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Ich betrete mein Zimmer und pfeffere meine kaputten Schuhe in die Ecke. Jones setzt sich auf und sammelt seine Habseligkeiten ein. Knallrot stammelt er einige Entschuldigungen. Mein Blick fällt auf sein Buch und das ist wirklich interessant. Es ist ein Buch über die Pyramiden. Ich bekomme leuchtende Augen und ich frage ob ich es einmal ansehen dürfte. Jones nickt und reicht mir sein Buch. Ich setze mich neben ihn auf mein Bett und überfliege die Kapitel in denen die Pyramiden beschrieben werden. Ich kenne die Pyramiden in und auswendig. Kurz schaue ich mir dieZeichnungen an und schnalze mit der Zunge. Die Zeichnung ist ungenau und die Abstände sind falsch. Außerdem fehlen jede Menge Kammern und Gänge. Zudem sind die Pyramiden nicht alle den richtigen Pharaonen zugeordnet. Der zweite Teil ist wesentlich interessanter. Dort sind die alten Schriften abgedruckt. Es sind die Segen der Isis. Kleinere Zaubersprüche die für Fruchtbarkeit sorgen. Ich lese mir die Erklärungen neben den Texten durch und bekomme fast einen Lachkrampf. Dort steht doch allen Ernstes dass man die Texte nicht lesen könne. Belustigt schaue ich Jones an und frage ob er wissen will was dort steht. Er schaut mich erstaunt an und ich lese ihm die Texte vor. Dann erkläre ich ihm wie man die liest und übertrage und übersetze ihm die Texte. Er schaut mich an als wolle er mich umarmen. Er ist begeistert dass ich Ägyptisch lesen kann. Hey! Ich bin hier aufgewachsen und meine Mutter gehört zu den Hüterinnen des Wissens! Natürlich kann ich das lesen. Das verrate ich ihm natürlich nicht. Doch ich verrate ihm noch dass die Pyramiden falsch zugeordnet sind. Ich schreibe ihm auf welcher Pharao in welcher Pyramide schläft. Er hört gebannt zu und fragt mich zwischendurch immer mal wieder: „Bist du dir sicher?" Ja, man! Ich bin hier geboren und aufgewachsen! Ich entstamme diesem beschissenen uralten Geschlecht der Baw- Hemet an, der Wächterinnen der Pharaonen. Uns gab es seit Anbeginn der Zeit, wir waren seit Anbeginn der Zeit da. Meine Ururahnen haben dieses Land gegründet. Ich nicke darum und sage: „Ja, ich bin mir sicher. Und wenn du gerade aufgepasst hast wirst du merken dass du auf diese Weise auch die anderen Schriften lesen kannst." Jones ist so begeistert dass er wie ein kleiner Junge an Weihnachten wirkt. Aufgeregt wühlt er in seinem Rucksack. Er kramt eine weitere Faksimile Sammlung heraus. Ich gehe mit ihm die Schriften durch und lese sie ihm vor. Es ist alles belangloses Zeug. Die Archäologen haben viele der kleineren Schatzkammern geöffnet und zerstört. Bisher haben sie noch nie eine der großen Kammern entdeckt. Echtes Wissen haben sie noch nicht gefunden. Ich frage Jones was ihn denn motiviert den Schlaf meiner Ahnen zu stören. Erst schaut er verdutzt doch als er meine Frage versteht erklärt er mir was ihn antreibt Archäologe zu sein. Er schwärmt davon sich Wissen anzueignen das längst vergessen ist. Er zeigt mir seine Aufzeichnungen über die Inuit, die Kelten, die Neandertaler , und über die Wikinger. „Ich weiß dass ich erst ganz am Anfang meiner Karriere bin. Ich liebe es einfach in der Erde nach Spuren von den Menschen früher zu suchen. Und gerade hier in Afrika, wo die Wiege der Menschheit ist kann man so viel entdecken! Wusstest du dass es in Ägypten schon seit 6000 Jahren Zivilisation gibt?" Seine Augen strahlen als er mir das erzählt. Ich lächle und nicke. Ihm zuzuhören ist wahnsinnig interessant. Ich frage ihn lange über die anderen Völker aus und er berichtet mir begeistert von dem was er weiß. Jones kann gut erzählen. Seine Berichte sind lebendig. Ich bin fast ein bisschen traurig dass ich nicht mit ihm zusammen durch die Weite der Arktis gewandert bin oder mit ihm die Höhlenmalereien der El Kastillo Höhle angeschaut habe. Er kann wirklich lebhaft erzählen und seine Freude an dem Wissen steckt an. Als ich ihn frage weswegen er jetzt plötzlich in Ägypten steckt lacht er und er verrät mir dass er am liebsten überall auf der Welt nach Spuren der Menschheit suchen würde. „Wusstest du dass sich die Mythen und Legenden der alten Völker alle ähneln? Die Sintflut Geschichte beispielsweise ist in fast jeder Kultur auf jedem Kontinent zu finden. Auch die ersten Menschen, Adam und Eva heißen in so vielen Kulturen gleich. In der nordischen Mythologie heißen sie Ask und Embla. Das kann kein Zufall sein." Jones Augen funkeln vor Begeisterung. Seine Leidenschaft ist ansteckend. Schon bald erzähle ich ihm was ich über unsere Geschichte weiß. Ich bin mir bewusst dass ich noch nicht wirklich in alle Geheimnisse eingeweiht bin, das werde ich erst nachdem ich die Ausbildung abgeschlossen hätte. Da ich aber im letzten Ausbildungsjahr bin habe ich eine Menge zu erzählen. Als die Sonne aufgeht wird mir bewusst dass ich meinem ärgsten Feind alle Geheimnisse anvertraut habe die mir bisher erzählt wurden. Ich wünschte ich wäre diesem Mann nie begegnet!
Hastig verlasse ich mein Zimmer. Ich nuschle eine Entschuldigung dass mein Küchendienst nun begänne. Eilig schnappe ich mir ein paar heile Schuhe aus meinem Schrank und haste in die Küche. Es ist noch viel zu früh aber ich habe keine Lust mir mit Jones mein Bad zu teilen oder mich vor ihm umzuziehen. Darum gibts in der Küche eine Katzenwäsche und ich schaue ob ich meine Haare so lassen kann. Zum Glück habe ich glatte Haare die auch nicht leicht verknoten. Ich löse meinen Zopf und flechte ihn. Dann drehe ich den geflochtenen Zopf auf und habe einen Dutt um den ich ein Tuch binde. Dann fange ich schon einmal an mich um den Frühstücksraum zu kümmern. Die fleckigen Tischtücher wechsle ich gegen saubere aus und weil ich genügend Zeit habe, bringe ich die gebrauchten in die Waschküche und werfe sie in die Waschmaschine. Die Wäsche aus der Maschiene hänge ich zum trocknen draußen auf und die getrocknete Wäsche hänge ich ab, lege sie zusammen und stelle sie neben die Mangel. Es gehört absolut nicht zu meinen Lieblingsaufgaben die Wäsche zu machen aber ich glaube dass ich da heute durch muss. Doch ich werde mich erst später in diesem stickigen Raum darum kümmern dass die Tischtücher wieder glatt und schön werden. Jetzt wartet das Frühstück auf mich. Ich bereite Kaffee und Tee vor. Ich backe Brot und Brötchen. Dann bereite ich Fullen und Baba Ghanoush für unsere einheimischen Gäste zu. Da wir internationale Gäste bewirten bereite ich das internationale Frühstück zu. Bei den Verschiedenen französischen Käsesorten wird mir schlecht. Zum Glück muss ich das widerliche Zeug nur aus der Verpackung nehmen und unter die Käseglocken legen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie das Zeugs stinkt! Doch noch schlimmer finde ich das saure graue Brot aus Deutschland. Das schmeckt als habe jemand in den Teig gekotzt. Auch das schwarze Brot aus diesem Land ist mehr als gewöhnungsbedürftig. Das amerikanische Frühstück ist zum Glück nicht ekelig, nur sehr mächtig. Eier, Speck, Bohnen, Würstchen dazu Pancaces mit Sirup. Wenn man das gefrühstückt hat braucht man sich für den Rest der Woche keine Sorgen mehr machen dass man verhungern könnte. Als die ersten Gäste kommen schaut mein Onkel panisch in der Küche vorbei. Unser Koch hatte einen Unfall und er dachte dass es kein Frühstück gäbe. Er freut sich dass alles vorbereitet ist. Doch als er meine schmuddelige Erscheinung sieht schimpft er mit mir. „Wie siehst du überhaupt wieder aus?!?" faucht er mich an. „Wie ein Putzlumpen! Wehe du lässt dich so bei unseren Gästen blicken!" er schlägt nach mir aber ich ducke mich rechtzeitig um seinem Angriff zu entgehen. Er rauscht zur Tür heraus und ehe ich mich versehe dreht er sich doch noch einmal um und er schlägt mir mit seinen Krallen ins Gesicht. So ein Mistkerl! Denke ich wütend. Am liebsten würde ich mich  an seine Anweisung halten und den Frühstücksraum nicht mehr betreten aber ich muss noch die Obstsäfte zubereiten und auf das Buffet stellen. Also beiße ich die Zähne zusammen und ignoriere das Brennen auf meiner Wange. Bevor ich den Gästen unter die Augen trete binde ich mir eine saubere Schürze um. Dann nehme ich die Krüge und husche zum Buffet. Jones steht dort und schaut mich an als sei ich eine Erscheinung. Ich lächle ihr höflich zu und möchte wieder in die Küche entschwinden da jede Menge Abwasch auf mich wartet. Doch Jones hält mich am Handgelenk fest. Entsetzt starrt er in mein Gesicht. Er hebt seine Hand und fährt ganz zart mit seinen Fingerkuppen über meine schmerzende Wange. „Wer war das?" fragt er knurrend. Ich reiße mich los und laufe weg. Es geht ihn gar nichts an! Denke ich aufgebracht. Was will der Kerl eigentlich von mir und wie zur Hölle hat er mich dazu gebracht dass ich ihm unsere Geheimnisse anvertraue?

Sebastian Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt