24. Kapitel

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"Streberin, warte mal!", ruft jemand hinter mir her. Ich drehe mich um. Enzo kommt auf mich zu.
"Gehst du mit mir zum Ball? Ich will Hannah eifersüchtig machen."
Ich blicke ihn vorwurfsvoll an. Das scheint alles zu sagen, denn er macht sofort einen Rückzieher.
"Quatsch, nur Spaß. Gehst du mit mir zum Ball?"
"Nein. Ich habe schon einen Partner."
"Ach ja? Wen denn?", fragt er und tut interessiert.
"Das geht dich nichts an", blaffe ich.
"Ach komm schon. Sag's mir", bettelt er.
"Nein", sage ich stur und lasse ihn stehen. Ich habe tatsächlich schon einen Partner: Felix Rougier, der Bruder von Ariélle. Im Gegensatz zu ihr ist er nett und sieht auch ganz gut aus. Er ist einer der wenigen, die mich nicht als Streberin bezeichnen. Er hat goldblonde Haare, strahlend blaue Augen, etwas heller als meine, und eine Masse an Muskeln. Und er ist der Kapitän der Quidditch-Mannschaft von Beauxbatons. Wir haben uns kennengelernt, als wir in Arithmantik für ein gemeinsames Projekt eingeteilt wurden.

***

"Für dieses Projekt arbeiten Sie mit Partnern. Ich möchte am Ende des Monats von allen sieben Rollen Pergament, von beiden Seiten beschrieben, über ein beliebiges Thema der Arithmantik sehen. Es arbeiten gemeinsam: Fleur Delacour und Théo Petit ..." Fleur gesellt sich erleichtert zu Théo. "... Hannah Marchand und Enzo Leblanc ..." Hannah neben mir versteckt stöhnend das Gesicht hinter ihren Händen. "... Clara Dumbledore und Felix Rougier ..." Ich blicke mich um. Ich kenne Felix nur vom Sehen, da er in einer anderen Lerngruppe sitzt. Er nickt mir freundlich zu und kommt einige Minuten später zu mir, nachdem Hannah schlecht gelaunt zu Enzo abgezogen ist.
"Hallo", sagt Felix.
"Hallo", grüße ich zurück.
"Ich glaube, wir wurden uns noch nicht richtig vorgestellt. Ich bin Felix", sagt er und streckt mir die Hand hin. Ich ergreife sie: "Clara", stelle ich mich vor. Felix mustert mich mit einer Art von wachem Interesse und ungewohnter Intensität, bei der ich rot werde und den Blick abwenden muss. Endlich lässt er meine Hand los.
"Gut. Was für ein Thema wollen wir bearbeiten?", frage ich. Felix zuckt mit den Schultern: "Schlag was vor, von mir kannst du nichts positives erwarten. Ich bin nicht unbedingt gut in Arithmantik."
"Na super", murmele ich und ziehe mein Buch zu mir heran. "Okay, Zufallsprinzip. Ich blättere, du sagst stopp", erkläre ich und schlage das Buch auf. Nach einiger Zeit sagt Felix "Stopp" und ich höre auf zu blättern.
"Zahlenmystik. Das ist einfach. Hast du den Teil verstanden?", frage ich meinen Partner. Zu meiner Erleichterung merke ich, dass sein Gesicht sich aufgehellt hat.
"Ja, den Part finde ich sehr interessant. In dem Tests dazu hatte ich ein gutes E, glaube ich."
Unsere Professorin bleibt vor uns stehen.
"Haben Sie ein Thema?", fragt sie. Ich nicke.
"Wir haben uns per Zufall für den Bereich Zahlenmystik entschieden", antwortet Felix.
"Sehr gut, Sie beide sind die ersten mit diesem Thema. Sie dürfen sich den Rest der Stunde selbstständig beschäftigen." Die Lehrerin geht weiter.
"Ich würde gern etwas mehr über dich herausfinden", sagt Felix. "Eine Frage ich, eine Frage du, so langweilig und vorhersehbar wie möglich. Fang du an." Ich nicke und muss nicht lang überlegen: "Wie alt bist du?"
"Sechzehn. Wie alt bist du?"
"Fünfzehn. Woher kommst du?"
"Aus Saint Malo. Du?"
"Hogwarts."
Aus dem etwas gespannten Spiel entspinnt sich bald ein lockeres Gespräch und ich merke schnell, dass ich Felix eine vertraute Zuneigung entgegenbringe, als wären wir schon lange befreundet. Zwischendurch und auch während unserer Zusammenarbeit im Laufe des Monats sieht er  mich manchmal an, wie Pierre mich oft angesehen hat, mit einem Blick, in dem man Liebe, Zärtlichkeit und etwas Undefierbares erkennen kann. Und ich muss (vermutlich zum Missfallen der Lektorin) zugeben, dass bei diesem Blick neuerdings Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen und ich die Farbe eines Redieschens annehme.

***

Am Abend sitze ich im Gemeinschaftsraum und mache Hausaufgaben. Wahrsagen haben Fleur, Beatrice und ich entschieden nach dem vierten Schuljahr abgewählt. Es war unfassbar langweilig. Die Professorin hätte die Zwillingsschwester von Trelawney sein können, vom Unterricht her. Furchtbar.
Als ich den letzten Punkt an meinen Aufsatz für Arithmantik setze, setzt sich Fleur neben mich.
"Hast du Hannah gesehen?", fragt sie.
"Nein, aber vorhin meinte sie, es wäre ihr hier zu laut und sie würde in die Bibliothek gehen. Kurz nach ihr ist Théo auch verschwunden", antworte ich und beginne mit den Aufgaben für Muggelkunde.
"Du machst Muggelkunde? Das haben wir doch erst nach den Ferien wieder", sagt Fleur und betrachtet skeptisch meine Pergamentseite, die ich schon fast vollgeschrieben habe. Ich zucke die Schultern. Bis nach den Ferien habe ich die Hausaufgabe wieder vergessen und dann gibt es wieder Strafarbeiten. Und darauf habe ich keine Lust.
"Komm, wir gehen sie suchen", sagt Fleur und zieht mich entschlossen hoch. "Lass die Aufgaben Aufgaben sein. Ich habe da einen Verdacht, was Hannah und Théo angeht."
Bei ihren Worten muss ich grinsen. "Weißt du, wo wir sie suchen sollen?"
"Nee."
"Okay. Du suchst in der Richtung, ich in der. In einer halben Stunde wieder hier", ordne ich an. Fleur nickt und verschwindet nach links. Ich gehe nach rechts und beginne, in jeden Klassenraum kurz hineinzuschauen. Nach nur zehn Minuten hat meine Suche Erfolg: ich höre Stimmen. Ich folge ihnen und merke bald, dass es tatsächlich die von Hannah und Théo sind. Vorsichtig schaue ich in einen Klassenraum und sehe, dass die beiden dicht nebeneinander auf einem Tisch sitzen und nach draußen blicken. Théo hat einen Arm um Hannah gelegt und sie schmiegt sich dicht an ihn. Er sagt leise etwas, worauf sie den Kopf hebt und die Hände in seinen Nacken legt. Dann zieht sie ihn zu sich herunter und küsst ihn. Ein breites Lächeln legt sich über mein Gesicht. Ich sehe auf die Uhr und merke, dass ich nur noch ein paar Minuten habe. Leise ziehe ich mich zurück und laufe los, sobald ich außer Hörweite bin. Gerade rechtzeitig komme ich an Fleurs und meinem Treffpunkt an, sie selbst wartet schon.
"Ich habe nichts gefunden. Du?", frag sie mit enttäuschtem Gesichtsausdruck. Ich grinse und bedeute ihr, mir leise zu folgen. Als wir den Raum erreichen, luge ich kurz durch den Türspalt.
Ja, sie sind noch da, eng miteinander verschlungen. Ich trete leise zurück und deute auf die Tür. Fleur linst ebenfalls durch die Lücke. Sie schlägt die Hand vor den Mund und muss sich nach einigen Sekunden aus der Hörweite bringen, damit sie ein Quietschen ausstoßen kann. Freude strahlt aus ihren Augen und ich schätze, das sieht bei mir genauso aus. Gemeinsam laufen wir zurück zum Gemeinschaftsraum. Lachend werfen wir uns in die Sessel am Kamin und warten darauf, dass Hannah wiederkommt. Nach einer Viertelstunde öffnet sich die Tür und sie kommt mit geröteten Wangen und verdächtig glänzenden Augen herein. Fleur guckt sie vielsagend an, ich springe auf und umarme sie.
"Ihr habt uns gesehen?", fragt Hannah, nachdem ich sie losgelassen habe.
"Offensichtlich", antwortet Fleur lächelnd, dann steht sie auch auf und umarmt Hannah. Diese lächelt verträumt und lässt sich in einen Sessel fallen. Fleur und ich setzen uns neben sie auf die Armlehnen.
"Kann er gut küssen?", frage ich. Hannah nickt und wird tomatenrot.
"Du bist niedlich, wenn du verliebt bist", stellt Fleur fest.
(sorry labellloo, ich muss dich leider n bissl triezen ;D es macht zu viel Spaß)
Hannah lacht und ihre Röte verebbt wieder.
Wieder öffnet sich die Tür und Théo betritt den Raum. Hannah springt auf und schlingt ihm die Arme um den Hals. Er küsst sie.
"Meine Güte", meint Fleur (berechtigt), "als ob die sich vor drei Jahren das letzte Mal gesehen hätten!" Ich stimme ihr zu und schnappe mir mein Buch vom Tisch, das ich vorhin dort liegen lassen habe. Ich rutsche in den Sessel, lege die Füße auf den Tisch und beginne zu lesen.
"Leseratte", brummt Fleur, greift sich aber ebenfalls ein Buch.

 Mein magisches Leben und ich (Harry Potter FF) ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt