Kapitel 10

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Nein, das kann doch nicht sein oder?

Hörte ich wirklich richtig oder träumte ich noch?

Leise stand ich auf und ging ins Wohnzimmer.

,,Allahu Akbar*"

(*Gott ist der Größte auf arabisch)

,,Allahu Akbar''

,,Assalamu wa alaykum wa ra7matullah, assalamu wa alaykum wa ra7matullah''

(Damit werden die Gebete im Islam beendet)

,,Ya Rabb ..", er fing an zu schluchzen.

,,Ya Rabb, ich weiß nicht womit ich anfangen soll. Ich erkenne mich nicht mehr wieder seitdem du mir meinen Engel weggenommen hast. Noch schlimmer ist es aber, dass ich vollkommen vergessen hatte, dass du mir meinen anderen Engel am Leben gelassen hast. Ya Allah, es tut mir Leid ..",

er hörte auf zu reden und fing an zu weinen - sein Gesicht in seinen Händen vergraben. Ich hielt mir den Mund zu, denn auch ich fing an zu weinen. Baba betet! Mein Baba ist aufgestanden zum Morgengebet!

,,Es tut mir Leid ya Allah! Verzeih mir bitte. Ich habe behauptet, du würdest nicht existieren. Ich habe den Islam aufgegeben. Meine Tochter musste durch mich das schlimmste Jahr ihres Lebens erleben. Obwohl ich für sie hätte da sein müssen! Ich habe sie geschlagen, habe sie mit einem ..'', wieder fing er laut an zu weinen, wie ein hilfloses kleines Kind.

,,Was bin ich nur für ein Vater? ich habe meine Tochter ein Messer reingerammt weil ich sie beim Beten erwischte. Beim Beten! Ya Allah verzeih mir! Ya Rabb verzeih mir! Du bist der Allverzeihende, der Barmherzige! Ya Allah verzeih mir und leite mich recht", er beendete seine Dua und stand auf, erst jetzt bemerkte er mich und fing umso mehr an zu weinen - er kam auf mich zu, drückte mich fest an sich und weinte einfach nur.

,,Hayat mein Schatz", durch's ganze Weinen fiel es ihm schwerer zu reden.

,,Mein Schatz bitte verzeih mir, für das was ich dir angetan habe! Ich bin der schlechteste Vater! Natürlich hasst du mich .." - ich fiel ihm ins Wort.

,,nein Baba ich hasse dich nicht", sein Gesicht war schon angeschwollen durch's ganze Weinen. Noch nie hatte ich meinen Vater so erlebt, selbst am Tag als Mama starb.

,,Verzeih mir mi ángel*! Ich weiß, dass ich es nicht mehr gut machen kann. Ich war das ganze Jahr so schlecht zu dir. Habe dich behandelt wie der letzte Dreck. Wie kannst du mich dann noch lieben? Wie hast du es überhaupt mit mir ausgehalten? Ich war wie ausgewechselt. Alhamdulillah, dass ich dich gestern gesehen habe mit diesem Mann an deiner Seite. Du warst so glücklich. Erst dann habe ich realisiert, was alles vorgefallen war. Das ganze Jahr spielte sich im Schnelldurchlauf vor meinen Augen ab. Was ist wenn ich dich nicht gesehen hätte? Ich wäre bestimmt noch genauso schrecklich zu dir, wie das ganze letzte Jahr über. Ya Benti. Ich hatte dir alles verboten. Du durftest nichts haben. Schon wenn du lachtest, schlug ich dich. Mi hija! Perdóname, por favor**", beim letzten Satz hob er sein Gesicht und schaute mich an.

(* mein Engel auf spanisch, ** ,,meine Tochter, vergebe mir bitte)

Ich nickte nur, ich war wie versteinert. Mein Vater bat mich um Vergebung. Nie wollte ich, dass er weinend vor mir stand. Egal was mein Vater mir antat, nie wollte ich dass er weint. Auch wenn das letzte Jahr schlimm für mich war, war ich ihm für nichts böse und sagte nie ein schlechtes Wort über ihn. Ganz im Gegenteil ich betete für ihn und redete ihn überall gut. Was für ein tapferer Mann er doch sei, trotz Mama's Tod.

,,Verzeihst du mir meine Tochter?", ich nickte ein weiteres mal, umarmte ihn ganz fest und fing an zu weinen. Ich hatte das Gefühl auf einmal alles loszulassen, was sich das ganze Jahr lang über in mir gestaut hatte.

Ich hatte meinen alten Baba wieder.

Ich war noch nie so glücklich, wie zu diesem Zeitpunkt.

Allah i khalik liya - Nur du an meiner SeiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt