36. Kapitel

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Ich bin noch im Halbschlaf, als plötzlich etwas an mein Fenster klopft. Mühsam komme ich auf die Beine (ich habe eine Nacht als Wölfin hinter mir) und öffne das Fenster - für eine Eule mit einem Brief am Bein. Hektisch und mit fahrigen Fingern knote ich ihn ab und sie fliegt wieder davon.
Vom Ministerium, bitte vom Ministerium...
Doch der Brief ist nur von Hannah. Beinah enttäuscht lasse ich mich wieder auf mein Bett sinken. Als ich jedoch die von Tränen verwischte Schrift Hannahs sehe, ist die Enttäuschung sofort verschwunden.

Liebe Clara,
Ich weiß nicht, wie ich das jetzt aufschreiben soll. Am liebsten würde ich nach Hogwarts zu dir apparieren, um es dir persönlich zu erzählen, wenn ich könnte. Theo hat Schluss gemacht. Einfach so, ohne Vorwarnung oder Gründe. Der Brief kam jetzt gerade erst an, nur einen Satz hat das Arschloch geschrieben, ohne Begrüßung oder Abschiedsgruß. Ich weiß, dass er jetzt in Ägypten ist, aber er hat mir die Adresse nicht verraten. Du musst mir helfen, Clara, ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich kann ihm nicht schreiben, wegen der Adresse. Apparieren kann ich nicht, um ihm eine zu scheuern oder ihn anzuschreien. Meine Eltern haben mich mit meinem kleinen Bruder für ein Wochenende allein zu Haus gelassen, also kann ich mich bei niemandem ausheulen, der mich versteht. Du bist meine beste Freundin (mit Fleur natürlich, aber die hat schon genug Probleme). Was soll ich denn jetzt machen? Kannst du mir helfen?
Hab-dich-lieb-Grüße,
Hannah

Fassungslos lasse ich das Pergament sinken. Theo? Mit Hannah Schluss gemacht? Niemals. Die beiden waren so glücklich zusammen! Zuletzt habe ich sie an meinem letzten Tag in Beauxbatons gesehen, Händchen haltend und total glücklich. Und aus Hannahs Brief kann man klar entnehmen, dass sie bis zu den Ferien auch noch keine Probleme hatten. Vielleicht hat er ja in Ägypten ein anderes Mädchen kennengelernt? Vielleicht hat er auch gemerkt, dass er Hannah nicht mehr liebt... Nein, das kann nicht sein. Dann hätte er sich nicht so kurz gefasst. Ich kenne ihn, das würde er nicht tun, obwohl er nicht der Typ für emotionale Ausbrüche ist. Er hätte einen verständlichen, vernünftigen Text voller Entschuldigungen geschrieben. Er hätte Hannah gebeten, nicht zu traurig zu sein und ob sie nicht Freunde bleiben könnten. Und verstanden hätte sie ihn, da bin ich mir absolut sicher. Aber so... ich habe keine Ahnung. Aber ich setze mich trotzdem, noch im Nachthemd, hin und schreibe meiner besten Freundin zurück. Ich ermutige sie, ihm nach den Ferien zu einem klärenden Gespräch zu überreden und rate ihr, sobald ihre Familie nicht im Haus ist, ihrem Frust freien Lauf zu lassen, solange es den Möbeln nicht schadet. Und möglichst viel Schokolade zu essen.

Ich binde den Brief Mila ans Bein und schicke sie damit nach Frankreich. Zum Glück wohnt Hannah im Norden dieses Landes, Mila wird also nur höchstens zwei Tage unterwegs sein. Gerade, als ich das Fenster wieder schließen will, flattert eine andere Eule herein. Der Brief, den sie dabei hat, sieht wesentlich förmlicher aus als der von Hannah. Abwesend binde ich ihn los, in Gedanken bin ich immer noch bei meiner besten Freundin. Ich schlitze den Umschlag auf und falte das Pergament auseinander.

ERGEBNIS DER ZAUBERERGRAD-PRÜFUNGEN

Bestanden mit den Noten:
Ohnegleichen  (O)
Erwartungen übertroffen (E)
Annehmbar (A)

Nicht bestanden mit den Noten:
Mies (M)
Schrecklich (S)
Troll  (T)

CLARA CECILY DUMBLEDORE hat folgende Noten erlangt:
Astronomie: O
Pflege magischer Geschöpfe: O
Zauberkunst: O
Verteidigung gegen die dunklen Künste: O
Arithmantik: O
Kräuterkunde: O
Geschichte der Zauberei: E
Zaubertränke: E
Verwandlung: O
Alte Runen: E
Muggelkunde: O

Ich lese das Papier mehrere Male durch, und mit jedem Mal wird mir leichter ums Herz. Ich habe alle Fächer mit den Noten bestanden, die ich für eine Ausbildung zur Medimagierin brauche.
Bestanden.
Bestanden.
Bestanden.
Entweder bin ich ein verdammt großer Glückspilz oder das viele Büffeln hat sich gelohnt. Ich tippe auf die erste Variante.
Bei Merlins Bart. Ich kann meinen Zukunftswunsch verwirklichen.

Ein paar Minuten später klopfe ich atemlos und noch mit völlig zerzausten Haaren bei Grandpa an die Tür.
"Herein!"
Ich öffne die Tür und lege ihm das Pergament auf den Tisch. Während er liest, lasse ich mich, innerlich Luftsprünge machend, auf den Stuhl ihm gegenüber sinken und versuche meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen.
"Alles bestens! Großartig, kleines!" Grandpas kluge Augen blitzen im wärmsten Blau durch die Halbmondbrille, als ob er den Himmel in den Augenhöhlen hätte und nicht Augen. Grandpa steht auf, kommt um den Tisch und umarmt mich.

 Mein magisches Leben und ich (Harry Potter FF) ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt