Trentaquattro.

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"Aim, throw your best shot right at me
'Cause pain, I can take it easily
Did you really think I'd fall to my knees
Just to pray for some sweet simplicity?" - Power

***

Wir beide schwiegen nach wie vor, genossen in Ruhe unser Eis und die Limo dazu. Was sich allerdings geändert hatte zu gerade war, dass die Anspannung weggefallen war, die ich auf dem Weg zurück zu Leons Wohnung noch gefühlt hatte. Ich fühlte mich wieder wohl, erinnerte mich still und heimlich an die ganzen Abende, die er, Timo und ich auf der Terrasse verbracht hatten. All die Brettspielabende und die Abende, wo wir einfach dagesessen hatten und uns alles anvertraut hatten.

Da wollte ich wieder hin. Nicht, dass ich wieder zu den beiden ziehen wollte, aber die Lockerheit, die zwischen uns gewesen war, selbst Leon und ich hatten uns nie wirklich wie ein kitschiges Pärchen verhalten, sondern waren von Anfang an beste Freunde und Partner gleichzeitig gewesen. Lächelnd sah ich zu Leon, der auch genau in dem Moment in meine Richtung blickte und mein Lächeln erwiderte. Dann stellte er seine leere Schüssel auf den Tisch und verschränkte entspannt seine Arme hinter dem Kopf, schlug sein eines Bein hoch auf das andere.

„Wie kannst du so schnell Eis essen?", fragte ich ihn verwundert, schaute dann in meine Eisschale, wo noch locker 1/3 der ursprünglichen Portion drin war. Leon lugte ebenfalls in meine Schale, was nicht so schwer war, da sein Stuhl direkt neben meinem stand. Ausdruckslos zuckte er mit den Schultern. „Wenn es mir schmeckt, esse ich automatisch schneller glaube ich.", war seine Erläuterung, worauf ich sofort reagierte. „Ich bekomme immer einen leichten Hustreiz, wenn ich zu schnell kalte Sachen esse.", wunderte ich mich, nahm dann einen weiteren Löffel.

Leon schien nachzudenken, und zwei Sekunden später hatte er dann mein Eis in der Hand und schnappte gerade nach seinem eigenen Löffel. „Hey!", rief ich schockiert, konnte aber nicht anders als zu lachen, als er dasselbe tat. „Du hättest deinen Blick sehen sollen.", sagte er angeheitert, nahm dann tatsächlich einen Löffel von meinem Eis. Ich streckte mich zu ihm rüber, lehnte mich halb über ihn, um mein Eis wiederzubekommen. Und gerade, wo ich die Schale wieder in der Hand hielt, ging Leons Stuhllehne so weit nach hinten, wie es nur möglich und er sprang überrascht auf.

Während er sich mit geweiteten Augen seine Hand auf die Brust legte, war ich jetzt diejenige, die ihren Spaß hatte. „Alles cool, ich hab peinlicheres erlebt.", versuchte er sich zu entspannen, wurde dennoch ein wenig rot, auch wenn er breit grinste. „Bei der Vorlage musst du jetzt erzählen, was so peinlich war.", forderte ich schon beinahe, lehnte mich interessiert vor, in der Zeit hatte er sich wieder gesetzt. „Das bleibt dann aber unter uns.", stimmte er zu meiner Überraschung zu, doch ich sagte nichts mehr, nickte einfach nur, da begann er auch schon zu erzählen.

„Auf dem 50. Geburtstag meiner Tante waren nachmittags alle möglichen Verwandten zum Kuchen essen eingeladen worden. Ich hatte überhaupt keine Lust auf den Tag und hab meine schlechte Laune ziemlich an meinen Schwestern ausgelassen.", erklärte er, lachte dann selber kurz. „Was soll ich sagen? Ich hab mich mehrmals versucht auf dem Klo zu verkriechen, um ein paar Minuten Pause von den anderen zu haben. Weil so viele Leute eingeladen wurden war es ziemlich eng und ich musste mich an allen vorbeidrängen. Ich hab mich echt bemüht nicht auf die Füße der anderen zu treten..." Ich ahnte, dass jetzt der Höhepunkt der Geschichte kommen würde, begann schon jetzt zu grinsen wie ein Honigkuchenpferd.

"Und dann bin ich über meine eigenen Füße gefallen und habe den Kuchen auf den Tisch mit mir genommen. So blamiert wie an dem Tag habe ich mich selten." Ich konnte mein lachen nun endgültig nicht mehr zurückhalten. Die Vorstellung, wie ihm das passiert war und ihn dann jeder im Raum angeschaut hatte war zu viel für mich, meine Augen tränten schon vor Lachen. Währenddessen beobachtete er mich schmunzelnd.

"Schadenfreude?" Er sah mich mittlerweile zweifelnd an. "Eigentlich ist das nicht lustig, sondern einfach nur peinlich." Das stimmte, aber genau deshalb fand ich die Geschichte so lustig. So etwas konnte jedem mal passieren und war generell nicht schlimm, mir fielen auf Anhieb zwei Geschichten ein, die damit mithalten konnten.

Nach einiger Zeit hatte ich mich wieder beruhigt. Leon sah mich immer noch mit einem denkenden Seitenblick an, als sei er verwundert. "Ist alles okay?", fragte ich ihn vorsichtig, brachte ihn somit dazu mich anzusehen. Als seine Augen auf meine trafen hielt ich automatisch die Luft an, so intensiv war sein Blick. Ich fühlte mich schuldig, dass ich nicht wegsehen konnte, denn eigentlich wäre das die bessere Idee in diesem Moment gewesen.

"Mir ist nur gerade aufgefallen, dass die Situation hier genauso wie damals ist, vor über vier Jahren. Dass wir... " Dass wir so vertraut wirkten. Ich wusste genau, was er sagen wollte, blieb aber ruhig und wartete ab. Doch er schüttelte nur den Kopf und brach den Blickkontakt ab. Es war ein komisches Gefühl, was ich ihm gegenüber hatte, doch es war keinesfalls negativ gemeint. Ich konnte es nur einfach nicht deuten.

Er seufzte, traute sich dann wieder mich anzusehen. "Wir verhalten uns so viel anders als früher, und das finde ich irgendwie schade, muss ich zugeben.", sagte er dann ehrlich. Daraufhin war ich erst einmal baff. Wie konnte er so ehrlich zu mir sein? Und hatte er gerade angedeutet, dass er die Zeiten vermisste, wo er und ich frisch verliebt waren und uns auch so verhalten hatten?

Meine Gedanken brannten gerade mit mir durch, da intensivierte sich unser Blickkontakt, sodass mir unglaublich warm wurde und meine Wangen sich in einem leichten Rosaton färbten. Ich konnte mich nicht von seinen Augen lösen, wurde immer nervöser. Bis er sich näherte und seine Augen schloss, um mich zu küssen.

***

A|N

Jetzt wird's spannend, Freunde! Wie geht es wohl weiter? :D

Die nächsten Kapitel werden dann etwas aufregender, freut euch drauf. Endlich passiert mal wieder was :p

GLORY [Max Meyer & Leon Goretzka FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt