Your Name
Nur weil wir außer Sichtweite waren, hieß das nicht, dass wir die beiden nicht mehr im Blick hatten. Wir hatten uns auf die Lauer gelegt. Das Einzige, was uns fehlte, waren Ferngläser. Aber hey, irgendwer musste ja auf Kookie und Tae aufpassen. Die schafften das bestimmt nicht ohne uns. Ganz bestimmt nicht.
"Siehst du das, was ich sehe, Cupid eins?", fragte er und legte mir, ohne den Blick von unseren beiden Zielobjekten zu lassen, eine gebrannte Mandel in die Hand, die ich mir direkt in den Mund schob. "Ich denke schon Cupid zwei", frohlockte ich. Stalken war ja sonst nicht so mein Ding, aber mit Jin zusammen war es schon lustig. Die Zielobjekte machten sich gut und schienen den Schock, plötzlich auf sich gestellt zu sein, überwunden zu haben.
Zuerst waren die Beiden sehr irritiert gewesen, dass sie zurückkamen und plötzlich allein waren, mit vier Glühweinen, die es zu trinken galt. Doch inzwischen schienen sie ihre Zweisamkeit nicht nur zu hinzunehmen, sondern auch zu genießen. Es war nur noch kälter geworden und entsprechend hatte man genug Ausreden, sich näher aneinander zu kuscheln. Das galt auch für Jin und mich. Doch langsam wurde ich zum Eiszapfen und es wurde Zeit zu gehen. Ich sah auf die Uhr. Es war auch schon fast zwölf und entsprechend müde wurde ich auch.
"Cupid eins wird langsam nach Hause fliegen", kündigte ich an und Jins Handy blinkte auf. Seit wir 'weg' waren, machten wir einen auf Fernberater. Ich texte die ganze Zeit mit Jungkook und versicherte ihm, dass ich TaeKook voll unterstützte, dass es mir gut ging und dass er gern so weit gehen sollte, wie er sich wohlfühlte (ich aber nicht alles wissen musste). Außerdem, dass ich nicht allein im Dunkeln umherwanderte, weil Jin immer noch bei mir war. Dieser genoss jetzt nicht Kookies ganzes Vertrauen und er war kurz davor gewesen mir zu folgen, um mich zu beschützen, doch irgendwann hatte ich ihm glaubhaft versichert, dass Jin ein Gentleman war und mich nicht in eine Ecke zerrte und genauso gut geeignet war nicht-Gentlemans von mir fernzuhalten, wie Kookie selbst.
Jin hingehen schrieb Tae die ganze Zeit, dass eine Freundin ja wohl ein Grund war, aber kein Hindernis, spoilerte ihm jedoch auch gleich, dass ich weder Grund noch Hindernis war, denn es war aus und ermutigte Tae seinerseits, sich Jungkook einfach klarzumachen. Er war fast so was wie ein Teufel auf der Schulter. Ihnen zuzusehen war nicht mal wirklich spannend, sondern eher die Textverläufe, die wir mit ihnen hatten und dass wir beide kannten, denn wir waren ja auch noch zusammen unterwegs. Auch wenn das alles weird war, ich hatte Spaß. Dennoch wurde es Zeit.
"Warte, warte, warte! Da! Cupid eins!", er zeigte auf die Turteltäubchen, als Tae Jungkook über die Wange strich und ihm einen flüchtigen Kuss aufdrückte. Jin bat mir ein High Five an und ich schlug ein. Mission erfolgreich! Ich konnte damit leben, dass Jungkook glücklich war, das war viel wichtiger und ich fühlte es auch viel stärker als irgendwelche Eifersucht oder Bitterkeit. Die war zwar nicht ganz ausgeblieben, doch das war wohl nur menschlich.
"Wir sind die Besten, Cupid zwei", lobte ich und er grinste. Wir stießen mit dem Glühwein an, den wir uns von einem anderen Stand besorgt hatte und ich trank aus. "Ich werde dann mal", meinte ich vage und er schien enttäuscht. Ich lächelte leicht verlegen, als ich es merkte und er grinste nur zurück.
"Darf ich dich noch zum Bus bringen?", fragte er und schien das erste Mal heute eine Spur verlegen. Das war süß. Er war also nicht komplett strotzend vor Selbstbewusstsein, aber dennoch hatte er mehr als genug davon. "Klar", willigte ich ein und er fand zu seinem verschmitzten Grinsen zurück. Wir räumten zusammen und machten uns auf den Weg. Es war nicht besonders weit zur Haltestelle, aber es war dunkel und da fühlte man sich in Begleitung eines Mannes, doch sicherer.
Ich atmete etwas auf, als wir den Trubel des Weihnachtsmarktes verließen. Klar war es schön da, die vielen Geräusche, Eindrücke und Gerüche. Doch ich wertschätzte auch die Stille, die uns jetzt umhüllte, wo wir die bunten Lichter hinter uns gelassen hatten. Gerade als wir die Haltestelle erreichten, begann es zu schneien und ich lächelte leise. Ich hielt die Hand auf und fing ein paar der Flocken auf. "Du magst Schnee, was?", fragte Jin und ich drehte mich ihm zu. Er stand mit der Schulter an die Bushaltestellenwand gelehnt und sah dabei aus wie ein junger Gott. Oder wirklich wie ein Cupid. Seine Haare waren zerzaust und seine Wangen gerötet. Seine dunklen Augen glitzerten im fahlen Licht der Straßenlaterne. Er war schön.
Doch er war mehr als nur schön. Denn das würde nicht reichen, um mich so zu beeindrucken.
Ich hatte bereits ein paar Sachen über ihn gelernt und es war verrückt, denn wenn ich darüber nachdachte, welche Ausgänge ich mir für dieses Date mit Jungkook ausgemalt hatte, dann war das definitiv nicht dabei gewesen. Mit Jin zusammen Amor zu spielen hatte Spaß gemacht und er war wohl die erste Person seit langen mit einem ähnlich flachen Humor, wie ich ihn hatte. Es war so leicht gewesen sich mit ihm zu unterhalten und er hatte so frische, weltoffene Ansichten und eine Stimme, der man gern lauschte. Ich hatte den Abend mehr genossen, als ich es hätte erwarten können.
"Du nicht?", fragte ich und trat auf ihn zu, um ihm ein paar der Flocken aus den Haaren zu zupfen, die sich in dort verfangen hatten, bevor er sich untergestellt hatte. Ich dachte auch nicht drüber nach. Vielleicht war ich ein wenig betrunken. Umso besser, dass ich nicht allein war. "Doch", sagte er, stieß sich ab und legte mir die Hände an die Hüfte. Er schob mich ein kleines Stück zurück und wir standen wieder im Schneefall, der allmählich immer dichter wurde. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer und überrascht sah ich zu ihm auf.
"Weißt du was angeblich Glück bringt?", fragte er und ich schüttelte den Kopf. "Ein Kuss im Schnee", murmelte er und beugte sich zu mir runter um seine Lippen vorsichtig forschend auf meine zu senken. Der Kuss war nur kurz, aber er war liebevoll und brachte mich zum Schmelzen. Meine Wangen wurden warm und ich schlug ihm leicht vor die Schulter, als er sich wieder von mir löste. "Ich hab gesagt, ich muss einen Tag warten!", beschwerte ich mich und er zeigte mir seine Uhr. "Und ich hab mich dran gehalten. Es ist zwölf durch. Technisch gesehen ist der Tag rum", argumentierte er mit einem verschmitzten Lächeln und zog mich etwas näher.
"Ich...", ich blinzelte, "das klingt logisch." "Siehst du", meinte er triumphierend, "du musst dich also nicht schlechter fühlen als Jungkook, denn er ist die Hoe von euch beiden." Ich schlug ihn wieder und ließ meine Hand auf seiner Schulter liegen. "Du laberst einen Scheiß", ließ ich ihn wissen. "Ich weiß", stimmte er zu und lehnte sich wieder zu mir runter. Dieses Mal war ich wenigstens vorbereitet und nach kurzen in mich reinhören wusste ich, dass ich es auch wollte, also schlag ich die Arme um seinen Nacken und kam ihm ein Stück entgegen. Seine Lippen waren weich und der Kuss blieb sanft und zärtlich, was nur dafür sorgte, dass ich noch schneller und tiefer für ihn fiel. Ich fuhr ihm durch die dunklen Haare und genoss die Zuwendung in vollen Zügen. Wir lösten uns nicht voneinander, bis ich Reifengeräusche auf Schnee wahrnehmen konnte.
"Y/N, dein Bus", murmelte Jin gehen meine Lippen und ich war drauf und dran, den letzten einfach ziehen zulassen. Doch Jin, ein Gentleman ohnegleichen, schob mich zur Bustür hin. "Steig ein", sagte er sanft, "und wärme dich zu Hause ja gut auf. Du bist ein Eiszapfen." Er drückte mit noch zwei unschuldige Küsse auf und schob mich dann endgültig zum Bus. "Ruf mich an", sagte er und ich stieg ein. "Ich lass dich zappeln", rief ich nach draußen. "Dann ruf ich dich an", meinte er nur locker und war mir einen Luftkuss hinterher. Ich kicherte und setzte mich auf einen der Sitze, winkte ihm noch mal zu und ließ mich dann in den Sitz sinken.
Wer hätte gedacht, dass so was passieren würde?
Ich hatte auf jeden Fall eine Menge mit meinem nun wieder besten Freund zu besprechen, wenn der fertig war sich aufreißen zu lassen. Ich lachte leise und schaute aus dem Fenster. Warum Jungkook und ich überhaupt je ein Paar gewesen? Es fühlte sich so anders an mit Jin und allein an ihn zu denken, füllte meinen Buch mit Schmetterlingen und das war widerlich kitschig. Meine Liebe für Jungkook war nicht kleiner geworden, doch sie war nie wirklich romantische Liebe gewesen, oder? Alles in der Welt machte irgendwie Sinn und vielleicht war ich nur sein unterbewusstes Alibi geworden, damit wir den heutigen Tag erleben konnten.
Das war zwar alles mega weird gelaufen, doch ich fühlte mich viel glücklicher als noch am Morgen und wahrscheinlich hatte ich mich das erste Mal wirklich verliebt.
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BTS Christmas OS feat. precious Dongsaengs :D // now sorted & closed
FanfictionWenn im Gruppenchat Dinge entstehen... Hier eine 'kleine' Ansammlung von Weihnachts-OS, von uns und unseren hochtalentierten Dongsaengs und Freunden. Vier Weihnachten lang haben wir jedes Mal wieder kleine Kurzgeschichten gesammelt und veröffnetlich...