Bonuskapitel 1 - Hamza

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Heiratsantrag

HAMZA

„Two souls are sometimes created together and in love before they're even born."

F. Scott Fitzgerald

Zögernd blicke ich zu der blonden Schönheit, die auf dem Klappstuhl neben mir sitzt und der Erstsemester-Begrüßung gespannt zuhört. Sie hat ihre blonden Locken — die im Kindesalter wie Engelslocken aussahen — von ihren beiden Tanten bekommen, denn ihre Eltern könnten keine brauneren Haare haben. „Was schaust du so?", sie grinst breit, als sie bemerkt, dass  meine Blicke auf ihr liegen — ihre direkte und schlagfertige Art hingegen hat sie ihrer Mutter abgeschaut. „Güzele bakmak sevaptır (Es ist eine gute Tat Schöne anzuschauen)", grinse ich und senke lachend den Blick. „Başka kızlara bakarsan! (Wenn du andere Mädchen anschauen solltest)", breit grinsend blicke ich zu ihr, als sie mitten im Satz aufhört zu sprechen. „Ja? Was machst du dann?", ich kann es nicht verhindern, dass meine Stimme amüsiert klingt. „Lass mich in Ruhe", sie verschränkt die Arme vor der Brust und blickt stur zum Rektor, der allgemeine Informationen über unsere Uni gibt. „Ich fasse dich gar nicht an", ich lache leise, bedacht meine Kommilitonen nicht zu stören. „Sei kein Esel, Hamza! Dreh dich nach vorn und hör zu!", befiehlt sie mir, doch das bringt auch nicht viel, denn ich kann mich von ihrem schönen Anblick nicht wirklich losreißen.

„Wir sind jetzt wirklich Studenten?", überfordert blickt Sena umher, als wir auf dem Campus stehen und grinst bis über beide Ohren. Die Einführungswoche ist nun vorbei und ab heute werden unsere Vorlesungen anfangen. „Scheint so", ich zucke mit den Achseln und krame mein Handy heraus um nachzuschauen, wo der Hörsaal liegt, zu welchem ich nun gehen muss. „Es wird bestimmt lange dauern, bis ich mir meine Vorlesungsräume merken kann", weinerlich ertönt Senas Stimme und sofort bildet sich ein Grinsen in meinem Gesicht — das hatte sie zweifelsohne auch von ihrer Mutter abbekommen. In den letzten 8 Jahren unserer Schullaufbahn, wo wir in der selben Klasse gelandet waren, hatte ich am eigenen Leib erfahren müssen, wie schlecht Senas Orientierungssinn war. Wenn Verâ Teyze meine Gedanken hören würde, würde sie mich durch die ganze Stadt jagen — das könnte ich ohne nachzudenken behaupten.
„Bis später?", Senas Stimme klingt für einen Moment viel zu eingeschüchtert, sodass sich meine Augenbraue wie von alleine kritisch heben. „Ich hab schon etwas Angst. Was ist wenn ich keine Freunde finde?", sie blickt mich zögernd an, woraufhin meine Gesichtszüge weicher werden. „Dann kannst du dich vollkommen auf dein Studium konzentrieren", ich zucke mit den Achseln und höre sie leise lachen. „Du bist so ein Esel, unglaublich!", ihr Kopfschütteln sorgt dafür, dass ihr ohnehin wunderschönes Haar im Sonnenlicht zu schimmern beginnt. „Das habe ich deiner Großmutter zu verdanken, dadurch dass sie mich immer wieder einen Esel nennt, bin ich auch einer geworden", grinse ich breit. „Danke Hamza", Senas warmes Lächeln lässt mein Herz für einen kurzen Moment stillstehen — als angehender Mediziner sollte ich wissen, dass das nicht so gesund ist. „Du brauchst dich nicht bedanken", ich zucke mit den Achseln, während ich versuche meine Blicke von ihr zu nehmen.
Okan Amca würde mich eigenhändig umbringen, wenn er sehen würde wie ich mit seiner Tochter umgehe.
„Doch, es ist sogar meine Pflicht, denn ich sehe deine Freundschaft nicht als selbstverständlich an", sie strahlt und schon verwerfe ich den Gedanken an ihren Vater. „Du kommst gleich zu spät zu deiner ersten Vorlesung", warne ich sie. „Du hasst es darüber zu reden, aber das interessiert mich nicht. Deine Freundschaft ist nicht selbstverständlich, krieg das endlich in deinen Kopf", zwei Schritte kommt sie auf mich zu — die zwei Schritte, die uns voneinander getrennt hatten — und berührt meine Schläfe einige Male hintereinander. „Und jetzt: auf in den Kampf", ruft sie euphorisch, läuft in die Richtung der Fakultät Psychologie und lässt mich somit alleine auf dem Campus stehen. Während ich ihr überfordert hinterher blicke, dreht sie sich im Gehen um, schickt mir einen Luftkuss und kehrt mir anschließend wieder den Rücken zu.

Bunter SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt