15
Joanna dämmerte langsam wieder aus der Dunkelheit herauf. Ihr Kopf fühlte sich merkwürdig leicht und gleichzeitig so unendlich schwer an. Wie mit Watte gedämpft. Sie drehte ihren Kopf und unendlich langsam gehorchten ihr ihre Muskeln. Sah einen Infusionsständer neben sich stehen. Von einer Flasche, die dort hing ging ein dünner Schlauch in ihren Arm. Tropfen für Tropfen verschwand die leicht milchige Flüssigkeit in ihrem Arm.
Einen kurzen Augenblick lang drohte ihr Bewusstsein wieder zu schwinden, aber sie klammerte sich mit aller Macht daran. Kämpfte gegen die bleierne Müdigkeit. Jo versuchte ihre Tonnenschwere Hand zu heben, damit sie den Schlauch ziehen konnte, kam dabei aber nicht weit. Amüsiert stellte sie fest, dass sie ans Bett fixiert war. Ein Grinsen erschien auf ihren Lippen. Als wenn sie so fliehen könnte.
Ihre Augenlider flatterten nach hinten und sie sah blicklos zu der Glasscheibe. Sie sah fasziniert die Blutspritzer. Wenigstens war der Leichnam entfernt worden. Langsam schüttelte sie den Kopf. Das Gefühl verschwand nicht. Nicht solange sie weiterhin das Mittel erhielt.
Wieder sah sie zu dem Glas. Sie bemerkte die hektische Betriebsamkeit, welche dahinter herrschte. Sah Männer gehetzt hin und her laufen. Und jetzt hörte sie auch die Geräusche. Geräusche die bereits die ganze Zeit zu hören gewesen waren, es aber bis jetzt nicht geschafft hatten zu ihr durchzudringen.
Schüsse.
Schreie.
Ein Brüllen, wie von einer wilden Bestie.
Jo zerrte wieder an ihren Fesseln. Aber sie hatte immer noch keine Chance.
„Hilfe!" Mehr als ein heiseres Flüstern kam nicht über ihre trockenen Lippen.
Aber wenn es tatsächlich ihr Vater war, dann waren auch die anderen dabei. Das hieße, Wanda war dabei. Sie versuchte sich auf die Rothaarige zu konzentrieren. Versuchte sich deren Gesicht in Erinnerung zu rufen.
-Wanda!- Mit aller Kraft, die sie aufbieten konnte sandte sie deren Namen los. Sie hoffte so sehr das es funktionieren würde. Einen Moment lang meinte sie die Ältere tatsächlich zu spüren.
-Joa...a?-
-Wanda. Hilfe!- Jo hatte aufgrund der Anstrengung angefangen zu zittern. Sie spürte den kalten Schweiß, der aus jeder ihren Poren trat. Ihr Blickfeld wurde fransig und Joanna hatte Mühe ihre Augen offen zu halten.
War das sterben?
-Bleib WACH!- Dieser plötzliche Gedanke ließ sie ihre Augen wieder aufreißen. Als hätte Wanda ihn direkt in ihr Ohr geschrien.
Sie vernahm ein Krachen und das Splittern von Glas. Ihr Kopf rollte zur Seite und Tränen der Erleichterung traten in ihre Augen. Da stand eine Gestalt in einem rot-goldenen Anzug. Der Anzug öffnete sich und eine weitere Gestalt trat schnell aus ihm heraus. Diese trat eilig an sie heran und riss den Infusionsschlauch sofort aus ihrem Arm.
Jo sah hoch und blickte in das besorgte Gesicht ihres Vaters. Ein Gesicht, bei dem sie bereits gedacht hatte es nie wieder zu sehen.
„Hi Dad!" Gab sie mit einem schwachen Flüstern von sich. Dabei kräuselten sich ihre Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln. Immerhin war er der schönste Anblick seit langem.
Tony ging vor ihr in die Knie und strich ihr die wirren Haare vorsichtig aus dem Gesicht. „Hey meine Kleine! Endlich habe ich dich wieder." Dabei streichelte er weiterhin über ihre Stirn. Er fasste sich kurz an sein Ohr. „Hier Tony. Ich habe sie gefunden! Es geht ihr den Umständen entsprechend. Wir sind im nördlichen Zellentrakt! Ich brauche Maximoff schnellstmöglich bei mir, damit er sie schnellstens zum Flieger bringt!"
Während er sprach, hatte Tony begonnen die Gurte zu öffnen, die Jo an die Pritsche fixierten. Nach einem kurzen Augenblick hörten beide ein Geräusch und sahen, dass Pietro angekommen war.
Etwas klarer im Kopf hob Jo diesen und sah zu dem Speedster. Genoss einen Moment seinen Anblick, bei dem sie nicht gedacht hätte ihn noch einmal zu erleben. Sie brachte sogar ein weiteres Lächeln zustande.
Pietro machte einen großen Schritt zu ihr und ging ebenfalls neben ihr in die Knie. Mit besorgten Gesicht nahm er ihre Hand in seine. „Du machst ja Sachen." Merkte er mit brüchiger Stimme an.
„Tja, bin halt nie um einen spektakulären Auftritt verlegen." Sagte Jo schwach. „Schon vergessen?"
„Flirten könnt ihr später!" Unterbrach Tony den Moment zwischen ihnen. „Schaff sie sofort hier raus Pietro!"
„Klar!" Antwortete ihm der Speedster. Schnell schob er seine Arme unter ihren Rücken und ihre Kniekehlen. Mühelos stand er auf und drückte Jo fest an sich.
„Pass ja auf sie auf!" Sagte Tony streng zu ihm und stand ebenfalls auf. Zügig ging er zu seinem Anzug und stieg wieder in ihn rein.
„Mit meinem Leben." Flüsterte Pietro in Joannas Haar und lief sofort los.
Nur wenige Augenblicke vergingen, in denen Jo die Geräusche und Bilder schemenhaft wahrnahm und sie standen vor dem Flieger. Joanna blinzelte gegen das helle Licht und versteckte ihr Gesicht an Pietros Brust. Dieser lief zügig weiter und betrat mit ihr das Flugzeug. Dort legte er sie auf eine der Tragen und schnallte sie vorsichtig fest.
Jo spürte, wie die Anspannung der letzten Tage von ihr abfiel. Augenblicklich machte sich große Müdigkeit in ihrem Körper breit. Ihr war undeutlich bewusst, dass wenn sie ihre Augen schloss, diese zu bleiben würden. Aber es war so verlockend. Endlich ohne Angst und in Sicherheit schlafen zu können. Nur für einen kurzen Augenblick. Sie sah hoch zu Pietro, während sie ihre Augen weiterhin mühsam offen hielt. Sein Blick traf ihren und er beugte sich augenblicklich zu ihr hinunter.
„Danke." Flüsterte sie mit letzter Kraft, bevor ihre Augenlider nachgaben und zufielen.
Bevor sie endgültig ins Dunkel sank, hörte sie Pietro panisch „BRUCE!" brüllen. Und dann war da nichts mehr.
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An ordinary extraordinary Life
FanfictionWenn Joanna ihr Leben beschreiben sollte, dann wäre 'trostlos' das erste was ihr einfiele. Ihre Mutter tot und der Vater unbekannt. Also lebte sie bei ihrer Tante, der sie so ziemlich egal war. Heute fand die Testamentseröffnung statt, bei der sie e...