In den nächsten Wochen gehe ich kaum nach draußen, und wenn doch, dann nur in Begleitung von Fleur und Hannah. Beinahe jede Nacht habe ich Alpträume von dem Werwolf, der mich verfolgt und manchmal sogar tötet. Blut scheint in jedem Traum die Hauptrolle zu spielen.
"Clara, du musst mal wieder nach draußen. Schon seit drei Wochen hockst du nur herum und starrst aus dem Fenster", startet Fleur in einer Mittagspause im November den Versuch, mich nach draußen zu bringen. Ich schüttele den Kopf und widme mich wieder meinem Essen.
"Komm schon", schaltet sich jetzt auch Beatrice ein, "es ist total langweilig ohne dich. Und außerdem hängt kaum noch Laub an den Bäumen. Du hast doch gesagt, dass das in deinem Traum so ist!" Ich schüttele trotzdem den Kopf und stochere in meinem Salat herum. Hannah legt stumm einen Arm um mich. Sie versteht mich mal wieder als einzige.
Was, wenn ich mich geirrt habe und in meinem Traum die Bäume doch kahl waren?
Was, wenn ich rausgehe und sofort von diesem Biest verfolgt werde?
Was, wenn...
Immer wieder stelle ich mir in Gedanken diese Frage, wochenlang, monatelang. Meine Angst verschwindet nicht, im Gegenteil, sie wird größer. Die Alpträume werden schlimmer und immer öfter liege ich nächtelang wach, nicht selten in der Versuchung, nach draußen in den Wald zu gehen und es hinter mich zu bringen. Zum Werwolf werde ich so oder so, egal, ob jetzt oder in ein paar Monaten.Verteidigung gegen die dunklen Künste. Neuerdings mein Lieblingsfach. Nicht. Anfang Dezember verkündet uns Professor Schmidt (er ist Deutscher), dass wir Werwölfe noch einmal genauer durchnehmen werden. Hurra.
Meine Alpträume sind durch dieses zusätzliche Wissen nur noch schlimmer geworden. In den Träumen höre ich dann Schmidts Stimme, die so etwas sagt wie: "Die Verwandlung vom Menschen zum Werwolf ist für die betreffende Person in jedem Fall mit extremen Schmerzen verbunden."
Na super. Ich freu mich schon drauf. Immer öfter liege ich nachts wach und höre diese Stimme in meinem Kopf, während der Traum noch einmal und immer wieder an mir vorbeizieht. Grauenhaft.
Fleur hat mir einen Zauber gezeigt, der meine Augenringe unsichtbar macht, aber nach zwei Stunden wieder nachlässt. Nicht viel, aber immerhin besser als gar nichts.Manchmal merke ich, dass ich mich immer mehr zurückziehe, weniger rede, manchmal sogar ein paar Stunden schwänze, was natürlich jedes Mal wieder mit Nachsitzen verbunden ist. So weit es geht, stehen meine Freunde mir zur Seit und versuchen immer wieder, mich aufzumuntern.
Am vierzehnten Dezember erreicht mich willkommene Ablenkung: die Vorbereitung für den Weihnachtsball. Ich fasse mir ein Herz und vergesse endlich, dass Pierre mich betrogen hat. Das habe ich die letzten Monate mitsamt des Traumes mit mir herumgeschleppt. Und ich bin überrascht, wie leicht vergessen sein kann.
"Danke", murmelt Pierre, als ich ihm das erklärt habe, und sieht sehr erleichtert aus.
"Freunde?", frage ich.
"Freunde", erwidert er, noch erleichterter.
Man kann es natürlich nicht als allerbeste Freundschaft bezeichnen (um eventuell empörte Leser zu beruhigen ;] @labelllooo), aber ich kann es nicht ab, mit Leuten zu arbeiten, mit denen ich mich gestritten und noch nicht wieder versöhnt habe.
"Also, zuerst die Deko im Speisesaal", beginne ich und ziehe den Plan, den Madame Maxime mir gegeben hat, zu mir heran. "Es stehen zur Verfügung: Tannenbäume mit dazugehörigem Schmuck, vereiste Statuen - kleine und große in allen möglichen Formen -, Schneeflocken-Girlanden für Wände, Bühne des Orchesters und Bänke, von der Decke fallender, künstlicher Schnee, schwebende, von selbst bimmelnde Glöckchen, durch die Burg fliegende Eisfeen und Mistelzweige, die ein Pärchen erst wieder gehen lassen, wenn die entsprechenden Personen sich geküsst haben. Zu kitschig, wenn du mich fragst."
"Also, die Mistelzweige
würde ich drin lassen, aber die Feen und die Glöckchen müssen raus", meint Pierre. Ich nicke und streiche Feen und Glöckchen durch.
"Aber alles kann nicht drin bleiben, das wird zu voll", überlege ich laut.
"Vielleicht die Girlanden nicht überall hin, sondern nur an die Wände", sagt Pierre.
"Das ist gut", antworte ich und streiche 'Bühne des Orchesters' und 'Bänke' ebenfalls. "Das passt dann so. Der Ablauf des Balls so wie jedes Jahr?" Pierre nickt und ich kreuze das Feld 'so wie jedes Jahr' auf dem Plan an. "Gut. Das Schmücken der Halle ist am zwanzigsten, also übermorgen und gleichzeitig am Beginn der Ferien. Bleibst du dieses Jahr hier?"
"Meine Eltern müssen unser Haus renovieren und können mich dabei nicht gebrauchen. Also muss ich wohl bleiben", erklärt er.
"Gut", nicke ich. Dann, nach kurzem Schweigen, fällt mir etwas ein: "Ach ja, nur, weil du mit Felicie schon wieder Schluss gemacht hast, heißt das nicht, dass ich sofort wieder mit dir zusammen sein will. Ich sehe doch an deinem Blick, dass du mich danach die ganze Zeit schon fragen willst. Und meine Antwort lautet ganz klar: nein. Pierre, ich weiß, dass du mich liebst, aber ich weiß auch, dass ich dich nicht liebe. Lass uns einfach Freunde sein, ja? Ich möchte das ganze unschöne Desaster einfach vergessen. Schlusstrich, und zwar mit Adlerfeder, nicht mit Spatzenfeder. In Ordnung?"
Pierre nickt betreten. Dann steht er auf und verlässt ohne ein Wort den Raum. Ich schüttele den Kopf, packe meine Sachen zusammen und gehe zum Gemeinschaftsraum. Aus der Vertrauensschülerwohnung bin ich inzwischen ausgezogen.
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Mein magisches Leben und ich (Harry Potter FF) ✔️
FanfictionDieses Buch erzählt die Geschichte von Clara Cecily Dumbledore, Albus Dumbledores Enkelin. Schon zu Anfang ihrer Schulzeit in Hogwarts ist sie zusammen mit ihrer besten Freundin Liana Sphinx die Beste ihres Jahrgangs und wird deswegen in den Süden F...