Ich wache spät auf und bin völlig gerädert. Ein genervter Prof. Dr. Scheffield schaut in unser Zelt und hat mich am Fuß geschüttelt. Ich brumme ein bisschen und merke dass ich nicht genügend Schlaf abbekommen habe. Zwei durchwachte Nächte sind einfach zu viel! Ich setze mich auf und schaue den Doktor verschlafen an. „Was habt ihr die ganze Nacht getrieben dass ihr so müde seid?" fragt er streng. Ich höre mit dem Strecken auf und lache. Sebastian wird knallrot und brummt. Endlich hebt er auch seinen Kopf. Er sieht genauso müde aus wie ich mich fühle. „Das geht sie nichts an!" knurrt er sauer. Oh, da hat aber jemand gute Laune! Denke ich belustigt. Dann schäme ich mich. Wenn Sebastian gemerkt hat dass ich weg bin und mich die Nacht über gesucht hat? Ich hoffe sehr dass er mich nicht darauf anspricht. Rasch schnappe ich mir meine Sachen um zu den Duschen zu gehen. „Wie spät ist es denn?" frage ich den Professor der noch immer am Zelteingang hockt und mir interessiert zuschaut wie ich meine Sachen zusammensuche. Er erschrickt leicht als ich ihn anspreche und schaut dann auf seine Uhr. „Halb neun." sagt er. Um neun wollen wir zu den Grabungsfeldern." Ich nicke und schaue ihn auffordernd an dass er mal den Zelteingang freigibt damit ich zu den Duschen gehen kann. Scheffield rückt keinen Millimeter zur Seite. Ich müsste ihn schupsen damit ich an ihm vorbei käme. Aus dem Zelt höre ich bedrohliches Knurren. Scheffield schaut Sebastian erschrocken an. „Machen Sie Netjeret Platz!" sagt er dem Professor. Sheffield schaut mich erschrocken an und steht auf. Er entschuldigt sich murmelnd bei mir mustert mich aber dass es mir unangenehm wird. Der Kerl zieht mich förmlich mit seinen Augen aus. Ich haste so schnell ich kann zu der Duschbaracke. Als ich mich noch einmal umdrehe sieht Scheffield mir immer noch lüstern hinterher. Zum Glück kommt er nicht auf die Idee mir hinterher zu steigen. Während ich unter der Dusche stehe geht die Tür auf und jemand geht in die zweite Duschkabine. Ich hoffe nicht dass es dieser verrückte Professor ist der mich die ganze Zeit so gierig anguckt. Ich Dusche mir nur noch schnell den Schaum aus den Haaren und sehe zu dass ich so rasch wie möglich in meine Kleidung komme. Meine Haare wringe ich nur aus um sie dann offen zu trocknen. Ich habe Angst noch länger in diesem kleinen Häuschen mit dem Unbekannten zu verweilen. Gerade als ich die Klinke in die Hand nehme stößt sich der Fremde an irgendetwas und er flucht mit tiefer heiserer Stimme. Ich atme beruhigt aus und lächle. Es ist Sebastian! Ich schnappe mir doch den Föhn und trockne meine Haare. Während ich mich noch föhne kommt Sebastian aus seiner Kabine. Seine Haare sind mega strubbelig. Er grinst mir zu und gemeinsam bringen wir unsere Sachen zum Zelt um anschließend zur Gruppe zu stoßen. Die anderen haben ihr Frühstück bereits weggeräumt und einer der Herren tadelt uns dass wir demnächst gefälligst pünktlicher zu sein hätten. Dr. Brown sagt spitz: „Das kommt davon wenn man die ganze Nacht unterwegs ist!" Ich werde stumm vor Schreck. Hat sie mich denn gesehen? Hektisch überlege ich ob ich mich entschuldigen soll oder nicht. Leicht panisch blicke ich in die Runde aber Sebastian murmelt die Entschuldigung. Wieso nimmt er die Schuld auf sich? Ich blicke ihn aus großen Augen verwundert an. Für mich geht es hier um nichts! Wenn die Archäologen beschließen mich rauszuwerfen sind sie ihren Führer los und sie müssen halt selber sehen wie sie zurück kommen. Sebastian dagegen möchte von ihnen lernen und wenn sie ihn ausschließen dann muss er sich sein Wissen anderweitig aneignen. Warum nimmt er meine Schuld auf sich? Zumindest weiß ich nun dass er meinen nächtlichen Ausflug bemerkt hat. Ich hoffe dass niemand gesehen hat wie ich meine Gestalt gewandelt habe. Es wäre nicht gut wenn unsere geheime Existenz gelüftet würde. Seit dem ich Kind bin haben wir eingebläut bekommen dass wir uns nicht verraten dürften. Wir hüten die Schätze und das Wissen der Toten. Es ist von Vorteil wenn wir, beziehungsweise das Wissen um unsere Existenz, ebenfalls im Nebel der Sage verschwunden bleiben. Die Räuber heute Nacht wussten nicht wer ich bin, was ich bin und vor allem nicht wie man mich besiegt. Ich werde mich bestimmt bemühen dass dies so bleibt. Sebastian jedenfalls schaut beschämt zu Boden als ich ihn ansehe. Ich frage mich was er weiß und was er herausgefunden hat. Hoffentlich hat er mich nicht beobachtet als ich mich in die Raubkatze verwandelt habe.
Zum Glück kann ich mich nicht lange mit diesen zermürbenden Gedanken beschäftigen. Wir brechen zum Ausgrabungsfeld auf. Gräber von den Frauen der Pharaonen werden freigelegt. Die Witzbolde graben zuerst die Rückseite der Gräber aus. Mit Minnischäufelchen und Pinsel wollen sie die Mächtigen Grabkammern aus dem Wüstensand holen. Ich schaue mir die Anlage an und muss ein wenig grinsen. Sebastian und ich dürfen gar nicht mit buddeln. Es ist schlimmer als im Kindergarten. Wir setzen uns etwas abseits in die Wüste und schauen zu. Sebastian ist traurig dass er nicht mit machen darf. Darum frage ich ihn in ob wir nicht auf eigene Faust ein wenig abseits graben sollen. Er schaut mich an als sei ich verrückt. Darum erkläre ich ihm: „Das sind die Gräber von Ras Frauen. Ra ist der sogenannte Sonnengott. Die Pharaonen gelten als seine Kinder. In Wirklichkeit sind aber alle Pharaonen Ra. Er wird natürlich ständig wieder-geboren. Darum sind die Gräber und vor allem die Eingänge der Gräber nach der Sonne ausgerichtet. Was deine Kollegen entdeckt haben sind die Sonnenuntergangsfenster. Die Eingänge sind aber im Osten." Sebastian bekommt leuchtende Augen. Ich grinse ihm zu und gebe ihm seinen Klappspaten. Dann gehen wir an den eigentlichen Anfang des Gräberfeldes und legen einen Eingang frei. Es hilft ungemein dass ich weiß wo der Eingang ist. Als wir den Eingang freigelegt haben betreten wir die Grabkammer. Es ist dunkel und staubig in der Gruft. Sebastian macht eine Taschenlampe an. Die Wände sind voll von Geschichten. Fasziniert lese ich mir die alten Texte durch. Zunächst glaube ich dass es sich um die Grabkammer einer der Nebenfrauen handelt. Die Kammer ist klein und sie enthält wenige edle Grabbeigaben. Die Grabbeigaben bekunden eindeutig die große Liebe des Pharao zu dieser Toten. Seltsamerweise fehlt komplett die Preisung ihrer irdischen Schönheit. An den Wänden ist ihr Leben beschrieben. Sie war eine Baw- Hemet! Verwundert lese ich den Text. Sie hat mit ihrem Leben den Pharao beschützt. Sie war gar keine seiner Frauen, zumindest hatte er anscheinend keinen Sex mit ihr. Er hat sie mit seinem Herzen geliebt. Und sie ihn ganz offensichtlich auch denn sie ist für ihn in den Tod gegangen. Ich verneige mich ehrfürchtig vor meiner Ahnin. Sebastian fragt mich was ich da tue und ich lese ihm den Text vor. Ehe ich begreife was ich da treibe habe ich ihm im Prinzip alles über unsere Existenz verraten. Mir wird erst bewusst was ich getan habe als er mich fragt: „Meinst du es gibt sie wirklich? Die Gestaltwandler die den Pharao beschützt haben?" Ich zucke hilflos mit den Schultern. Er sagt leise und wie in Gedanken: „Ich glaube ich habe heute Nacht eine gesehen." Mir wird schlecht vor Angst. „Wie sah sie denn aus?" frage ich zaghaft. „Ganz schwarz, wie die Nacht." sagt Sebastian in Gedanken verloren. Mist! Mist! Mist! Er hat mich gesehen. Ich lese den Text weiter und muss grinsen. Darum lese ich laut: „Die Stärke der heiligen Katzen erkennt man an ihren Flecken. Je gefleckter sie sind desto größer ist ihre Macht." Ich schaue Sebastian an und sage: „Egal was du heute Nacht gesehen hast, wenn es nicht gefleckt war war es keine der Pharaonen Katzen." Hoffentlich glaubt er mir den Mist. Sebastian nickt nachdenklich. „Ich hatte das Gefühl dass es kein Tier war. Sie wirkte zu intelligent." Ich schaue Sebastian an. Ich habe ihn definitiv nicht gesehen. Woher will er wissen ob ich in meinem Pantherkörper intelligent bin. Ich betrachte den nachdenklichen Sebastian. Als er mich bemerkt wird er rot und nuschelt: „Ist ja nicht so wichtig." Wir untersuchen noch die kleine Kammer und finden allerhand goldene Geräte. Als wir den Sarkophag öffnen erwartet uns eine Überraschung: die Mumie hat vier Beine. Das Mädchen ist wohl in ihrem Leopardenkörper gestorben und als solche mumifiziert worden.