Jimin
Ich saß im Fenster und ich hatte aber kaum Beachtung für die Flocken, die dicht an dicht ihren Weg auf den Boden fanden. Ich konnte mich nicht konzentrieren, denn meine Gedanken flossen immer wieder zu ihm. Was er wohl jetzt machte? Ob es ihm gut ging. Ich schaute auf mein Handy und wünschte, es würde einen Ton von sich geben, ein Zeichen, irgendwas.
Der Streit war schon zwei Monate her, doch es tat noch immer weh daran zu denken. Ich konnte nicht mal mehr sagen, wer schuld war. Wahrscheinlich beide. Er hatte viele Sachen gesagt, die mich schwer verletzt hatten, doch ich war auch nicht mehr zimperlich gewesen. Ein Wort gab das andere, Türen würden geknallt und wir redeten nicht mehr.
Doch das hieß nicht, dass ich ihn nicht mehr liebte. Im Gegenteil, ich vermisste ihn schmerzlich. Ich wollte nichts sehnlicher, als zurück in seine Arme krabbeln, dass er mir durch die Haare strich und mir zuflüsterte, dass alles gut werden würde. Doch das war eine bloße Wunschvorstellung. Er hatte nicht mal versucht, mich zu kontaktieren. Er hatte auch niemanden nach mir gefragt. Vielleicht war ich ihm egal geworden nach der ganzen Sache.
Es war Weihnachten und ich war allein. Eigentlich wäre Hoseok jetzt bei mir. Schon seit acht Jahren hatten wir jeden Heiligabend zusammen verbracht. Das erste Mal, weil wir uns ein Zimmer im Dorm der Uni teilten und beiden nicht nach Hause fahren konnten. Er kam aus Gwangju, ich aus Busan. Das war nicht die Welt entfernt, doch wenn man kein Geld hatte, dann konnte das schon ein Universum sein, dass zwischen einem selbst uns Zuhause lag.
Wir waren gerade mal frisch in einem Zimmer gelandet, kannten uns kaum, doch wir waren gewillt zusammen zu sein, damit keiner von uns einsam sein musste. Das war seit dem auch so geblieben. Wir wurden besten Freunde, standen und näher als die Atome in einer festen Verbindung und irgendwann wurde mehr daraus.
Ich kannte ihn, wie ihn niemand kannte und er wusste alles über mich, auch das was ich ihm nicht erzählte. Daran zu denken, wie es geendet war, ließ mich bitter werden. Ich sah das von einer neuen Seite.
Wer dich am besten kennt, weiß auch am besten, wie er dich verletzen kann.
Fuck, ich heulte schon wieder. Eigentlich hatte ich in den letzten Wochen nie wirklich damit aufgehört. Ich vermisste ihn zu sehr. Ich wusste, dass ich das nicht sollte. Ein Teil von mir war noch immer bitter und wollte ihn nie wiedersehen, doch die Sehnsucht war größer und sie machte mich fertig. War das erbärmlich? Ja, mit Sicherheit.
Es war auch erbärmlich im Fenster zu sitzen und nach draußen zu starren oder auch, dass ich ihm schon vor Monaten ein Weihnachtsgeschenk besorgt hatte. Ich hatte es gestern eingepackt, keine Ahnung warum. Es lag auf dem Tisch und der Anblick des Pakets verhöhnte mich. Doch nur rumsitzen und weinen brachte mir auch nichts.
Vielleicht sollte ich es noch mal versuchen. Das Gespräch zu ihm suchen. Je nachdem, wie er reagierte, konnte er mir ja dann das Herz weiter brechen, oder wir redeten endlich darüber. Ich wischte mir die Wangen trocken und nickte das für mich ab. Das hier hielt ich einfach nicht aus. Diese Ungewissheit, diese Einsamkeit und ... ohne weiter theatralisch sein zu wollen: Naja mir war kalt! Ich atmete zittrig durch, dann kletterte ich aus dem Fenster und stolperte durch meine inzwischen dunkle Wohnung.
Ich zog meine Schuhe an, warf mir meinen Mantel über und legte meinen Schal um. Dann griff ich nach meinen Schlüsseln und machte mich auf den Weg nach draußen. Jungkook würde mir schon helfen, er wusste todsicher, wo Hoseok sich wohl aufhielt, jetzt wo er nicht mehr mit mir zusammen wohnte. Ich schrieb ihm also eine Nachricht. Das hätte ich vielleicht tun sollen, bevor ich mich todesmutig ins Schneegestöber werfe, aber sei es drum. Drinnen fiel mir eh die Decke auf den Kopf. Ich kam nur einige Schritte weit. Ich wollte gerade den Weg zu Ubahn einschlagen, als mich plötzlich ein Mann anrempelte, den ich zuvor gar nicht wahrgenommen hatte. Er mich offensichtlich auch nicht also drehte ich mich um.
"Entschuldigung, ich...", begann ich, dich mir blieben die Worte im Hals stecken. "Ich sollte mich entschuldigen", antwortete Hoseok und seine Stimme klang rau. Meine Wangen wurden rot und ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. Sorgsam hatte ich mir Worte zurechtgelegt, innere Dialoge durchgespielt, damit ich ja nicht den Faden verlor und jetzt war er hier plötzlich auf der Straße, vor meinem Haus. Er erwischte mich kalt.
Ich wollte nichts Dummes sagen und verfluchte meine Unsicherheit. Was wenn er mich nicht so vermisste, sondern nur irgendwas holen wollte, was er bei mir vergessen hatte? Scheu sah ich zu ihm auf. "Was... Du hier?", fragte ich unsicher und er betrachtete mich einen Augenblick, so wie ich auch ihn. Er sah müde aus und seine Haare waren länger geworden. Litt er auch so wie ich? Schneeflocken verfingen sich in seinen dunklen Haaren und begannen diese zu durchnässen. Seinen Mantel trug er offen, als hätte er sich gerade erst raus in die Witterung begeben. Wohnte er etwa in der Nähe?
Er versenkte seinen Blick in meinem und ich konnte nicht mehr wegsehen. Es war schwer zu fassen, was in ihm vorging, doch scheinbar schien er mit sich zu ringen. Ich hätte gern gewusst, was ihm durch den Kopf ging. Vielleicht, was er zuerst sagen sollte, also wartete ich ab und ließ ihn denken.
Plötzlich wurde sein Ausdruck weich und er schluckte leer. "Bitte komm zu mir zurück", wisperte er und mein Herz nahm Fahrt auf, "es tut mir alles so leid und ich vermisse dich jeden Tag nur noch mehr. Jimin, bitte komm zurück." Ich fühlte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Ich tat auf ihn zu und schlang die Arme um seinen Nacken und vergrub mein Gesicht an seinem Hals. "Mir tut es auch leid", sagte ich, doch Schluchzer unterbrachten mich immer wieder. Er schob mich ein Stück von sich, um mich anzusehen. Zärtlich strich er mir die Tränen von den Wangen, dann küsste er erst meinen Haaransatz und dann meine Lippen.
"Ich wünschte, ich hätte besser auf deine Gefühle aufgepasst", murmelte er und küsste mich gleich noch mal. "Es tut mir wirklich leid." Ich nickte erleichtert und erwiderte den nächsten Kuss, den ich empfing. Sehnsüchtig gab ich mich der Zuwendung hin. Als ich mich wieder von ihm löste, kuschelte ich mich enger an ihn und er nahm mich mit den seinen Mantel. Der Schnee fiel noch immer in dichten Flocken, doch es interessierte mich nicht mehr wirklich, denn alles, was ich brauchte, hatte gerade wieder seinen Weg zu mir zurückgefunden.
"Ich hatte nicht so arschig zu dir sein dürfen", räumte ich ein und er strich mir wieder durch die inzwischen nassen Haare. Ich bibberte und sicherlich war es kalt, aber ich fühlte es nicht. Alles, was ich wahrnahm, war, dass er wieder seine Lippen auf meine senkte. Es tat gut erst mal einfach zu verzeihen, doch wir wussten beide auch, dass wir dringen drüber reden musste, denn das einfach totzuschweigen würde uns nicht voranbringen. Der Streit war schlimm genug gewesen, dass wir zwei Monate nicht miteinander geredet hatten. Doch er war wieder hier und das war alles was zählte.
"Ich liebe dich", flüsterte er mir zu und ich sah glücklich zu ihm auf. "Ich dich auf", wisperte ich und nahm seine Hände. "Wir haben viel zu bereden", meinte ich und er nickte. "Denkst du das gleiche, was ich denke?", fragte Hoseok mit einem verschmitzten Lächeln und ich grinste unter Tränen, während ich nickte.
Wir sollten einfach zusammen ein Bad nehmen und in Ruhe über alles reden.
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BTS Christmas OS feat. precious Dongsaengs :D // now sorted & closed
FanfictionWenn im Gruppenchat Dinge entstehen... Hier eine 'kleine' Ansammlung von Weihnachts-OS, von uns und unseren hochtalentierten Dongsaengs und Freunden. Vier Weihnachten lang haben wir jedes Mal wieder kleine Kurzgeschichten gesammelt und veröffnetlich...