werde an den Hüften gepackt und herumgewirbelt.
"George!", rufe ich lachend. Mein bester Freund, den ich lange nicht gesehen habe, hebt mich ebenfalls lachend hoch und wirbelt mich durch die Luft. Als ich wieder festen Boden unter den Füßen habe, schiebt Fred seinen Bruder zur Seite und umarmt mich wortlos. In seinem Blick sehe ich eine ungestellte Frage.
Habe ich jetzt eine Chance bei dir?
Ich schüttele kaum merklich den Kopf. Darauf dreht er sich um und geht zu den Gryffindors zurück.
"Was ist denn mit dem los?", fragt Lucy. Ich zucke die Schultern.
Wenn ich an den Kuss vor den Sommerferien im letzten Jahr denke, schlägt mein Herz keine Purzelbäume mehr. Der Abdruck in meinem Herzen, den Fred Weasley mit dem Kuss hinterlassen hat, ist endgültig weg.
"Wo sind Jana und Lina?", frage ich und stecke Fred in Gedanken in eine Kiste.
"Eine gerasselt, die andere geflogen", sagt Lucy schulterzuckend.
"Wie das?"
"Jana ist vor ein paar Wochen geflogen, weil sie einen der unverzeihlichen Flüche an einem Hufflepuff-Erstklässler angewandt hat, und zwar absichtlich. Lina ist nach der vierten Klasse in fast allen Fächern gerasselt und dann haben ihre Eltern sie weggeholt. Sie geht jetzt an eine Schule in Finnland", erklärt sie genauer.
"Oh. Sie haben mir beide nichts davon geschrieben", sage ich ratlos und setze mich wieder.
"Jana ist in den letzten Monaten total seltsam geworden. Sie hat öfter geflucht, war viel zickig und hat sich ständig mit irgendwelchen Slytherins abgegeben. Es ging das Gerücht um, dass ihre Familie sich zu den Anhängern von Du-weißt-schon-wem gesellt hat. Und sie war angeblich von der Idee ziemlich begeistert. Und das Beste ist noch, dass sie mit dir befreundet war, ich meine, dein Granddad ist Albus Dumbledore und der ist immerhin der größte Feind von Du-weißt-schon-wem."
"Mhm", mache ich nachdenklich. Ich kann nicht glauben, dass Jana jetzt zu den Todessern gehört. Furchtbar.
"Was für Wahlächer hattest du in Beauxbatons?", fragt Lucy.
"Arithmantik, Alte Runen, Pflege magischer Geschöpfe und Muggelkunde. Du?"
"Das alles auch, nur Muggelkunde nicht. Wozu auch, wenn ich selbst muggelstämmig bin?"
"Oh, ich bin auch muggelstämmig und würde es sehr interessant finden, die Muggel aus einer anderen Perspektive zu sehen", mischt sich eine Stimme hinter uns ein. Wir drehen uns um. Eine Zweitklässlerin mit braunen Locken und Augen steht vor uns. Ich kneife überlegend die Augen zusammen.
"Hermine Granger?", frage ich.
"Hallo Clara. Richtig geraten", sagt sie lächelnd. Hinter ihr bemerke ich Ron Weasley, der mich, wie beim letzten Mal, anglubscht und komisches Zeug vor sich hinmurmelt. Mit dem Unterschied, dass er heute sabbert. Harry Potter, der bei ihm steht, stößt ihm in die Rippen und grinst mir zu. Ich grinse zurück. Inzwischen hat Hermine Rons "Zustand", wie ich es einfach mal nenne, bemerkt und wedelt mit der Hand vor seinem Gesicht herum.
"Ron! Lebst du noch oder bist du zum Zombie geworden?"
"Huh?", macht Ron und blickt sie verwirrt an. Kopfschüttelnd packt sie ihn am Arm und schleift ihn weg.
"Die kleine ist Jahrgangsbeste seit sie hier ist. Ich habe das Gefühl, dass sie sogar fast besser ist als du damals. Gonni hat deswegen mit ihr gesprochen, aber sie hat unsere gute Alte dazu gekriegt, in Hogwarts bleiben zu dürfen", sagt Lucy.
"Sag mal, ist der Quirrel eigentlich immer noch da?", frage ich.
"Nein, zum Glück. Der neue heißt Gilderoy Lockhart. Der Unterricht ist grausam, er redet nur von sich selbst. Und alle kleinen Mädchen der ersten und zweiten Klasse himmeln ihn an", antwortet Lucy grimmig. Ich muss lachen.
"Wen haben wir denn da? Miss Dumbledore, sollten Sie nicht in Beauxbatons sein?", fragt eine schnarrende Stimme hinter uns. Ich verdrehe die Augen und sehe mich zu Snape um.
"Mein Großvater hat mich bis Weihnachten hierhin zurückgeholt, weil er mich in Sicherheit haben will. Antwort genug?"
Ich drehe mich zurück und schenke dem Zaubertränke-Lehrer keine weitere Beachtung. Aus dem Augenwinkel kann ich sehen, wie er wortlos abzieht. Lucy grinst breit.
"Du flößt immer wieder den Lehrern Respekt ein. Dass Snape ohne Widerstand Leine zieht, ist Premiere", sagt sie. Ich zucke die Schultern und tue mir Kürbispasteten auf. In Hogwarts schmecken sie einfach am besten.
"Hast du heute schon Unterricht oder erst morgen?", fragt Lucy.
"Morgen erst. Ich finde es eigentlich unsinnig, mich so kurz vor den Ferien herzuholen. Bis Freitag hätte ich auch noch in Beauxbatons bleiben können, die zwei Tage vor oder nach den Ferien machen doch auch keinen Unterschied", brumme ich.
"Ach komm, jetzt bist du hier und gut ist."
"Na gut."
"Du, ich muss los, Verwandlung fängt gleich an. Bis nachher!" Lucy umarmt mich kurz, nimmt ihre Tasche und verdrückt sich. Ich esse noch in Ruhe meine Pasteten auf, dann gehe ich ebenfalls, um meine Taschen zu holen und in den Ravenclawturm zu verfrachten.
"Kann ich dir helfen?", fragt jemand, als ich mich mit den Taschen auf einer Treppe abmühe. Ich drehe mich um.
"Hey Cedric. Danke, geht schon", antworte ich und hiefe meine Taschen nacheinander auf die letzte Stufe. Der Hufflepuff schüttelt den Kopf und nimmt mir die größere ab.
"Sonst wird das doch nie was. Wo musst du hin?"
"Zum Ravenclawturm."
"Hätte ich mir denken können. Nach rechts jetzt, richtig?" Ich nicke.
"Sag mal, kennst du mich überhaupt noch?", frage ich nach kurzem Schweigen.
"Logisch. Stellst du dich eigentlich jeden Morgen hin und glättest dir die Haare?", fragt er. Ich lache.
"Nein. Eine Freundin hat mir vor ein paar Monaten mit einigen dicken Knoten geholfen und seitdem sind die Locken raus", erkläre ich.
"Ah", macht Cedric. Schweigend gehen wir bis zum Gemeinschaftsraum.
"Danke", sage ich und lächle kurz. Dann sage ich dem Adler die Antwort auf sein Rätsel und verschwinde im Gemeinschaftsraum.
Ich sehe mich um. Nichts hat sich verändert. Die kuppelförmige Decke ist immer noch mit Sternen bemalt und die Aussicht ist immer noch grandios. Ich schleppe meine Taschen zum Schlafsaal. Ein Bett und ein Schrank sind frei. Ich räume meine Sachen in den Schrank und hänge meine Ballkleider aus Beauxbatons von den letzten zwei Jahren sorgfältig auf. Das vom letzten Jahr ist am schönsten, auch, wenn es das ... ich nenne es mal prunkigste ist. Es ist halt ein Cinderella-Ballkleid.
Ich schaue auf den Mondkalender, den Grandpa mir geschenkt hat. In drei Tagen, am Freitag, ist wieder Vollmond. Morgen und übermorgen geht es mir also schlecht. Zum Unterricht werde ich trotzdem gehen.
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Mein magisches Leben und ich (Harry Potter FF) ✔️
FanficDieses Buch erzählt die Geschichte von Clara Cecily Dumbledore, Albus Dumbledores Enkelin. Schon zu Anfang ihrer Schulzeit in Hogwarts ist sie zusammen mit ihrer besten Freundin Liana Sphinx die Beste ihres Jahrgangs und wird deswegen in den Süden F...