Kapitel 23 - Erste Schritte in eine Zukunft ohne den High-School-Freund

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Nachdem ich ein paar Artikel für die Spezialausgabe zum Weltfrauentag in ein paar Wochen korrigiert hatte, war es schon Zeit fürs Mittagessen. Ich hatte eigentlich wenig Hunger, doch freute mich dennoch darauf, Lola und Francine wiederzusehen.

Wir saßen an unserem üblichen Tisch am rechten Ende der Cafeteria. Lola hatte bereits ein breites Grinsen aufgesetzt, als ich die Brokkolisuppe löffelte.

Francine sah sie abwartend an, doch Lo's Lockenkopf blätterte eine Zeitung durch und machte keine Anstalten, uns zu erzählen, weshalb sie so grinste.

„Sollen wir es aus ihr herauskitzeln?", fragte Francine und sah mich gespielt ernst an. Ich lachte auf. „Wäre gar keine schlechte Idee."

Lola sah endlich hoch und murmelte ein: „Es könnte sein, dass ich vergeben bin", sodass wir es geradeso verstehen konnten. „Wirklich?" brach es aus mir heraus und ich sah sie erfreut an. „Ja!" kreischte sie und zeigte uns ihre linke Hand, die sie bis eben noch unter dem Tisch gehabt hatte.

Am Ringfinger prangte ein kleiner Diamantring in Silber. „Wow, hat er dir direkt einen Antrag gemacht?" Francine staunte. Lola lachte auf und schüttelte den Kopf, wobei ihre Locken in ihre Stirn fielen.

„Das ist ein Ring des Versprechens. Das Versprechen, dass er es wirklich ernst meint" sie strahlte über beide Ohren.

Ich freute mich für sie, sie schien richtig glücklich zu sein. Während Francine und sie sich noch über den frischgebackenen Freund unterhielten, dachte ich nach.

Wenn ich wirklich mit Kailyn abschließen wollte, würde ich alles von ihm löschen müssen. Die Bilder, die Erinnerungen. Doch das konnte ich womöglich nur tun, indem ich mich auf jemand neuen konzentrierte.

Aber sollte dieser neue Mensch denn wirklich Kailyns Halbbruder sein? Ich konnte Mace nicht verheimlichen, was zwischen Kailyn und mir passiert war, doch würde er mich noch wollen, wenn er es wissen würde? Wollte ich ihn überhaupt?

Meine Gedanken schlugen Purzelbäume und überforderten mich, weshalb ich missmutig die Suppe in mich reinlöffelte.

Ich ging wieder in mein Büro, wo weitere Artikel auf meinem Tisch lagen, bereit um gelayoutet und korrigiert zu werden. Dorothy schätzte es, dass ich mich so in die Arbeit stürzte, sie nutzte es aus. Doch ich war zufrieden damit, so konnte ich mich zumindest ablenken.

Als ich gegen 18:00 Uhr aus dem Gebäude zur U-Bahn ging, war ich völlig fertig. Ich hatte insgesamt neun Artikel ausgebessert, wieder neu getippt und sie mit Bildern versehen, dann an die Druckabteilung geschickt.

Mittlerweile war mein Kopf voll mit Wörtern und Themen, ich dachte an alles und gleichzeitig an nichts.

Die U-Bahn fuhr los, mein Magen knurrte. Ich hatte den ganzen Tag nichts gegessen außer diese Brokkolisuppe. Irgendwie war mir übel und ich hatte Hunger, aber ich brachte einfach nichts runter.

Ein Mann, der mir gegenüber saß, warf mir ein flüchtiges Lächeln zu, als er von seiner Zeitung aufschaute. Ich erwiderte es und dachte darüber nach, womit er wohl im Moment zu kämpfen hatte.

Es hatte doch jeder Mensch etwas zu verbergen, eine Sache, die ihn runterzog.

Als ich die Haustür aufsperrte, kam mir eine Duftwolke entgegen. Es war das süße Jasminparfum, das Liz sich für spezielle Anlässe aufhielt.

„Heiratet jemand oder ist hier eine Parfumfabrik entstanden?" rief ich in die Wohnung, während ich meine Schuhe in die Ecke kickte. Kurz darauf erschien Liz im Türrahmen, mir blieb die Luft weg.

Sie trug ein wunderschönes, cremefarbenes Seidenkleid mit Spitze am Dekolleté. Ihre Haare waren gelockt und fielen perfekt über ihre Schultern. Vor lauter Staunen rutschte mir die Jacke vom Arm, ich konnte sie gerade noch aufhalten.

„Wow", murmelte ich und sah meine beste Freundin fragend an, da sie sich nur selten so aufbrezelte.

„Max hat mich eingeladen, zu einem Familienessen mitzugehen. Gott, ich werde seine Eltern kennenlernen. Und seine Schwester und die Großeltern..." Sie sah mich glücklich an, jedoch schwang auch ein wenig Panik in ihrem Blick mit.

„Was? Er will dich vorstellen? Okay, das ging jetzt schnell." Ich grinste sie wissend an, da das Verhältnis zwischen ihr und dem Boss nie wirklich verbindlich gewesen war.

„Ja, oder? Aber egal, ich mag ihn wirklich. Und vielleicht... naja, du weißt schon. Vielleicht kann es endlich wieder mal was Ernsteres werden." Sie sah mich beinahe ein wenig traurig an.

Seit Ronny hatte Liz mit keinem Mann mehr eine Beziehung geführt, eher nur One Night Stands oder kurze Romanzen. Ich verstand also, woher ihr Wunsch kam, wieder mal etwas Festes zu haben.

„Komm mit" meinte ich und zog sie in mein Zimmer. Ich öffnete meine Nachttischschublade und holte die Silberkette heraus, die Dad mir mal geschenkt hatte, als ich noch ein Kind gewesen war.

Es war echtes, sehr teures Silber und wurde von mir nur ganz selten getragen. Das letzte Mal zu Ericas Beerdigung. Sie hatte einen kleinen, blumenförmigen Anhänger und war sehr schlicht.

„Nimm die. Du solltest sie heute tragen. Es ist der erste Schritt in eine Zukunft ohne deinen High-School-Freund, bei so einem Anlass braucht man besonderen Schmuck." Ich legte ihr die Kette in die Hand, sie sah mich mit glänzenden Augen an.

„Bist du dir sicher? Ich meine... du hast sie seit ein paar Jahren schon nicht mehr getragen." Ich nickte und bedeutete ihr, dass sie sich umdrehen solle. Ich legte ihr mit einem stolzen Lächeln den Schmuck um den Hals.

Es freute mich, dass wenigstens eine von uns es schaffte, weiterzumachen.

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Jordan und ich hatten den ganzen Abend ein Quizspiel gespielt, mit selbst erfundenen Fragen. Wir hatten es damals, als wir nach New York gezogen waren, zusammengestellt, um uns beschäftigt zu halten.

Es waren Fragen über unsere High School, über die Leute dort, aber auch ganz normale Fragen zum Allgemeinwissen. Wir hatten uns damals doch wirklich 200 Fragen ausgedacht und somit waren wir nun einige Stunden beschäftigt gewesen.

Wir hatten darauf gewartet, dass Liz zurückkam und uns alles berichtete. Erst gegen 2 Uhr morgens ging die Haustür mit einem leisen Knarren auf. Ich öffnete verwirrt die Augen, wir mussten eingeschlafen sein.

Ich saß auf der Couch, mit einem Polster auf meinem Bauch, auf dem Jordans Kopf lag. Meinen Kopf hatte ich nach hinten gelegt, weshalb ich nun die Verspannungen schon spürte. Ich gab Jordan einen kleinen Klaps auf die Wange, wodurch er hochschreckte.

In dieser Sekunde stand auch schon Liz im Türrahmen und sah uns mit einem breiten Grinsen entgegen. „Alle Details, bitte" forderte ich und tippte auf den freien Platz neben mir. Sie machte es sich bequem und begann zu erzählen.

„Naja, also seine Familie ist echt nett, alle so zuvorkommend und herzlich. Sie haben mich am Anfang ein bisschen ausgequetscht aber als ich mich nicht aus der Ruhe bringen hab lassen, hat seine Mutter mit mir ein Gespräch über das Studium und Chicago angefangen. Sein Dad und ich haben uns mit seiner Schwester über ihre Schwangerschaft unterhalten und so ist der Abend schnell vergangen. Ich hab mich eigentlich mit allen gut verstanden. Jedenfalls hat er mich dann nach Hause gebracht, weil er meinte, er will, dass das zwischen uns was Ernstes wird und das sollte nicht wieder mit Sex beginnen. Er hat mir nur einen Stirnkuss gegeben und hat sich verabschiedet."

Jordan und ich waren im siebten Himmel, so sehr freuten wir uns für sie. Wir drückten sie in einer Dreierumarmung und schossen ihr dann Ratschläge an den Kopf, wie sie sich die kommenden Tage verhalten solle. Erst gegen drei Uhr gingen wir alle schlafen.

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Hello, meine lieben Leute. Langsam gehen mir die vorgeschriebenen Kapitel aus. Keine Angst, es steht noch ein großes Ereignis bevor, aber danach hab ich eine totale Schreibblockade. Wie auch immer, macht euch also bitte bereit, dass bald mal eine kurze Upload-Pause stattfinden wird, damit ich weiterschreiben kann.

Bis bald! xx

Ich verlass dich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt