Kapitel 19

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"Scheiße, Jasi. Was hast du denn gemacht?", kreischte Franzi und kam auf mich zugesprungen als ich mit meinem eingebundenen Knöchel ins Wohnzimmer humpelte, gefolgt von Roman.
"Boah Alter, was hast du mit meiner Süßen angestellt? Du solltest sie nur nach Hause fahren und nicht kaputt machen.", blaffte Erik. Halt Stop, was machte Erik hier? Der hatte sich doch zu seinem Kumpel verdumdiedelt. Ehe ich diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, wurde ich ruckartig in seine Arme gezogen. Ich stöhnte kurz schmerzhaft auf. Mein Knöchel mochte solche ruckartigen Bewegungen ja mal gar nicht. "Süße, was hat er mit dir angestellt?"
"Die Frage ist ja mal wohl, was du mit ihr gemacht hast?", knurrte Roman zurück. "Du warst so unverantwortlich, dass du gestern nicht einmal gemerkt hast, dass Jasi sich beim Trampolinspringen verletzt hat."
"Da war doch gar nichts. Sonst hätte meine Süße mir das doch gesagt.", zickte Erik zurück. Ich schaute zwischen beiden hin und her, während Roman nur kopfschüttelnd schnaubte. Was war denn mit denen los? Die waren ja wie zwei wütende Kampfstiere.
"Du hättest es mir doch gesagt, Süße? Da war doch nichts? Oder?" Erik schaute mich verunsichert an und hatte wieder seine knallroten Wangen.
"Naja, ich bin vielleicht ein kleines bisschen umgeknickt.", gab ich leise von mir.
"Wie klein war das bisschen?", schaltete sich jetzt auch noch Franzi ein.
"Mit dem Rumgelaufe hast du das mit Sicherheit noch verschlimmert.", musste auch noch Marco sein Senf dazu geben. Die Vorwürfe konnte ich ja gerade noch gebrauchen.
"Verstauchter Knöchel halt.", gab ich kleinlaut von mir.
"Wir waren im Krankenhaus und haben es röntgen lassen, um schlimmeres auszuschließen. Es handelt aich um eine mittelschwere Distorsion ohne Ruption der Bänder. Der Fuss soll nicht so viel belastet und wenn möglich gekühlt werden. Dann dürfte Jasi bald wieder relativ beschwerdefrei sein. Sie hat erst einmal einen Kompressionsverband. ", unterstützte mich Roman mit seiner Ausführung. War ja klar, dass der gleich ein komplettes medizinisches Dozier abgeben musste. An dem war ja wirklich ein Arzt oder eine Krankenschwester verloren gegangen. Obwohl ich ehrlich sagen musste, dass ich zufrieden war, dass er mit mir ins Krankenhaus gefahren war. Wir hatten dort ewig warten müssen und es war echt angenehm jemand da zu haben, mit dem man quatschen konnte. Ich hätte Roman gar nicht zugetraut, dass er so lustig sein konnte. Er hatte die ganze Zeit versucht mich aufzumuntern. Ziemlich schnell hatte er nämlich mitbekommen, dass ich Angst vor Krankenhäusern hatte. Ehrlich gesagt war ich schon fast panisch. Aber irgendwie hatte er mich beruhigt und mir versprochen, dass ich ja nur kurz zur Untersuchung da war und nicht für länger. Alle schauten mich an, als wäre ich reif für die Notschlachtung.
"Meine arme Süße, komm setz dich." Erik zog mich zu sich auf die Couch und legte meinen Fuss auf seine Beine. "Du musst den immer schön hoch lagern.", grinste er mich an und strich über meinen Verband. "Marco, kannst du mal für meine Süße ein Coolpack holen." Der sollte jetzt mal hier nicht so übertreiben. Vorhin hatte er mich auch einfach in der Ecke stehen lassen, um seinen dämlichen Kumpel anzufeuern. So ein ganz kleines bisschen war ich da schon noch stinkig.
"Was machst du überhaupt hier? Ist das Fussballspiel etwa schon zu Ende?", zickte ich deshalb auch. Franzi schaute mich mit einer hochgezogenen Augenbraue und diesem Ich-will-nachher-alles-wissen-was-da-los-war-Blick an. Na super, das brauchte ich ja auch noch.
Erik dagegen bekam rote Wangen "Ähm...naja...ähm...ich habe dich und auch Roman nicht erreicht. Ähm ...ähm.... ja da habe ich mir Sorgen gemacht und bin hier hergekommen. Aber die beiden wussten auch nichts", stotterte er vor sich hin. Ja genau, und um seine Sorgen zu vergessen, hatte er mit Marco Fifa gezockt. Die hatten das Spiel nur gestoppt als wir gekommen waren. Ich hatte ja schließlich noch Augen im Kopf und sah, was auf dem Fernseher los war.
"Im Krankenhaus mussten wir die Handys ausschalten und es war sehr voll in der Erste-Hilfe-Stelle.", entschuldigte sich jetzt Roman ehe ich Erik noch eine Breitseite geben konnte. Warum entschuldigte sich der denn noch dafür. Also diese schweizer Höflichkeit nervte ja schon dezent. Marco schmiss Erik das Coolpack zu, der es sofort vorsichtig auf meinen Knöchel legte und mir einen Kuss aufdrückte. Na gut, vielleicht sollte ich ihm das ganze doch noch einmal durchgehen lassen.
"Kommt ihr drei eigentlich auch am Samstag zum Spiel gegen Köln?", stellte Roman die Frage in den Raum. Wie, der Effzeh spielte hier und ich hatte das völlig verpeilt. Ich hatte ja gar kein Ticket und mein Bittencourt Trikot war auch in meiner Studentenbude in Leverkusen. Wie sollte ich denn jetzt noch an eine Karte kommen. Verzweifelung macht sich in mir breit als mein Blick auf Franzi fiel, die wie ein Breitmaulfrosch grinste. Naja, eigentlich saß ich hier ja an der Quelle. Da wäre ja vielleicht sogar VIP drin.
"Jasi, so wie du guckst hast du das völlig verpeilt. Sie ist nämlich absoluter Effzeh Fan. Sie hat mich auch damals hier zum Spiel her genötigt. Für ein echtes Leonardo Bittencourt Trikot hätte sie mich glatt den Wölfen zum Fraß vorgeworfen. Sie vergöttert ihn schon schreinartig." Dafür könnte ich Franzi jetzt echt würgen. Die Jungs halten mich doch jetzt für ein absolut durchgeknalltes Fangirl.
"Unser kleines brasilianisches Kindergesicht. Ist ja nicht wahr.", grinste Marco schief "Das beste an ihm ist, dass er mal bei einem richtigen Verein gespielt hat. Also beim BVB. Das mit dem Trikot bekomme ich garantiert hin, der schuldet mir sowieso noch was. Und wenn deine Liebe zu ihm dafür verantwortlich ist, dass ich meine Prinzessin kennengelernt habe, ist das ja das mindeste. Aber ein Ticket bekomme ich nicht mehr. Ich habe nur die zwei für Franzi und mich. Aber Erik wird doch wohl noch eine Karte für seine Süße haben. Vielleicht kannst du ja Leo auch noch hinterher kurz treffen und dir das Trikot persönlich mit Autogramm abholen." Das war jetzt nicht wahr. Marco besorgte mir ein Trikot von Leo und ich durfte ihn vielleicht sogar treffen. Mein Herz setzte gerade glaube ich ein paar Schläge aus.
"So... sorry, aber ich habe meine Karten schon Dogan und Julian versprochen. Das kann ich ja jetzt schlecht rückgängig machen.", stotterte Erik "Ich dachte nicht, dass du hin willst. Außerdem ist ja Leo sowieso verheiratet und du hast ja mich.", grinste er jetzt.
Ja danke auch für den Hinweis. Und warum sollte ich auch meinem vielleicht bald Freund bei seinem Job zuschauen wollen? Ist doch toll, wenn seine Kumpels wichtiger waren als ich. Dieser Dogan , den ich noch nicht kannte und dieser Julian, den ich leider schon kannte, gingen mir ja mal dezent gegen den Strich. Sie standen zwischen mir und meinem Treffen mit Leo. Keine Karte, kein Treffen.
"Ähm.. also... ähm....Ich hätte noch eine Karte übrig.", meldete sich jetzt Roman zu Wort."Du müsstest aber mit meiner Mutter zusammen sitzen."
Ich riss meine Augen auf. Roman war mein Held. Er hatte eine Karte für mich. Es war mir völlig egal neben wem ich sitzen müsste, Hauptsache ich konnte vielleicht noch Leo treffen. Ich würde auch neben Trump, Putin oder auch Frankenstein sitzen. So schlimm konnte seine Mutter doch gar nicht sein. Oder hatte die sieben Köpfe und acht Arme? Würde Erik jetzt nicht so dämlich meinen Fuß auf seinem Schoß festhalten, würde ich Roman um den Hals fallen. So konnte ich ihn nur anstrahlen und bekam sein Colgatelächeln zurück.
"Na super, dann ist ja alles geklärt.", strahlte jetzt auch Erik. Keine Ahnung warum der jetzt strahlte. Er hatte jedenfalls nichts dazu beigetragen, dass ich meinen Leo sehen konnte.

Nicht jeder Schuss ist ein Treffer  ✔ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt