Ich stöpselte mir meine Kopfhörer in die Ohren und ließ irgendeinen Rap laufen, der mich von meinen Gedanken ablenken sollte.
Ich lief das Treppenhaus hinunter und aus der Lobby, bis ich die kühle Morgenluft New Yorks einatmen konnte. Ich nahm einen tiefen Atemzug und ging dann um die Ecke, wo zu meinem Glück ein Coffeeshop lag.
Mit einem brühend heißen Kaffee in der Hand machte ich mich zur U-Bahn auf, die nur zwei Blocks entfernt lag. Die vielen gelben Taxis waren zu teuer, um jeden Tag damit zur Arbeit zu fahren.
Ich ließ den Wind, den die zahlreichen Autos erzeugten, durch meine Haare streichen und beobachtete die Geschäftsleute, die an mir vorbeizogen.
In der U-Bahn war es immer dasselbe. Die meisten Leute, die so früh fuhren, waren Geschäftsleute, in Anzug und Krawatte oder einem engen Cocktailkleid. Sie lasen Zeitung oder ein gutes Buch.
Dann gab es noch die Straßenmusiker, die mit ihren Instrumenten dasaßen und noch halb schliefen oder ihre Lieder summten.
Und zu guter Letzt die Verkäufer, Frisöre und so weiter. Die Mittelschicht eben. Sie hörten Musik, wippten ihre Beine im Takt und hatten die Augen geschlossen.
Ich stieg bei meiner Station aus, nahm noch einen Schluck von meinem Kaffee und machte mich dann auf den Weg zu dem Hochhaus, in dem ich arbeitete.
„Miss Waitford, guten Morgen!" begrüßte mich Amanda, die Empfangsdame. Ich lächelte ihr zu, versicherte ihr wie jeden Morgen, dass sie mich Sky nennen dürfte und ließ sie meinen Mantel abnehmen.
„Dorothy hat dir ein paar Unterlagen auf den Tisch gelegt." Informierte sie mich, bevor ich zu meinem kleinen Büro ging.
Auf meinem gläsernen Schreibtisch lagen einige Zettel. Drei Artikel, die Dorothy mir zum Korrekturlesen hingelegt hatte und dann eine Notiz, auf der stand:
Morgen Abend 19:00 Uhr, Restaurant Le Rouge in Manhattan, Interview mit Mace Jackson.
Bereite dich gut vor, er ist ziemlich schlagfertig. Frag ihn über seine Kindheit, das Studium und seinen Partner Emil Wilk. Viel Glück!
Ich lächelte, meldete mich an meinem Computer an und begann erst mal, die Artikel zu lesen und sie erneut abzutippen, bevor ich sie layoutete und an die Druckabteilung schickte, die sie in die nächste Ausgabe einfügen würden. Dann googlete ich und informierte mich über diesen Mr. Jackson.
In der Mittagspause setzte ich mich wie immer mit Lola und Francine, zwei Kolleginen, an einen Tisch. Lolas Lockenkopf grinste mich schon von weitem an. „Wir haben gehört, du hast ein Interview mit Mace Jackson." Meinte die blonde Francine verschwörerisch. Ich lachte auf und nickte, schob mir einen Bissen der Spaghetti in den Mund.
„Ich beneide dich! Er ist anscheinend richtig dominant und einschüchternd. Aber auch unglaublich heiß." Lola tagträumte mal wieder und nippte an ihrem Apfelsaft. „Ich hab eher Angst, ich meine, das ist mein erstes Interview." Gab ich zu.
Francine schüttelte lachend den Kopf. „Das musst du nicht, bereite einfach nur deine Fragen gut vor und lass dich nicht einschüchtern." - „Danke dir. Apropos Männer, Lola?" ich wackelte schmunzelnd mit den Augenbrauen. Damit spielte ich auf ihren Fast-Freund an, von dem sie uns jeden Tag vorschwärmte.
Der braune Lockenkopf seufzte auf und fuchtelte nervös mit den Händen. „Ich muss ihn noch zappeln lassen. Gestern Nacht hat er mir geschrieben, dass das Bett ohne mich so leer ist, aber ich muss einfach hart bleiben, sonst denkt er, ich bin leicht zu haben." Verträumt biss sie in ihr Brötchen.
Francine und ich warfen uns einen zweideutigen Blick zu, dann prusteten wir los. „Er will dich, Lo. Dann gib ihm die Chance, bevor er aufgibt." Meinte Francine mit einem allwissenden Blick.
Gerade, als ich antworten wollte, läutete mein Handy. Ich warf den Mädels einen entschuldigenden Blick zu und ging ran.
„Jace?" fragte ich überrascht. „Komm vor die Tür, Süße." Hauchte er ins Telefon. Verwirrt blickte ich mich in der Cafeteria um. Er war doch nicht wirklich hier, oder?
„Bist du etwa hier?" lachte ich und machte mich auf dem Weg zur Eingangshalle. „Nein, nur mein Geist." Ich hörte sein Grinsen förmlich.
Sobald ich die Steinfließen des Foyers betrat, sah ich den schwarzhaarigen Jungen auch schon. Er hatte seine Haare nur mit ein wenig Gel in Form gebracht, sein schwarzes Shirt ließ seine Muskeln hervortreten und die helle Jeans zeigte seine Wadenmuskulatur. Mit seinem Zahnpastalächeln sah er mich an.
„Schönen Mittag, Prinzessin." Lachte er. Ich rannte auf ihn zu und er schloss mich direkt in die Arme. „Was machst du hier?", verdattert sah ich ihn an.
„Naja, ich wollte dich sehen." er legte seine Stirn gegen meine und sah direkt in meine Augen. Seine blauen Augen drohten, mich zu durchbohren.
Liz und ich hatten Jace einige Monate zuvor auf einer Party kennengelernt. Er war wirklich nett, wir verstanden uns blendend.
In einer betrunkenen Nacht hatten wir mal rumgemacht, doch sobald seine Hände unter mein Kleid wollten, hatte ich ihn weggeschubst und ihm erzählt, ich hätte zu Hause in Chicago einen Freund.
Das hatte ich allen Jungs erzählt, die mich irgendwie angemacht hatten. Einfach, weil ich immer noch das Gefühl hatte, Kailyn zu betrügen. Auch, wenn er mich verlassen hatte und verschwunden war. Ich liebte ihn immer noch, mehr als je zuvor sogar. Und das, obwohl niemand ihn seit dieser Ballnacht vor über zwei Jahren gesehen hatte.
Einzig mit Sam hatte ich ein paar Wochen lang was am Laufen gehabt, er studierte mit mir. Wir hatten aber auch nicht miteinander geschlafen, ich hatte es nicht geschafft. Also war dann nach ein paar Dates auch wieder Schluss gewesen.
„Ich hab dir außerdem was zu essen mitgebracht." Meinte Jace stolz und lächelte mich süß an. Er holte eine Schachtel von seinem Rücken hervor, in der sich anscheinend ein Tortenstück verbarg.
„Du bist der Beste!" rief ich aus und umarmte ihn nochmal. „Sehen wir uns dann heute Abend im Club?" ich nickte, bevor er sich mit einem Kuss auf meine Wange verabschiedete.
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Falls es jemandem unklar ist, weil Jace ihr so nahe war: Sky ist single. Jace will zwar was von ihr, aber er denkt eben, dass sie in Chicago einen Freund hat. Nur, damit keine Missverständnisse entstehen. :)
Bis bald! xx
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Ich verlass dich nicht
Teen Fiction-- Teil 2 von Skys und Kailyns Geschichte -- -- Erster Teil 'Verlass mich nicht' -- Zwei Jahre sind vergangen, seitdem Kailyn Sky verlassen hat. Er hatte in dieser Nacht seine Koffer gepackt und war verschwunden. Weder Elle, noch Dylan, noch Sky ha...