49. Kapitel

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Ich umarme Maya zum Abschied.
"Wir halten Kontakt", wiederholt sie zum hundertsten Mal. Ich nicke.
"Machen wir."
Ich hasse Abschiede, habe ich das schon mal erwähnt?
"Clara, kommst du?", ruft Felix, der bereits im Eingang der Kutsche steht. "Alle anderen sind schon drinnen."
Ich eile die Stufen hoch zu ihm und er zieht sie in die Kutsche, um die Tür schließen zu können. Ich schaue aus dem Fenster und winke Maya zu. Sie steht Hand in Hand mit Will Grace ganz vorne in den Reihen von Ilvermornys Schülern. Ihr Kapitänsabzeichen blitzt in der Sonne auf.
Dann werden alle plötzlich kleiner und kleiner, als die Kutsche sich in die Luft erhebt und bald lohnt es sich nicht mehr, am Fenster zu stehen, denn vom Schloss ist nichts mehr zu sehen.
Ich setze mich neben Lara Baumeister.
"Meinst du, wir kommen hierher noch mal zurück?", frage ich etwas wehmütig. Die Tage in Amerika haben mir sehr gefallen.
"Na, ich komm nicht freiwillig noch mal her", antwortet Lara grimmig. Ich lächle.
"Nur mal abgesehen von dem Spiel war es doch ganz schön."
"Hm. Vielleicht. Ja, wahrscheinlich schon."

Ich verschlafe den größten Teil des recht ereignislosen Fluges und wache nur zwischendurch auf, aber es ist jedes Mal dunkel draußen, weshalb es mir leichtfällt, wieder einzuschlafen.
Kein Sonnenstrahl dringt zu uns herab, als ich davon erwache, dass die Kutsche mit einem Ruck auf dem Boden aufsetzt. Gähnend klettere ich hinaus, um die Treppe für die anderen auszuklappen; denn ich sitze der Tür am nächsten. Einer nach dem anderen klettern alle träge heraus, der kleine Nathan Fox schwankt sogar vor Müdigkeit, aber Felix, der hinter ihm steht und wesentlich wacher aussieht, hält ihn fest, bevor er umkippen kann. Die einzige, die vollkommen wach und mit dem üblichen festen Auftreten unterwegs zu sein scheint, ist Madame Maxime. Als keiner sonst hinsieht, verbirgt sie jedoch ein Gähnen hinter ihrer riesigen Hand. Mühsam schleppen wir uns durch das Schloss zu unseren Schlafzimmern. Ganz leise öffne ich die Tür zu meinem und Fleurs, in der Hoffnung, sie nicht aufzuwecken, aber meine beste Freundin ist wach. Meine Begrüßung geht in einem kieferknackenden Gähnen unter, als ich den Mund öffne.
"Was für eine Begrüßung", sagt Fleur lachend und umarmt mich.
"Entschuldige", sage ich. "Ich bin unglaublich müde, obwohl ich fast den ganzen Flug verschlafen habe. Wie spät ist es?"
"Kurz vor eins."
Ich lege den Kopf schief. "Warum bist du denn noch wach? Du bist doch sonst immer die Schlafmütze des Jahrgangs."
Fleurs Gesicht verdüstert sich. "Théo und ich haben uns gestritten", sagt sie. "Er ist eifersüchtig."
Ich vermute, nie hat jemand müder und irritierter dreingeschaut als ich. "Warum ist er eifersüchtig?"
Fleur setzt sich auf ihr Bett und fährt sich durch ihre lange Mähne. "Ein Neuer ist in unserer Lerngruppe und ich habe mich gemeldet, um ihm alles hier zu zeigen und zu erklären, wenn er Fragen hat, weil du als Vertrauensschülerin ja nicht da warst. Er ist ganz nett, aber die Unterhaltungen beruhen zum größten Teil auf Smalltalk."
"Warum kommt denn jemand mitten im Schuljahr hierher?", frage ich und setze mich zu ihr.
"Er ist aus Deutschland hergezogen", antwortet Fleur. "Sein Vater hat hier einen Job bekommen und wollte nicht allein nach Frankreich. Den Namen vergesse ich immer wieder, Luca oder so. Er läuft total komisch durch die Gegend, teilweise verschiedene Schuhe sogar, und putzt seine Brille nie. Und immer höflich zu allen Leuten, das muss man ihm lassen. Regt sich nicht auf, flucht nicht, schmollt auch nie. Der Kerl ist viel zu gut gelaunt für meinen Geschmack, aber Théo denkt trotzdem, dass ich mich in den Kerl verguckt habe", sprudelt Fleur. Sie sieht aus, als müsste sie die Tränen zurückhalten. Ich lege einen Arm um ihre Schultern.
"Das wird schon. Théo kriegt sich wieder ein und ich wette mit dir, in spätestens drei Tagen schenkt er dir einen großen Strauß Rosen zur Versöhnung. Das hat er bei Hannah immer gemacht, wenn sie sich mal gestritten haben. Der Typ ist ein furchtbarer Romantiker."
Flur nickt und wischt sich eine Träne von der Wange.
"Stimmt. Viel zu sülzig eigentlich."
Ich muss lachen.
"Du liebst doch Sülzen."
"Stimmt auch wieder."

Wie sich herausstellt, heißt der Neue in unserer Gruppe nicht Luca, sondern Mica. Mica Canavan. Und tatsächlich ist er genauso, wie Fleur ihn beschrieben hat: Freundlich, nie schlecht gelaunt und sieht total seltsam aus, trotz der Uniform. Aber über eines regt er sich dann doch auf: Die Stolperfalle von Lara und Johannes Baumeister, die die beiden für ihn aufgestellt haben, so offensichtlich, dass sogar ich sie bemerkt habe. Mica jedoch lief voll in das Teil hinein und ich musste ihn von den Mengen an Draht befreien, die sich um seine Beine gewickelt hatten.
"Total langweilig, der Kerl", beschwert Lara sich bei mir. "Nicht mal mit der Stolperfalle kommt der allein klar. Er hätte nur am Ende des Drahtes ziehen müssen, dann hätte der sich selbstständig gelöst und sich wieder aufgerollt."
"Aber man kann alles mit ihm machen", wendet Johannes ein, der ihre Bemerkung gehört hat, und lässt sich neben seine Schwester auf einen Stuhl fallen. Die beiden streiten sich halbherzig und ich lasse sie allein, um das Buch, das schon ein paar Wochen bei mir auf dem Schreibtisch gelegen hat, zurück an seinen Platz zu stellen.

 Mein magisches Leben und ich (Harry Potter FF) ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt