Kapitel 5 - Erstarrt

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Ich erstarrte. Meine Welt schien mit einem Mal in sich zusammenzubrechen. Mit einem Mal wurde mir schwindelig, mein Magen drehte sich um.

Ein grünes Augenpaar schaute genau in meine. Ein Augenpaar, welches ich seit über zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ein Augenpaar, dem ich früher immer die Launen der Person entnommen hatte. In dem ich immer so viel Liebe gesehen hatte.

Ich konnte mich weder bewegen, noch atmen. Nicht einmal blinzeln konnte ich. Doch ihm schien es genauso zu gehen, er starrte mich mit einem undefinierbaren Blick an, stand steif da.

Er hatte sich nicht großartig verändert, seine Augen waren dunkler geworden und seine Arme noch ein Stück muskulöser. Seine Lippend kamen mir noch voller vor, die Wangenknochen noch markanter. Es war auch der Ansatz eines Dreitagebarts zu sehen.

„Darf ich vorstellen, mein Bruder. Kailyn O'Neill." Er wandte sich an Kailyn. Dieser fing sich langsam, schluckte einmal und presste dann das Kiefer aufeinander. Er streckte langsam seine Hand aus, welche ich in Zeitlupe annahm.

„Sky Waitford." Flüsterte ich beinahe. Seine Hand war weich, aber immer noch so kräftig wie damals. Seine Augen bohrten sich immer noch in meine.

In seinem dunklen Grün lag Angst, ein wenig Schmerz und auch irgendwie Aufregung. Es wunderte mich, dass ich nach all der Zeit noch in seinen Augen lesen konnte.

Ich schluckte und bemerkte erst jetzt, was Mr. Jackson da gesagt hatte. Bruder? Kailyn war sein Bruder? Er ließ meine Hand los und wendete seinen Blick mit Mühe ab.

Die beiden Männer setzten sich mir gegenüber, ich ließ meinen Blick auf den Tisch schweifen. Ich atmete tief durch, schloss kurz die Augen. Ich durfte das nicht versauen, es war meine Chance auf einen eigenen Artikel, ich hatte die Chance, Mace Jackson zu treffen.

Mein Magen schmerzte, meine Kehle war wie zugeschnürt und meine Beine wurden heiß. Ich hatte das Gefühl, ich wurde sie gar nicht mehr spüren. Mit einem Mal, mit Kailyns Blick, wurde ich so schrecklich müde. So schrecklich traurig und gleichzeitig unglaublich wütend. Alles in mir tat weh, ich schwitzte sofort und konnte nur stoßartig atmen.

„Ms. Waitford? Alles in Ordnung? Sie sind so blass." Drang Mr. Jacksons Stimme an mein Ohr. Ich sah auf meine Hände, die zitterten, verschränkte sie miteinander und sah auf. „J-Ja. Alles gut." Sagte ich schnell, sodass Kailyn mich intensiv ansah.

Er wusste, dass ich log. Er riss sich zusammen, atmete durch und sah dann zu seinem Bruder. „Sie sind also Brüder?" fragte ich so beiläufig wie möglich.

Meine Haut kribbelte, als Kailyn seinen Blick wieder auf mich legte. Seine Finger tippten nervös auf den Holztisch. Ich jedoch schaffte es mit viel Kraft, Mr. Jackson in die Augen zu sehen.

„Ja, ich weiß zwar erst seit einem guten Jahr davon, aber... wir sind Halbbrüder." In meinem Kopf setzte sich alles zusammen. Kailyns Vater musste vor Erica eine andere Frau gehabt haben, mit der einen Sohn bekommen hatte.

„H-Haben Sie den gleichen Vater oder...?" fragte ich ein wenig zu neugierig. Kailyns Augen blitzten auf, als er bemerkte, dass ich mich immer noch für ihn interessierte. Er leckte sich über die Lippen und nickte dann.

„Ja. Wir haben denselben Vater, aber unterschiedliche Mütter." Seine Stimme war tiefer geworden, nur ein bisschen, aber merklich. Meine Nackenhaare stellten sich auf, der Klang seiner Stimme war wie der Himmel für mich. Er biss seine Zähne wieder aufeinander und sah auf seine Finger.

„Na gut, wollen wir beginnen?" fragte der große Bruder da und sah mich herausfordernd an. Er schüchterte mich ein. „N-Natürlich. Also..." ich hatte meine Fragen im Kopf gehabt, doch Kailyn hatte gerade alles durcheinandergebracht.

Ich verlass dich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt