✨Golden Hour 1/2 [NamJin]

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Seokjin

Es war 22:51 und Seokjin war bereit dem Nächsten, der ihm eine frohe Weihnacht wünschte, mehr oder weniger subtil den Mittelfinger zu zeigen.

Der in gelbes Röhrenlicht getauchte Hausflur war kalt, der dreckige Fliesenboden noch kälter und die Tür in seinem Rücken blieb seit einer gefühlten Ewigkeit verschlossen.
Wenn er ganz ehrlich war, dann war er selbst schuld an seiner misslichen (und verdammt unbequemen) Lage.
Aber hey, es war deutlich einfacher, die Schuld einfach auf Taehyung zu schieben, oder auf das unglückliche Individuum, dass auf die absolut großartige (nicht.) Idee kam, diesen mit der Bowle zu betrauen. Mit der Bowle, von der Seokjin zu viel getrunken hatte, so viel war er bereit zuzugeben.

Und jetzt, genau 14 Tage und 18 Stunden später, saß er vor Namjoons verschlossener Tür und bereute nichts mehr, als drei Jahre tiefer Freundschaft in den Sand gesetzt zu haben, weil er vielleicht, ganz eventuell, zu viel getrunken hatte. Der Untergang des Worldwide Handsome (und nein, Seokjin hatte keinen Hang zur Dramatik, also bitte).

Es war nicht so, als sei Namjoon sein einziger Freund gewesen, nein, Seokjins Freundeskreis spannte sich wahrscheinlich über ein Drittel der Amsterdamer Bevölkerung (ausgenommen die Fahrräder natürlich). Aber Namjoon.... Namjoon war, man möge Seokjin den Kitsch verzeihen, anders. Er sah tiefer, Namjoon verstand ihn ohne wirkliche Anstrengung; Namjoon war das Zuhause, dass er auf all seinen Reisen gesucht hatte. Seokjin behauptete gerne, dass er in Amsterdam angekommen sei, aber wenn er ganz ehrlich war, dann verband er dieses Gefühl weniger mit der Stadt an sich, als mit Namjoon selbst. (Außerdem lachte er über Seokjins fantastischen Witze (Grübchen!), was man von dem Rest ihres geschmacklosen Freundeskreis leider nicht behaupten konnte). Namjoon, der ihm seit Wochen aus dem Weg ging, der stumm blieb, wenn sie sich doch einmal sahen und der sich jetzt weigerte, die verdammte Tür aufzumachen, obwohl Seokjin seit zwei Stunden zwischen klingeln, klopfen und verzweifelt auf dem Boden sitzen alternierte, während das selbstgemachte Essen in der Plastiktüte zu seinen Füßen langsam kalt wurde.

Kurz hatte er erwogen, dass Namjoon vielleicht nicht zuhause sein könnte, aber Namjoon war immer an Weihnachten zu Hause. Die Kim's waren ein Forscherehepaar, ständig in irgendwelche Untersuchungen am Arsch der Welt verwickelt, da blieb auch an Weihnachten keine Zeit für ihren Sohn. Wahrscheinlich untersuchten sie gerade auf Südgeorgien das Schlafverhalten von Seeelefanten oder so. Umso mehr Zeit hatte Joon für Seokjin, der an Weihnachten keinen Ton von seinen Eltern hörte, so wie das restliche Jahr eben auch nicht. Wirklich überraschend war es nicht, dass sie es nicht sonderlich gut aufgenommen hatten, als ihr Sohn sich weigerte Business and Accounting weiterhin zu studieren und stattdessen alte Bücher restaurieren wollte. Tja, und dass ihr Sohn dann auch noch seinen damaligen Freund mit zum Weihnachtsessen gebracht hatte, das war dann wohl der letzte Tropfen gewesen. Seine Eltern waren nie sonderlich tolerant gewesen. Umso dankbarer war er dafür, dass er jemanden hatte mit dem er Weihnachten verbringen konnte; jemanden, der ihn von dem furchtbaren Ziehen in seiner Brust ablenkte. Sie nahmen sich gegenseitig die Einsamkeit.
Bei dem Gedanken daran, dass das hier sein erstes Weihnachten in Amsterdam ohne Namjoon sein würde, machte Seokjins Magen einen Satz nach unten. Vielleicht sollte er-

"Jin?"

Warte. Was.
Er hob den Kopf so schnell, dass es krachte. Autsch.

"Was machst du hier?"

Seokjins Gehirn stellte ihm die hilfreiche Info zur Verfügung, dass Antworten vielleicht eine gute Idee sei, aber er war gerade viel zu sehr damit beschäftigt Namjoon anzustarren, um sich mit trivialen Dingen wie sprechen zu beschäftigen.
Von seiner Position am Boden aus ließ Seokjin seinen Blick über lange Beine in engen Jeans gleiten, über den dicken Parka und den E-bass-Koffer, der über Namjoons Schultern ragte, bis er schließlich an Namjoons Gesicht hängen blieb; die vom Schnee nassen Haare an seiner Stirn klebend; die von Kohl umrahmten Augen vor Überraschung geweitet.
Well, fuck.

BTS Christmas OS feat. precious Dongsaengs :D // now sorted & closedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt