Wir genießen den Abend und gehen spät ins Bett. Sebastian ist im angetrunkenen Zustand sehr kuschelbedürftig. Ich lasse mir das sehr gerne gefallen und knuddel ihn richtig durch. Er genießt das und erwidert meine Streicheleinheiten.
In der Nacht träume ich wieder von dem kleinen Engel. Dieses Mal kniet Nicolae vor seinem Bett und weint verzweifelt. Ich sehe mich in dem Raum im weil er aufgeräumter ist als beim letzten Mal. Auf dem Schreibtisch liegen ganz schön viele alte Schriften und Bücher, unter anderen das Buch des Ra, die Borke des Balder und die Rollen des Apollo. Nicolae stösst einen völlig verzweifelten Schrei aus. Ich gehe zu ihm und ich lege meine Arme um seine Schultern. „Verzweifle nicht!" Sage ich ihm sanft um ihn zu trösten. „Ich werde nicht Verzweifeln!" sagt Nicolae mit fester Stimme. „Aber wo soll ich denn noch suchen?" fragt er traurig. „Ich weiß es nicht. Was hast du denn bisher gesucht?" frage ich weil ich erfahren möchte warum er so traurig ist. „Ich muss die Sonne dazu bringen um den Mond zu kreisen damit Vater es zulässt dass wir dich erlösen. Du weißt dass ich nichts unversucht lassen werde damit wir dich wieder bei uns haben." Nicolae schüttelt sich vor Weinkrämpfen. „Wo kann ich solch einen Zauber finden wenn nicht bei der Sonne selber?" Nicolae tut mir von Herzen Leid. Ich weiß nicht wie ich ihm helfen kann. Ich frage ihn: „Was ist passiert?" Nicolae seufzt schwer. Er lehnt sich nach vorne und nimmt Drogos Hand. Er sagt: „Drogo, ich liebe dich. Ich weiß dass unsere Liebe verboten ist. Ich werde alles dafür tun dass du lebst! Auch wenn ich mein Leben für dich geben muss. Ich verspreche dir dass ich einen Weg finde dass du glücklich wirst." Nicolae nimmt Drogos Hand und küsst sie, er legt sie an seine Wange und weint. Ich habe nicht den Eindruck dass Nicolae mich wahr nimmt. Ich sehe ihn ja auch nur im Traum. Ich frage mich ob ich ihm wirklich etwas sagen kann. Darum verrate ich ihm meinen Namen. „Ich bin Netjeret, die Luna von Sebastian Jones." Nicolae reagiert gar nicht auf diese Information. Ich drücke ihm noch einmal die Schultern und lasse ihn dann los. Ich trete noch einmal an den Schreibtisch und schaue mir die Schriften an. Nicolae hat ganze Arbeit geleistet. Er hat richtig viele Schriften gesammelt. Ich zähle etwa dreizehn heilige Bücher aus aller Welt.
Ich stehe noch eine Weile in dem Raum und lausche der unendlich traurigen Melodie die an mein Ohr dringt. Es ist eine feine Klaviermusik. Ich frage mich wer so schön spielen kann.
Als ich aufwache habe ich noch die Klaviermusik im Ohr. Ich küsse Sebastian wach und flüstere leise: „Es ist Zeit aufzustehen, meine Sonne!" Sebastian blinzelt verschlafen und lächelt dann. „Zu Befehl, Luna!" wir stehen auf und gehen erst einmal gemeinsam duschen. Es ist wunderbar den Tag so zu begehen. Wir haben das Frühstück verpasst als wir uns endlich angezogen haben. Also gehen wir in ein Café um was zu Essen zu bekommen. Wir gehen lassen den Tag an uns vorbei ziehen. Ich erzähle Sebastian von meinem Traum. Er ist etwas perplex dass meine erste Vision als Luna ausgerechnet von einem Bartholy Vampir handelt. „Die Bartholy Vampire nennen sich alle ‚Brüder'. Gemeint ist dass Viktor Bartholy sie verwandelt hat. Man wird nämlich nicht als Vampir geboren sondern muss von einem mächtigen Vampir gebissen werden." Ich schaue Sebastian interessiert an. „Können Vampire sterben?" Sebastian schaut nachdenklich in die Ferne. Dann erklärt er: „Die Vampire sind deutlich schneller und stärker als normale Menschen. Außerdem haben sie bessere Sinne. Wenn man so ein Wesen aber dennoch besiegt dann wirkt es tot. Das verleitet einen das Wesen liegen zu lassen. Dann kann es einfach beim nächsten Neumond wieder aufstehen und ist dann wieder lebendig. Wenn man dem Vampir jedoch einen Pflock durch die Brust rammt dann muss der Pflock erst entfernt sein bevor der Vampir neu entstehen kann. Verbrennt man einen Vampir dann braucht es menschliches Blut das man mit seiner Asche mischt um ihn wieder auferstehen zu lassen." „Ich habe den kleinen Vampir gesehen. Er ist tot und Nicolae betrauert ihn." erkläre ich. Sebastian schaut unglücklich. „Wenn er ein Vampir ist dann ist der Rest der Welt wahrscheinlich heilfroh dass er tot ist." Ich schaue Sebastian schief an. „Ich bin mir ziemlich sicher dass wir irgendetwas mit diesen beiden Vampiren zu tun haben werden. Ich glaube sogar dass es wichtig ist dass wir helfen den kleinen wider zum Leben zu erwecken." Sebastian seufzt schwer. „Warum habe ich denn sonst diese Vision?" frage ich. Sebastian zuckt mit den Schultern und vergräbt sein Gesicht in seinen Händen. Stumm sitzen wir voreinander. Dann nimmt Sebastian seine Hände wieder runter und schaut mich an. „Du bist die Luna." sagt er. „Ich werde dir vertrauen. Wenn du sagst dass wir den Bartholy Vampiren helfen sollen dann tun wir es. Ich bin in dem Fall auf deine Führung angewiesen. Du hast das Sagen und ich mache was du willst." Ich lächle Sebastian an und nehme ihn in den Arm. „Danke, meine Sonne." sage ich und er lacht sein heiseres, bellendes Lachen zart in mein Ohr.
Am Abend begeben wir uns in die Kirche. Die Messe ist sehr feierlich und prunkvoll. Die Menschen sind festlich gekleidet und Gott wird als König und Herrscher verehrt. Und dann erzählt einer der fürstlich gekleideten Herren etwas seltsames. Er erzählt davon dass Gott sich klein gemacht habe. Dass er als Baby geboren wurde und arm war. In einem Stall habe er gehaust und eine Futterkrippe sei sein Bett gewesen. Und Gott habe das aus Liebe getan. Er hat sich selbst erniedrigt um die Menschen zu erhöhen. Um die gefallene Schöpfung wieder mit sich zu versöhnen. Ich bin sprachlos. Da ist ein Gott, ein König dem die Menschen Schuldner sind und er löst selbst die Schulden ein. Wie kann das sein? Wie passt diese Aussage zu den mächtigen Mauern und den prächtigen Gewändern? Ich staune wohl mit offenem Mund und Sebastian flüstert mir ins Ohr: „Sie predigen Wasser und sie trinken Wein! Das was sie sagen klingt fantastisch. Nur halten sie sich kein bisschen an ihren eigenen Glauben." Ich staune. Es sind echte Blender. Denn wenn das wahr wäre was sie sagen, wenn es wahr wäre dass Gott für die Menschen zum Mensch geworden ist wenn Gott die Menschen erlöst hat dann wundere ich mich dass sie sich nicht freuen und das Wunder preisen. Dass sie nicht durch und durch glücklich sind und ihr Glück freudig mit den anderen teilen. Irgendetwas stimmt da ganz gewaltig nicht.