Ich flüchte mit Jones in die engen Gassen meiner Stadt. Ich glaube nicht dass es sinnvoll ist zu weit zu laufen. Wenn wir morgen die Expedition anführen wollen dann sollten wir sie auch begleiten. Wir verbringen die Nacht im Schutz einer Mauer. Wenn ich alleine wäre würde ich vermutlich versuchen in die Wüste zu gelangen. „Wohin würdest du fliehen?" fragt mich Sebastian plötzlich ganz leise in die Stille. „Ich würde vermutlich versuchen durch die Wüste zu gelangen." flüstere ich ehrlich. „Dann solltest du die Wüste meiden, dort wirst du vermutlich gesucht." Wispert er mir zu. Ich schlucke schwer. Er hat recht. Sebastian sieht meine Angst weil er mein Gesicht genau zu betrachten scheint. Der Mond scheint hell heute Nacht. Bald wird Vollmond sein. Plötzlich nimmt er mich in den Arm. Ich weiß nicht wirklich was ich mit dieser Geste anfangen soll aber da er mich nicht mehr los lässt füge ich mich. Nach einer Weile gefällt mir seine Nähe sogar. Von ihm geht eine angenehme Wärme aus. Die Nacht verbringe ich eng an seinen warmen Körper geschmiegt. Als die Sonne aufgeht sagt er: „Ich muss noch einmal in das Hotel zurück. Ich habe meine ganzen Sachen dort. Soll ich dir was einpacken und mitbringen?" „Ja, bitte! Bequeme Kleidung und festes Schuhwerk wären gut. Ich kann nicht im Kostüm und auf High Heels die Expedition begleiten." Antworte ich erleichtert. Sebastian grinst. „Schade." murmelt er. Ich Rolle gespielt genervt mit den Augen. „Keine Ahnung weswegen diese unbequemen Gehbehinderungen als chic gelten, praktisch und komfortabel geht anders!" erkläre ich und Sebastian lacht leise. Als er mich aus seinen warmen Armen entlässt friere ich. Er schaut mich mitleidig an und sagt: „Ich bringe dir besser auch einen Pullover mit." Ich nicke: „Oh, ja! Mein Hoodie wäre super. Du findest die Sachen in meinem Zimmer in dem Schrank." Sebastian nickt und verspricht mir die Kleidung zu bringen. Ich warte zwei Straßenkreuzungen weiter in einem kleinen Café auf die Expedition. Sebastian kommt alleine. Er hat meine Sachen in seinem Rucksack. Eine bequeme Jeans, T Shirt, Hoodie und meine Wanderschuhe mit dicken Socken. Er hat sogar an meine Zahnbürste, meinen Kamm und mein Deo gedacht. Ich grinse ihn dankbar an und verschwinde mit den Sachen in die Toiletten. Eine schnelle Katzenwäsche muss reichen. Rasch ziehe ich mich um und behalte meine zum dicken Zopf geflochtenen Haare unter dem Pullover. Jones leiht mir seinen Cowboyhut damit mich meine Häscher nicht sofort erkennen. Als ich bequem gekleidet bin gehen wir zu der Expeditionsgruppe.
Gemeinsam reisen wir im Bus zu den Pyramiden nach Gizeh. Dr. Brown ist anscheinend etwas enttäuscht weil wir nicht Kamele nutzen. Ich schmunzle etwas über ihre Vorstellung wie wir hier leben. Ob sie auch glaubt wir hätten fliegende Teppiche? Ich setze mich neben diese Frau und frage sie zu dem aus was sie über mein Land weiß. Sie weiß eine Menge über das alte Ägypten, kennt sich mit den Pharaonen aus und kennt die alten Bräuchte. Sie hat aber genau gar keine Ahnung über das moderne Land. Sie wundert sich ehrlich darüber dass hier Autos fahren, die Menschen Handys nutzen und die Stadt normal aussieht, also wie Städte halt aussehen. Die Häuser haben Strom und Wasser, die Menschen gehen zur Arbeit und die Kinder in die Schule. Über all diese ganz normalen Dinge wundert sich Dr. Brown. Ich frage sie schüchtern ob es das alles in ihrer Heimat nicht gibt. Ich glaube ich habe sie jetzt als Freundin verloren. Sie schaut mich giftig an. „Bist du dumm?" fragt sie mich böse. „Ich wundere mich dass sie sich über die moderne Lebensweise wundern. Ich frage mich ob sie sie vielleicht nicht gewohnt sind." verteidige ich mich. Wütend steht sie auf. „Ich bin Amerikanerin!" schreit sie mich an. „Unser Volk ist das fortschrittlichste und modernste der Welt!" Ich staune sie mit großen Augen an. „Oh, entschuldigen Sie bitte. Das wusste ich nicht." sage ich leise und sie herrscht Jones an: „Setz du dich neben das dumme Ding!" Sebastian nickt grinsend und steht auf. „Zu Dir passt sie ja!" schiebt sie gehässig hinterher. Ich wende meinen Kopf ab weil es mich tiefer trifft als die Beleidigung gegen mich. Ich kenne die Frau nicht und mag sie nicht. Ob sie mich für dumm hält oder nicht ist mir völlig egal. Aber Sebastian vergöttert Dr. Brown. Wenn er von ihrer Arbeit schwärmt dann leuchten seine Augen. Er hat es nicht verdient von ihr als dumm bezeichnet zu werden. Ich würde dieser Frau am liebsten die Augen auskratzen. Ich verachte sie dass sie so gemein zu ihren Bewunderern ist. Sebastian setzt sich neben mich. Ich starre in meinen trüben Gedanken versunken aus dem Fenster. Sebastian legt einen Arm um meine Schulter und flüstert in mein Ohr: „Lass Dir von der grässlichen Ziege nicht die Laune verderben." verwundert drehe ich mich zu ihm und sehe in sein lächelndes Gesicht. Er wird ernst als er mich ansieht und er hebt die andere Hand um mir Tränen aus dem Gesicht zu wischen von denen ich gar nicht mitbekommen hatte dass sie da waren. Ich erwidere sein Lächeln um ihm zu zeigen dass alles gut ist. Er zieht mich näher an sich heran und ich lege meinen Kopf auf seiner Schulter ab. Ich schließe meine Augen und überlege ob ich Dr. Brown in irgendeiner Grabkammer einsperren soll. Es gäbe genug Fallen und geheime Kammern In der Pyramide die wir besuchen wollen. Doch ich verwerfe den Gedanken weil ich mir nicht vorstellen kann dass ihr Verschwinden unbemerkt bleibt. Und noch mehr Menschen möchte ich nicht zwingend zu den Pyramiden locken. Die üblichen Touristenströme und jetzt auch die Archäologen reichen vollkommen.
Wir kommen spät in Gizeh an. Das Hotel das die Gruppe gebucht hat ist ein typisches Touristenhotel: sehr teuer und dennoch komplett ausgebucht. Sebastian lächelt mir zu: „Wir können uns mein Zimmer teilen." schlägt er vor und ich nicke ihm freudig zu. Natürlich bleibt das nicht den anderen verborgen und sie lachen sich über den dummen Jungen kaputt der sich eine naive Einheimische angelacht hat. Sebastian legt wieder seine Arme um mich und flüstert mir ins Ohr: „Lass sie reden! Die Herren sind furchtbar neidisch auf mich, denn du siehst so schön aus. Glaube mir, jeder von denen hätte dich heute Nacht gerne in seinem Zimmer. Und die Frauen sind eifersüchtig dass du ihnen die verstohlenen Blicke ihrer Kollegen stiehlst." Ich wundere mich ja dass er mich schön findet. Ich selber finde mich nicht schön. Ich bin zu dünn und meine gelben Augen mag ich gar nicht. Das einzige was mir an mir gefällt ist dass meine Haut, anders als in meiner Familie üblich, nicht gefleckt ist sondern ebenmäßig. Als Kind fand ich das doof aber als Erwachsene finde ich das sehr praktisch da brauche ich mich nicht zu schminken wen ich unter den Menschen nicht auffallen möchte. Meine Schwestern und Cousinen müssen das alle tun.
Ich schenke Sebastian ein Lächeln weil ich mich über sein Kompliment ehrlich freue. Er errötet zart und ich wundere mich darüber. Ich lehne mich an ihn und genieße mal wieder seine Anwesenheit. Er strahlt diese angenehme Wärme aus. Ich beobachte durch zu Schlitzen verengte Augen die anderen Expeditionsteilnehmer. Sebastian hat recht: die Frauen schauen uns verkniffen an und die meisten Herren schauen wollüstig in meine Richtung. Sebastian bemerkt die Blicke ebenfalls und er schenkt den glotzenden Herren so böse Blicke dass ich an ihrer Stelle Angst bekäme. Ich bin froh dass wir uns schon in der Eingangshalle von der Gruppe trennen können. Während sich die Professoren gute Zimmer gemietet haben hat Sebastian die Absteige im Hinterhof. Ich frage mich ob die Teilnehmer ihre Reise selbst finanzieren. Dann wäre es okay dass Sebastian so ganz anders hausen muss. Als wir das Zimmer betreten ist Sebastian erst einmal sprachlos. Dann sagt er verlegen: du kannst das Bett haben, ich schlafe auf dem Fußboden. Ich schaue ihn an und sage: „Das passt nicht!" Ich habe Recht. Außer dem Bett steht genau nichts in der Kammer. Wenn man die Tür schließt muss man im Bett sein. Dann ist man in so einer Art Cube. „Zumindest können wir nicht aus dem Bett fallen." sage ich und drehe mich lächelnd zu Sebastian um. Dem ist das ganze sichtlich peinlich. Er entschuldigt sich dass er nicht gewusst habe wie winzig das Zimmer sei. Ich ziehe meine Schuhe aus und schiebe sie unter das Bett. Dann krabble ich auf das Bett um das Fenster zu öffnen Sebastian legt den Rucksack vorsichtig auf das Regalbrett über den Fußende. Dann zieht auch er seine Schuhe aus, stellt sie unter das Bett und krabbelt zu mir. Er schließt die Tür und ich denke: wow, eng!
Ich strecke mich auf dem Bett aus uns Sebastian legt sich neben mich. Erst etwas verkrampft aber dann merke ich wie er immer mehr entspannt. Mit einem tiefen Seufzer krallt er sich das Kopfkissen und mir bleibt nichts. Ich schaue in sein schlafendes Gesicht. Na, gut! Denke ich und lege mich auf seinen ausgestreckten Arm. Ich lege meinen Arm um ihn weil ich sonst nicht wüsste wohin damit. Eigentlich ist es dämlich auf der Decke zu liegen. Aber Sebastian strahlt so viel Wärme ab dass mir nicht kalt wird. Ich merke wie meine Lieder schwer werden und bald gleite ich in einen traumlosen Schlaf.