Kapitel 14

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"Ja, also die Form haben Sie sich ja schon ausgesucht. Die fünfstöckige Torte mit den echten Rosen dekoriert, ist wirklich sehr hübsch.", strahlte die Konditorin. "Jetzt müssen Sie nur noch die Füllung aussuchen. Wir haben da verschiedene Varianten für Sie zum Probieren vorbereitet."
Ich schaute zu den vielen Schüsseln, die bereit standen als mir auch schon das Wasser im Mund zusammenlief. Während die Tante einen Vortrag zu jeder Füllung hielt, scannten meine Augen die Umgebung nach Löffeln oder was ähnlichem ab. Kein Mensch wollte wissen was in den dämlichen Schüsseln drin war und aus was es bestand, sondern wie es schmeckte. Wenn ich hier nicht bald ein Werkzeug zum Probieren bekam, würde ich halt meine Finger nehmen.
"So, hier hätten wir dann Löffelchen für Sie zum Testen." Na endlich. Ich stürzte los und schnappte für jeden von uns einen und drückte den anderen die Löffel in die Hand. Roman schaute mich verwirrt an. Was hatte der denn nun schon wieder? Der Gebrauch von Löffeln sollte doch wohl auch in der Schweiz bekannt sein.
"Was?", knurrte ich also leicht genervt.
"Naja, ich darf solch Zuckerzeug wegen des Ernährungsplans nicht essen."
Wollte der mich rollen? Marco war schließlich schon an der ersten Schüssel. Also welcher fucking Ernährungsplan sollte das sein?
"Und Marco? Der muss sich nicht daran halten?" Ich schüttelte nur den Kopf.
"Der ist verletzt, da kann er schon einmal sündigen." War ja klar, dass diese Spaßbremse wieder querschoss. Roman war und blieb halt ein Langweiler mit verklemmtem Arsch. Der hatte mit Sicherheit im Dunklen einen Heiligenschein, wenn der Zuckerzeug schon als Sünde sah, wollte ich gar nicht wissen wie er den Austausch von Körperflüssigkeiten bezeichnen würde. Bestimmt kam man dafür ins Fegefeuer. Warum hatte ich überhaupt vorgeschlagen den mitzunehmen. Egal, ich machte mich an die erste Schüssel. Boah, diese Nougatcreme war echt der Hammer. Irgendwie wollte ich mich überhaupt nicht davon trennen. Gerade als ich den nächsten Löffel davon zelebrieren wollte, rannte Franzi aus dem Raum und Marco sprintete hinterher. Roman und die Konditorin schauten ihnen erschrocken hinterher.
"Ist nichts schlimmes. Liegt nur an der Schwangerschaftsübelkeit.", grinste ich und schob mir meinen Löffel in den Mund. Das war echt ein Geschmacksorgasmus. Ich war kurz davor befriedigt zu stöhnen als Marco seinen Kopf durch die Tür steckte
"Roman und Jasi, sucht ihr bitte die Füllung aus. Franzi geht es nicht so gut. Wir fahren nach Hause. Ihr macht das schon. Wir verlassen uns da ganz auf euren Geschmack." Und schon war er verschwunden. Roman schaute mich skeptisch an. Na klasse, da hatte ich jetzt also alles an der Backe, denn der durfte ja nicht sündigen. Obwohl eigentlich gar nicht so schlecht. Da konnte ich mich doch völlig schmerzfrei durch alle Schüsseln fressen. Ich machte mich also an die nächste Schüssel mit der Orangencreme. Manno, war die fruchtig. Ob das im zweiten Versuch wohl so blieb? Ich stopfte mir also genussvoll einen zweiten Löffel in den Mund als mein Blick zu Roman fiel. Was guckte der mich denn so an. War ich ihm zu gefräßig oder was? In mir meldete sich mein kleines Teufelchen. Ich tunkte also wieder den Löffel in die Creme und drehte mich schwungvoll zu Roman um, der mich jetzt ganz erschrocken anschaute.
"Was ist...", fing er an zu sprechen, als ich ihm auch schon den Löffel in den Mund schob. Oh mein Gott riss der die Augen auf. Ich hatte echt Angst, dass sie ihm aus dem Kopf fielen. Plötzlich spürte ich seine Hand, die meine mit dem Löffel festhielt. Was sollte das denn jetzt. Er grinste mich an und schleckte dann genüßlich den Löffel ab. Jetzt fielen mir fast die Augen aus dem Kopf.
"Du hast Recht, wenn wir auswählen sollen, muss ich ja auch probieren. Ein Cheatday muss sein."
Was war passiert? Wo war der Moralapostel Roman hin? Was war mit Sünde? Cheatday? So langsam wurde der mir unheimlich als er mir jetzt auch einen Löffel mit der Schokocreme hinhielt und mich damit füttern wollte. Egal. Das duftete schon so schokoladig. Meine Gedanken wurden einfach von der Vorfreude meiner Geschmacksknospen abgestellt und ich gab mich ganz der Gaumenextase hin.
"Wow, die ist lecker." und schon hielt ich Roman auch den nächsten Löffel hin und fütterte ihn. So wie er die Löffel immer abschleckte, steckte da wohl eine echt Naschkatze in ihm. Das hätte ich echt nicht vermutet.
"Die schmeckt ja mal wirklich verdammich gut.", grinste er und machte sich an den nächsten Löffel Creme.
"Boah, die musst du probieren. Die ist besser als Sex.", gackerte ich. Ups, was hatte ich denn da wieder gesagt. Mein blödes Mundwerk hatte wieder einmal einfach losgeplappert. Ich spürte Romans Blick auf mir und schaute zu ihm.
"Dann bist du aber nichts gutes gewöhnt.", grinste er mich breit an, während er denn Löffel erneut in die Schüssel tauchte und mich wieder damit fütterte. Ich spürte wie mir das Blut ins Gesicht schoss. Ich sollte wirklich mal lernen meinen Mund zu kontrollieren. Ich ging also schnell zur nächsten Schüssel.
"Die heißt jetzt nicht wirklich  White-orange-blossom-creamy-cream. Wer denkt sich denn solche bescheuerten Namen aus?" Ich zeigte auf das Schild vor der Orangencreme und fing an zu lachen.
"Schau Jasi, die heißt echt Dark-desire-choci-chocolate-cream." Roman hielt mir grinsend das Schild von der Schokocreme hin.
"Dann heißt die Nougat bestimmt Brown-hell-of-desire-nut-cream.", gackerte ich.
"Oder Brown-nüssli-nuss-cream.", lachte Roman. Das nüssli hörte sich echt niedlich und total schweizerisch an. Ich wendete mich lachend der Sahnecreme zu und setzte den Probiervorgang fort. Irgendwie war aber durch das Herumalbern die Creme mehr an seiner Nase gelandet als in seinem Mund. Ich stellte mich also auf Zehenspitzen, um ihm diese cremige sahnige Masse mit dem Finger wegzuwischen als er mich mit großen Augen anschaute. Menno, der hatte ja echte Schokokugeln. Was dachte ich denn hier? Ich musste scheinbar kurz vor einem Zuckerschock stehen, wenn ich nur noch an Süßkram dachte. Ich wischte also die Sahnecreme weg und schleckte sie von meinem Finger. Roman beobachtete mich dabei ganz genau und grinste leicht, während seine Gesichtsfarbe wieder leicht rötlich war. Was war denn mit dem los? Och nö, lass' den jetzt bitte keine versauten Gedanken haben. Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss und ich drehte mich schnell weg und wandte mich der nächsten Schüssel zu, als glücklicherweise die Konditorin zu uns kam.
"Wie ich sehe, haben Sie ausgiebig probiert." Mein Blick fiel zu den Schüsseln. Ups, wir hatten die wirklich alle geleert. "Und haben Sie sich schon entschieden?"
Man, wie sollte man sich denn bei den vielen leckeren Cremes für eine entscheiden. Das war doch unfair. Alle hatten ihren Auftritt im Geschmackszirkus verdient. Ich hatte echt keine Ahnung wie ich mich entscheiden sollte. Ich schaute verzweifelt zu Roman.
"Du kannst dich nicht entscheiden, weil die alle so lecker sind?" Stellte der diese Frage gerade wirklich? Natürlich konnte ich mich nicht entscheiden. Als ob der Schweizer da eine Entscheidung treffen könnte. Wo der doch so entscheidungsfreudig war und nie jemand auf die Füße treten wollte. So eine Creme hatte doch auch Gefühle und fühlte sich deprimiert und wurde garantiert sauer, wenn sie nicht gewählt wurde.
"Kann man da nicht für jede Etage der Torte eine andere Füllung nehmen?", hörte ich Romans Stimme durch meine Gedanken dringen.
"Aber natürlich ist das möglich.", lächelte die Konditorin. Das war die Lösung. Dann konnten wir fünf Cremes aussuchen und mussten nur drei enttäuschen.
"Sehr schön. Jasi, welche fünf wollen wir für die Hochzeitstorte nehmen? Mit den anderen drei lassen wir dann eine Torte für den Junggesellenabschied machen. Was hälst du davon?", lächelte mich Roman an.
Warum war ich nicht auf die Idee gekommen. Das war perfekt. Keine entäuschte Creme und wir hatten sogar gleich noch etwas für die zweite Feier. Das war heute schon das zweite Mal, dass Roman mich mit seinem Einfall gerettet hatte. Ich umarmte ihn happy.


Nicht jeder Schuss ist ein Treffer  ✔ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt