14. Kapitel

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Die nächsten Wochen geht Piérre mir aus dem Weg. Er sieht mich nicht an, spricht nicht mit mir. Das tut weh. Ich meine, erst küsst er mich beim Ball und jetzt beachtet er mich nicht mehr. Oder will mich nicht beachten.
Heute ist der 15. März, Beginn der Osterferien und wieder bleibe ich hier. Wir haben eine Masse Hausaufgaben aufgehalst bekommen. Die Lehrer faseln alle Mist, von wegen wir müssten schon für die Prüfungen arbeiten. So ein Quatsch. Die Prüfungen sind erst Mitte Juni, das sind noch drei Monate! Viiieeel Zeit! Aber nein, Hausaufgaben über Hausaufgaben. Zauberkunst, Verwandlung und Zaubertränke sind am schlimmsten. Je zwei Aufsätze zu einem beliebigen Thema, mindestens siebzig Zentimeter! Grauenvoll! Aber einen habe ich schon fertig. Immerhin.
Ich sitze (mal wieder) auf der Fensterbank und schaue nach draußen. Es regnet, wie so oft in letzter Zeit. Passt zu meiner Stimmung. Fleur, Hannah und Théo sind nach Hause gefahren, nur Béatrice und Piérre sind noch da.
"Hallo Clara", ertönt hinter mir eine schüchterne Stimme.
"Hallo Beatrice", antworte ich und drehe mich zu ihr um. Sie hat Pergament und ihre Feder in der Hand.
"Spielen wir Galgenmännchen?", fragt sie.
Hä?
"Was ist das für ein Spiel?", frage ich zurück.
"Ach, klar, du kennst es nicht. Komm her, ich erkläre es dir", sagt sie und setzt sich an einen Tisch. Ich rutsche von der Fensterbank und setze mich neben sie.
"Also. Ich suche mir ein Wort aus und male so viele Striche auf das Pergament, wie Buchstaben im Wort sind. Dann musst du Buchstaben raten. Wenn einer falsch ist, fange ich an den Galgen zu malen. Zuerst den Berg, dann der Galgen und als letztes das Männchen", erklärt sie.
Wir spielen das Spiel lange und viel, meistens gewinnt sie. Sie ist wirklich klug und nimmt immer die längsten Wörter mit den 'seltensten' Buchstaben. Am Ende hat sie etwa dreißig Punkte und ich fünf. Hm. Der Unterschied ist dann doch ein bisschen groß.
"Ich werde üben", verspreche ich ihr lächelnd und sie lacht. Das erste Mal sehe ich das bei ihr. Ich lache mit und klopfe ihr auf die Schulter. Dann stehe ich auf und gehe zum Abendessen. Ich setze mich nicht neben Piérre. Während ich esse, bemerke ich ab und zu seine Blicke. Aber wenn ich hochschaue, weicht er aus. Komisch.
Als er aufsteht, stehe ich auch auf und versperre ihm den Weg.
"Komm mit", sage ich und er folgt mir.
Ich führe ihn in einen Geheimgang, drehe mich um und er sieht mich fragend an. Ich stehe dicht vor ihm, so dicht, dass ich seinen Atem spüren kann. Lange stehe ich nur da und sehe ihn an. Zumindest kommt es mir lang vor. Dann nehme ich mein Herz in die Hand, stelle mich auf die Zehenspitzen und küsse ihn kurz. Ganz leicht nur. Dann bin ich schon wieder weg.

Zwei Wochen später sind die Ferien vorbei und Pierre und ich haben seither nicht mehr miteinander geredet. Aber es ist angenehmer als vorher, denn wenn unsere Blicke sich treffen, lächelt er sein schönes Lächeln und ich schaffe es mittlerweile auch, nicht mehr dabei rot zu werden.
Fleur, Hannah und Théo sind wieder da und mein Leben ist endlich wieder spannender. Fleur ist ganz braun geworden, sie war in Afrika. Théo hingegen schwärmt von Skifahren in den Pyrenäen und Hannah war in Australien bei ihrem Vater. Dort ist jetzt Herbst. Apropos Jahreszeit: Hier ist auch endlich richtig Frühling geworden, die ganze Wiese auf der Südseite des Geländes ist mit schönen Blumen bedeckt. Und doch sitze ich am letzten Ferientag im Gemeinschaftsraum und mache den letzten Aufsatz fertig. Verwandlung. Fünfzig Zentimeter hab ich schon, fehlen noch mindestens zwanzig. Hmpf. Ich würde gern draußen sein und Peter Pan weiterlesen. Das Buch ist unglaublich spannend, aber dieser Lord Ombra ist echt gruselig.
Fleur lässt sich neben mich auf einen Sessel fallen, als ich den letzten Punkt hinter meinen letzten Satz setze.
"Na, Streberin? Schon wieder am arbeiten?", fragt sie amüsiert.
"Nicht mehr. Und nenn mich nicht Streberin", antworte ich. "Hast du deine Aufsätze fertig?", frage ich sie.
"Klar, hab ich in Afrika gemacht, Dad hat mir geholfen. Sag mal, hast du Lust, mit mir und Hannah noch mal ins Dorf zu gehen? Ich meine, die Sonne scheint und du brauchst eindeutig neues Pergament und neue Federn. Und frische Luft", plappert sie.
Also schleifen meine beiden besten Freundinnen mich runter ins Dorf und verdonnern mich dazu, mir Pergament, Federn, neue Schokolade und ein neues Top für Ballett zu kaufen. Sie selbst brauchen das gleiche, denn wir sind alle drei gewachsen und Aufsätze nutzen den Vorrat an Material für die Schule ganz schön ab.
Um halb fünf schlendern wir lachend und Lollies lutschend wieder hoch zur Schule und setzen uns noch ein wenig auf die Wiese. Die beiden quetschen mich über die Ferien aus und besonders eindringlich sind die Fragen über Piérre. Sie wollen wissen, ob er mich wieder geküsst habe, ob ich wirklich in ihn verliebt bin und und und....ihr wollt nicht wissen, was noch alles. Abends nach dem Essen sitze ich wieder mit Beatrice an einem Tisch und spiele mit ihr Galgenmännchen. Ich bin schon besser geworden. Danach packe ich meine Schultasche und gehe um halb zehn ins Bett.

02. April
Der Tag in der Schule war verdammt anstrengend. Zuerst hatten wir Verwandlung, dann Arithmantik, dann Muggelkunde und als letztes Zaubertränke. Das klingt vielleicht einfach, ist aber verdammt anstrengend. Wir haben eine Masse Hausaufgaben, die Hälfte hab ich aber schon. Fleur fängt gerade erst an. Faulpelz. Und Hannah ist schon fertig. Streberin. Nein, Quatsch, es genügt vollkommen, wenn man jetzt anfängt. Man hat ja nicht jeden Tag jedes Fach. Vorhin hatten wir noch Tanzen, ich darf jetzt mit Spitzenschuhen anfangen. Es tut weh, macht aber Spaß. Ich fühle mich so schön, wenn ich tanze.
Beim Mittagessen saß ich neben Piérre. Er hat unter dem Tisch meine Hand genommen, sie gedrückt und nicht mehr losgelassen. Das war ein schönes Gefühl. Jetzt sitze ich mal wieder auf der Fensterbank und schreibe. Die Briefe für Grandpa und Liana liegen neben mir. Nur Liana weiß, dass ich Piérre geküsst habe. Nur sie. Grandpa habe ich auch nichts davon geschrieben, vielleicht erzähle ich es ihm irgendwann mal. Aber nur vielleicht.
Ach ja, was ich erzählen wollte: Es gibt hier endlich Kürbispasteten!  Ich hab das Gefühl, dass die Hauselfe Lizzie da ihre Fingerchen im Spiel hatte, sie weiß, dass ich die Dinger liebe.
Es ist jetzt 22:11, gleich werden wir wieder von Siebtklässlern angenörgelt, dass wir ins Bett müssen. Fleur sagt, ich soll schreiben, dass sie neben mir sitzt und meine Schokolade isst....Moment- meine? Warte kurz, die muss ich ihr mal eben abnehmen und selbst essen.
So. Meine Schoki hab ich zurück, die liegt schon ordentlich verdaut in meinem Magen. Jaaahaaa, ich geh ja schoon!! Siebtklässler-Alarm.

 Mein magisches Leben und ich (Harry Potter FF) ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt