Kapitel 95

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Ich beeilte mich mit meinen Einkäufen und war schon kurz vor der Kasse als mein Handy Alarm schlug. Es war der Klingelton, der mir sagte, dass Roman anrief. Bestimmt war ihm nur noch etwas eingefallen, was ich mitbringen sollte.
"Hallo Brummbärli.", meldete ich mich also fröhlich als mir auch schon wildes Babygeschrei entgegenschlug.
"Sunneschii, du musst ganz schnell nach Hause kommen. Die beiden schreien und lassen sich nicht beruhigen." Romans Stimme überschlug sich fast. Ich sprintete also mit meinem Wagen zur Kasse, während ich versuchte Roman Tipps zu geben wie er die beiden beruhigen konnte.
Nachdem ich alle Einkäufe in den Kofferraum meines Autos geschmissen hatte, raste ich nach Hause. Ich sprintete die Treppen mit den Tüten bepackt hoch und schloss die Tür schnell auf. Roman kam mir mit total zerwühlten Haaren und knallrotem Kopf entgegen. In jedem Arm hatte er ein Baby und wiegte es hin und her. Trotzdem schrien beide immer noch wie am Spieß. Er schaute mich total panisch an "Was haben sie denn?"
"Hunger.", antwortete ich grinsend und lief in die Küche um schnell die Fläschchen zu machen. Roman folgte mir mit der schreienden Teufelsbrut. Es war unglaublich was diese kleinen Kerlchen für einen Lärm machen konnten. Als ich die Flächen fertig hatte, nahm ich Roman meinen Maxi ab und drückte ihm stattdessen ein Fläschchen in die Hand. Wieder schaute er mich total verzweifelt an.
"Einfach den Sauger an die Lippen, den Rest macht Phili schon alleine." Plötzlich war es still und man hörte nur ein leise saugendes Schmatzen. Wir setzten uns erst einmal wieder mit den beiden auf das Sofa.
"Wie willst du das überhaupt morgen machen, wenn du arbeiten musst?"
"Du hast doch trainingsfrei.", grinste ich.
"Was....nein, das kannst du nicht machen. Du hast doch eben schon gesehen, dass ich das nicht schaffe." Roman knabberte an seiner Lippe.
Jetzt musste ich wirklich grinsen "Alles gut, Brummbärli. Ich bin die letzten zwei Wochen meines Praktikums freigestellt, damit ich die Abschlussarbeit schreiben kann." Roman atmete erleichtert auf, ehe er mich erschrocken anguckte "Wie letzten zwei Wochen?"
"Naja, in zwei Wochen ist mein Praktikum vorbei. So, jetzt muss der Zwerg aber Bäuerchen machen." Roman legte sich also den kleinen über die Schulter, noch ehe ich ihm ein Spucktuch geben konnte, und klopfte leicht auf seinen Rücken. Die beiden sahen richtig süß aus. Ehe ich sie weiter anhimmeln konnte, schoss auch schon geräuschvoll ein kleiner Schwall Milch auf Romans Pullover.
"Habe ich etwas falsch gemacht? Aber in den Filmen machen die das doch auch immer so." Roman schaute mich verwirrt an.
"Nein, du warst perfekt. Das passiert halt manchmal. Und jetzt wickelst du den kleinen noch und ziehst ihn für das Bett um und dann machen wir beide es und gemütlich."
"Das kann ich nicht. Ich kann den kleinen nicht umziehen und wickeln. Sowas habe ich noch nie gemacht." Roman schaute mich panisch an und fuhr sich mit seiner Hand durch die Haare.
"Komm, ich mache jetzt Maxi fertig und du schaust zu und dann bist du dran.", versuchte ich ihn zu beruhigen. Ich wickelte also den kleinen und steckte ihn in seinen Schlafanzug. Roman hatte mich genau beobachtet und machte sich jetzt auch mit zitternden Händen bei Phili ans Werk. Er war genauso fokusiert wie bei einem Elfmeter und zog seine Lippen zwischen seine Zähne. Bei diesem Anblick wie er mit seinen großen Händen ganz vorsichtig den kleinen Popo wischte, hüpfte mein Herz ganz wild in meiner Brust. Gerade als er fast fertig war, stellte sich der kleine Pipimann auf und strullte ihn voll. "Igitt, igitt, du Söili." Ich musste lachen bei dem empörten Gesicht, das Roman machte.
"Wie hast du ihn eben genannt?" Man musste ja mal fragen.
"Söili, das heißt kleines Schweinchen." Jetzt musste er auch grinsen und hielt mir den fertig angezogenen Zwerg stolz entgegen. "Bettfertig."
Ach du heiliger Babyschlafsack, da hatte ich ja überhaupt nicht dran gedacht. Wo sollten die beiden denn schlafen?
"Wir haben gar kein Bett für die beiden." Mein Kopf lief gerade auf Hochtouren, um eine Lösung zu finden. "Hier auf dem Sofa können sie nicht alleine bleiben. Ich will sie schon in meiner Nähe haben. Obwohl, dann schlafe ich halt auch hier."
"Nichts da, Sunneschii. Da machst du dir nur den Rücken kaputt. Wir nehmen sie mit in unser Bett und lassen sie in der  Mitte schlafen. Das haben Marco und ich auch ganz oft bei meinen Eltern als wir noch klein waren.", grinste er mich an und marschierte mit Phili los. Ich folgte ihm einfach mit Maxi. Das war wirklich die perfekte Lösung.

"Die beiden sind wirklich niedlich. Jedenfalls, wenn sie schlafen.", lächelte Roman und strich sanft mit seinem Zeigefinger über Philis kleine Hand. Er beugte sich zu mir rüber und küsste mich liebevoll, bis er sich auf einmal  löste und mich musterte.
"Was passiert eigentlich, wenn die zwei Wochen um sind?", fragte mich Roman plötzlich.
"Naja, dann ist das Praktikum zu Ende und ich muss mir entweder einen Job suchen oder zurück nach Berlin oder Leverkusen." In dem Moment wurde mir etwas mulmig. Ich würde Roman verlassen müssen. Mein Blick fiel auf die beiden Drops. Auch die würde ich genauso wie Franzi verlassen müssen und nur noch viel seltener sehen. "Heute hat mir Aki erzählt, dass Sevilla bei ihm angefragt hatte, ob ich nicht Interesse hätte dort anzufangen. Wir haben ja in Marbella mit ihnen zusammengearbeitet für das Testspiel. Meine Arbeit hat ihnen wohl sehr gut gefallen. Ich habe auch das Angebot in Köln an der Hochschule als wissenschaftlicher Mitarbeiter anzufangen und meinen Doktor zu machen.", platzte es aus mir heraus.
Roman schaute mich schockiert an "Weißt du wie weit Sevilla weg ist?"
"Das wäre eine einmalige Chance für mich in la liga zu arbeiten.", war alles, was ich darauf antworten konnte. Es war wirklich eine unglaubliche Chance für einen Berufsanfänger. Roman sagte gar nichts mehr und legte sich in sein Kissen zurück und machte das Licht aus. Ich legte mich auch auf den Rücken und starrte an die Decke. Meine Gedanken fuhren Karussell. Ich hatte keine Ahnung wie lange ich jetzt noch wach lag als ich mich zu den Drops drehte. Roman schlief tief und fest, genau wie die beiden  Er hatte seinen Arm schützend um sie gelegt. Dieses Bild ließ mein Herz ausrasten. Wollte ich das wirklich aufgeben? Oder wollte ich genauso eine eigene Familie irgendwann mit Roman? Wenn ich nach Spanien gehen würde, war ich mir nicht sicher, ob unsere Beziehung das aushielt. Würde ich in Leverkusen bleiben, könnte es klappen. Roman hatte ja schon schlechte Erfahrungen mit einer Fernbeziehung gemacht. Aber Leverkusen wäre ja eher eine Nah- als Fernbeziehung. Das könnte ja vielleicht klappen. Ich musste das alles noch einmal durchdenken und mit ihm in Ruhe besprechen. Müde fielen mir jetzt doch die Augen zu.

Nicht jeder Schuss ist ein Treffer  ✔ Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt