Kapitel 86

818 55 14
                                    


Ich kam gerade in mein Handtuch gehüllt aus dem Bad als Romans Handy einen Signalton abgab. Er griff es sich und schaute rauf.
"Was wünscht die mir denn auf einmal ein gutes neues Jahr. Letztes Jahr war es Nastassja doch auch egal.", stöhnte er genervt und schaute mich an.
"Vielleicht wollte sie sich wieder in Erinnerung bringen und ist eifersüchtig, dass du jetzt mich hast.", gab ich zu Bedenken. Diese Braut war mir schon in der Kirche suspekt. "Vielleicht will sie ja wieder anbändeln."
Roman kam zu mir umd schloss mich in seine Arme "Da hat sie überhaupt keine Chance. Es hat ja alles einen Grund, warum es so ist wie es ist. Und das ist auch gut so." Er begann damit Küsse in meiner Halsbeuge zu verteilen.
"Nicht, dass ich das nicht genießen würde, aber wenn ich mich jetzt nicht fertig mache, sind wir nicht pünktlich zur Feier.", unterbrach ich sein Tun wirklich nur sehr ungern.
"Ich würds am liebsten mit dir hier alleine bleiben und unanständige Sachen machen.", brummte er und machte weiter.
"Ich doch auch Brummbärli, aber dann wären unsere Eltern ganz schön enttäuscht."
"Und wenn wir sagen, dass es deinem Knie schlechter geht.", versuchte er es.
"Du willst doch wohl nicht, dass sie sich Sorgen machen,  nur um deine niederen Triebe zu befriedigen. Außerdem wissen sie, dass es meinem Knie dank deiner guten Versorgung gestern schon wieder gut geht. Der Verband wird zwar zu meinem Kleid nicht sonderlich sexy aussehen und das Tanzen fällt auch aus, aber ich freue mich auf den Abend mit unseren Eltern und mit dir. Außerdem ist es ja die längste Nacht des Jahres. Du wirst schon noch zum Zuge kommen.", grinste ich ihn an.
"Das nehme ich als Versprechen.", zwinkerte Roman mir zu und zog sich auch weiter an. Mir fiel gerade wieder seine ExSchnalle ein. "Sag' mal warum hast du dich eigentlich von Nastassja getrennt?" Das interessierte mich jetzt wirklich. Man musste seine Konkurrenz ja mal abchecken.
"Naja, als ich nach Dortmund gewechselt bin, wollte sie halt in der Schweiz bleiben. Wir haben es erst noch mit Fernbeziehung versucht, aber das hat nicht funktioniert und dann wollte sie auch ständig reisen umd das klappt mit meinem Job auch nicht. Also haben wir es in aller Freundschaft beendet, bevor wir uns richtig gezofft haben." Na, dass nenne ich mal eine typische schweizer Trennung. Immer schön friedlich und neutral. Bei mir hatte so etwas noch nie funktioniert.
Ich schlüpfte in mein Kleid und zog den Reißverschluß zu.
"Wow, Sunneschii. Du siehst total heiß aus. Da weiche ich aber keine Sekunde von deiner Seite.", grinste mich Roman an. Ich hätte wahrscheinlich auch einen Kartoffelsack anhaben können, und er hätte mich nicht aus den Augen gelassen. Nach meiner Skiaktion schon dreimal nicht. Ich strich über die Pailletten von meinem Kleid und schaute zu Roman, der in seiner schwarzen Hose und dem weißen Hemd auch nicht gerade abschreckend aussah. An der Tür klopfte es. Das waren dann wohl unsere Eltern, die uns abholten. Hier im Hotel fand eine riesige Silvesterfeier mit gutem Essen und Tanz statt. Roman griff meine Hand und zog mich mit zur Tür. Wie erwartet standen dort unsere Eltern.
"Das Kleid ist ja wunderschön und diese perlmuttfarbenen Pailletten. Du siehst fast wie eine Braut aus.", begrüßte mich Karin.
"Ohoh, Bruder. Unsere Mutter hat da wohl Pläne.", grinste Marco und klopfte Roman auf die Schulter, der mich nur verliebt anschaute.

Das Essen war wirklich super lecker gewesen und auch die Musik war super. In meinen Füssen juckte es mächtig, aber leider machte mein Knie da noch nicht so mit. Also saß ich neben meinem Papa und schaute zu, wie Roman meine Mutter gerade perfekt über die Tanzfläche führte. Ganz toll. So hatte ich mir Silvester eigentlich nicht vorgestellt. Ich würde jetzt eigentlich da tanzen wollen. Wenigstens hatte ich es geschafft Roman zu überreden mit meiner Mutter zu tanzen, sonst hätte er den ganzen Abend auch nur hier neben mir gesessen. Kaum, dass die beiden wieder am Tisch waren, kam Karin beladen mit Jacken an
"Kommt lasst uns auf die Terrasse gehen. Es ist gleich zwölf.", forderte sie uns auf. "Gleich geht das Feuerwerk los."
Wir zogen uns also alle an und Roman griff meine Hand bevor wir langsam hinter den anderen nach draußen liefen. Vom Himmel fielen ganz kleine feine Schneeflöckchen und der Mond strahlte vom Himmel. Roman stellte sich neben mich und legte seinen Arm um meine Schulter. Mehrere Kellner liefen durch die ganzen Leute, die sich jetzt hier eingefunden hatten und verteilten Champagnerflöten zum Anstoßen. Im Hintergrund lief the final Countdown von Europe, als jemand anfing von 10 runterzuzählen. Bei fünf zog mich Roman in seine Arme und begann mich zärtlich zu küssen. Natürlich stieß er da bei mir auf keinerlei Widerstand. Unser Kuss wurde immer leidenschaftlicher als es auf einmal nach ein paar Minuten laut knallte, zuckte Roman erschrocken zusammen und ließ von mir ab, drehte sich um und lief schnell in das Hotel zurück. Was war das denn jetzt? Gerade als ich hinterher wollte, zischelte mir Karin "Das ist so seit dem Anschlag" ins Ohr. Na klar, der scheiß Anschlag, den hatte ich ja ganz vergessen. Ich lief also so schnell es mein Knie zuließ hinter Roman hinterher. Ich fand ihn zitternd in unserem Zimmer auf dem Bett. Ich setzte mich zu ihm und schlang meine Arme um ihn. Er drückte seinen Kopf in meine Halsbeuge und ich kraulte seinen Nacken. Sofort entspannte er sich spürbar.
"Ich will, dass das aufhört, dass ich mich bei allen lauten Geräuschen erschrecke und sofort wieder Panik habe. Ich will wieder ganz normal leben.", kam es ganz leise und verzweifelt von ihm.
"Du warst ganz dicht dran damals, oder?"
"Ja man, ich habe hinter Marc gesessen. Ein halber Meter weiter und es hätte mich erwischt. Ich werde niemals dieses Explosionsgeräusch und die Panik aus meinem Kopf bekommen und die Angst um Marc. Wir wussten ja auch nicht, ob dass wirklich allea war. Ich hatte Todesangst.", schniefte mein sonst immer starker Freund. Es tat mir im Herzen weh, ihn so ängstlich und verzweifelt zu sehen. Ich musste jetzt einfach für ihn da sein, so wie er immer für mich da war.
"Ich will das hinter mir lassen, aber immer wenn ich denke, ich habe es geschafft, dann passiert wieder so etwas wie heute."
"Das war ja auch ein wirklich tiefgreifendes Ereignis. Da musst du auch ein bisschen Geduld haben und nachsichtig mit dir selber sein.", versuchte ich ihn zu trösten.
"Ich will das aber schaffen und zwar schnell." So ungeduldig und unleidlich kannte ich Roman gar nicht.  "Ich bin doch kein Weichei und Versager." Das ganze kratzte schon ziemlich an seiner Ehre.
"Hör' auf solchen Müll zu erzählen. Das war ein echt heftiges Ereignis und ich bin stolz auf dich, dass du das überhaupt so gut weggesteckt hast. Brummbärli, und den Rest schaffen wir auch noch zusammen. Ich wünsche dir ein frohes neues Jahr.", gab ich leise zurück.
"Ich wünsche dir auch ein frohes neues Jahr. Das wird unser Jahr.", lächelte er mich jetzt an und fing an mich zu küssen. Nach einer Weile lösten wir uns.
"Sag' mal wieso hast du mich eigentlich schon bei fünf geküsst vorhin?" Die Frage brannte mir wirklich auf der Seele.
"Naja, ich wollte, dass das neue Jahr genauso schön beginnt, wie das alte endet. Unsere Liebe soll das ganze neue Jahr das wichtigste sein.", lächelte er mich an und fuhr sich mit seiner Hand durch die Haare.
"Das finde ich eine wirklich schöne Idee."  Roman war manchmal, nee eigentlich immer ein kleiner Romantiker. Es war unglaublich wie sehr ich diesen Mann liebte. Das hätte ich vor einen paar Monaten nicht einmal ansatzweise für möglich gehalten. "Du hast recht, das wird unser Jahr. Aber jetzt lass' uns wieder zu den anderen gehen."
"Muss das sein? Können wir jetzt nicht lieber dein Versprechen umsetzen.", schmollte mich Roman an.
"Ja, muss es. Wir wünschen unseren Eltern jetzt ein frohes neues Jahr stoßen mit ihnen an und verabschieden uns dann und lassen den Abend hier ausklingen." Ich klopfte dabei auf unser Bett und zwinkerte ihm zu. Roman sprang auf einmal auf und zog mich an der Hand mit. Was war denn mit dem jetzt los? Soviel Eile kannte ich von meinem Schweizer gar nicht.
"Nun komm' schon, umso schneller sind wir wieder zurück.", grinste Roman wie ein Lausbub.
Ach daher wehte der Wind. Na dann wusste ich ja jetzt, wie ich ihn immer auf Tempo bringen konnte.

Nicht jeder Schuss ist ein Treffer  ✔ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt