22
Mit weit geöffneten Augen lag Joanna in ihrem Bett und starrte an die Decke. Wieder eine Nacht die sie schlaflos verbrachte. Dabei wäre sie so müde. Aber sobald sie die Augen schloss und versuchte einzuschlafen, war sie wieder an diesem Ort. Ihrer Zelle.
Dann sah sie Braun.
Sah das Monster!
Joanna erschauderte und zog sich die Decke bis zum Kinn hoch. Wickelte sich vollkommen darin ein, bis nur noch ihr Gesicht heraus sah. Es beruhigte sie tatsächlich ein bisschen so eingemummelt zu sein. Sie hätte auch heute wieder eine Schlaftablette nehmen sollen. Nach deren Einnahme erwischte sie wenigstens etwas Schlaf. Zumindest war es die letzten Nächte so gewesen. Aber wenn sie Tabletten nahm, dann fühlte sie sich den darauffolgenden Tag über schlecht.
Ein lautes Seufzen erklang unter dem Deckenberg. Tagsüber konnte sie die Tage ihrer Gefangenschaft so gut vergessen. Da war sie abgelenkt. Denn es war immer jemand da, mit dem sie reden konnte oder der einfach nur da war. Ihr Vater hatte sich für die nächste Zeit sogar von allen Missionen freistellen lassen. Einfach damit er für sie da sein konnte. Und es half tatsächlich. Er brachte sie zum Lachen und lenkte sie ab. Aber Nachts kamen die Gedanken wieder, die dann unablässig ihre Kreise in ihrem Kopf zogen. Immer wieder dasselbe. Buckys Gegenwart in den letzten Nächten hatte geholfen. Aber das war nun einmal keine Dauerlösung. Was nun?
Wahrscheinlich waren erst wenige Stunden vergangen, seitdem sie bei Wanda gewesen war und von dieser ein Kleid bekommen hatte. Sie drehte sich zur Seite und sah in Richtung der Fenster. Durch die Lamellen schien das Mondlicht und malte schmale Streifen auf den Boden. Ein schweres Seufzen kam über ihre Lippen. Es war wohl immer noch mitten in der Nacht. Jo drehte sich in ihrem Deckenkokon auf ihre andere Seite und wagte es zum Wecker zu sehen.
Zwei Uhr.
Und sie lag bereits einige Zeit lang wach. Was sollte sie nun machen? Sich bis zum Morgen in ihrem Bett herum drehen? Jo schälte sich aus ihrer Decke und setzte sich auf. Ein Griff neben das Bett genügte und sie hatte ihre Jacke in der Hand. Schnell zog sie diese an und stand anschließend auf. Während sie ihre Hausschuhe suchte, überlegte sie zu wem sie gehen könnte. Sie erinnerte sich an Pietros Angebot von vor ein paar Tagen. Mit einem Lächeln schüttelte sie ihren Kopf. Es wäre verlockend zu ihm zu gehen, aber Jo war sich nicht sicher, ob er der richtige Ansprechpartner war. Eher nicht. Er würde sie ohne Zweifel ablenken, aber es würde wohl zu keinem vernünftigen Gespräch kommen. Denn natürlich war sie so dumm und wollte ihn nicht in ihre düsteren Gedanken hineinziehen. Nicht ihn.
Jo sah wieder zu ihrem Wecker. Es war inzwischen Viertel nach zwei. So konnte es nicht weiter gehen. Sie musste mit jemandem reden!
„Hey Friday! Kannst du mir sagen ob Bruce noch wach ist und wo er sich aufhält?"
Nach einem Moment der Stille kam schließlich eine Antwort. „Der Doktor ist wach und befindet sich im Labor."
„Danke dir."
Jo setzte sich in Bewegung. Sie öffnete leise die Tür und schielte auf den Gang hinaus. Auch heute Nacht hatte sie wieder Glück, denn es herrschte Stille. Leise, damit auch ja niemand aufwachte, lief sie zum Aufzug. Schnell war das Gefährt da und brachte sie zur gewünschten Etage. Sie stieg aus und sah, dass Labor und Werkstatt gleichermaßen erleuchtet waren. Kurz überlegte sie doch zu ihrem Vater zu gehen, verwarf diesen Gedanken aber schnell. Ihn hatte sie gestern gestört, wobei er das natürlich nie zugeben würde. Vielleicht hatte Bruce ein paar Ideen und Ratschläge. Da war sich Jo sogar ziemlich sicher.
DU LIEST GERADE
An ordinary extraordinary Life
FanfictionWenn Joanna ihr Leben beschreiben sollte, dann wäre 'trostlos' das erste was ihr einfiele. Ihre Mutter tot und der Vater unbekannt. Also lebte sie bei ihrer Tante, der sie so ziemlich egal war. Heute fand die Testamentseröffnung statt, bei der sie e...