Kapitel 29

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Ich konnte es einfach nicht fassen. Ich war jetzt Yasin's Frau. Yasin Michaelson - Dessen Ausstrahlung mir immer wieder meinen Atem raubt, dessen Charakter dafür sorgt, dass alles andere seinen Wert verliert. Diese Augen, in die ich mich immer wieder verliere, dieses Lächeln, bei dem mein Herz sofort eine angenehme Wärme spürt, dieser muskulöse Körper, der mir Sicherheit gibt.

,,Entschuldigt mich mal kurz", schnell ging ich die Treppen rauf in Amina's Zimmer, schloss die Tür und fing an zu weinen. Ich wusste wirklich nicht was mein Problem war, aber seit dem letzten halben Jahr war ich sehr nah am Wasser gebaut.

Wozu hatte ich einen so großartigen Ehemann verdient? Obwohl ich keine Erinnerungen mehr an die Zeit vor dem Unfall hatte, blieb er bei mir. Obwohl ich den Kontakt zu ihm abbrach, meldete er sich weiterhin bei mir um sich zu vergewissern, dass es mir gut ging. Und obwohl er wusste, dass ich krank bin. Und vor allem, dass die Chancen nicht gerade gut stehen, dass ich geheilt werden kann. Trotzdessen ging er das Risiko ein und heiratete mich. Ich konnte mein Glück einfach nicht fassen.

Natürlich weinte ich vor Freude, doch ein Teil von mir weinte auch wegen der Verzweiflung. Ich hatte kein Problem damit zu sterben, ich meine irgendwann kommt die Zeit wo der Todesengel vor uns steht und uns unsere Seele nimmt*. Doch der Gedanke, wie sehr Yasin daran kaputt gehen würde - das machte mich traurig.

(* islamische Sicht, wie ein Mensch stirbt)

Noch immer weinend versuchte ich mir mein Kleid auszuziehen, jedoch ohne Erfolg.

,,Brauchst du Hilfe?", ich zuckte zusammen, ich hörte gar nicht wie er ins Zimmer reinkam und die Türe wieder schloss.

Als ich mich zu ihm umdrehte, schaute er mich besorgt an. Doch anstatt etwas zu sagen, nickte ich einfach und drehte mich wieder um damit er mir mein Kleid von hinten aufmachen konnte.
,,Wieso weinst du mein Schatz? Es bricht mir das Herz dich so zu sehen"
Unsere Blicke trafen sich im Spiegel vor uns und ich fing an zu lächeln.
,,Weil ich glücklich bin"

Er umarmte mich fest von hinten und küsste mich auf meinen Nacken, mein Körper fing an zu kribbeln.

,,Hättest du Lust mit mir auszugehen? Ich möchte etwas Zeit mit meiner Frau verbringen, bevor ich wieder nach Deutschland muss"

Mit einer schnellen Drehung, stand ich mit dem Gesicht vor ihm, meine Augen geweitet und geschockt. Durch lauter Aufregung hatte ich total vergessen, dass er wieder zurück musste.

,,Nein, du kannst jetzt nicht einfach gehen. Ich brauche dich Yasin. Gibts keine Möglichkeit, dass du hier arbeiten kannst? Ich kann aufgrund meines Studiums und meiner Therapien frühestens in drei Jahren wieder nach Deutschland ziehen. Bitte verlass mich nicht Yasin, bitte"

Ich hörte mich an wie ein kleines Kind, dass versuchte seine Eltern umzustimmen - aber er durfte nicht gehen. Ich brauchte ihn bei mir. Die Zeit ohne ihn war unerträglich genug.

,,Schatz, geh erstmal beten okay? Und dann ziehst du dir das an, was in dem Paket dort drüben drin ist. Dann gehen wir erstmal raus und versuchen eine Lösung für alles zu finden"

,,Okay. Das Paket, dass du auf dem Weg abgeholt hast?"
,,Ja, ich hatte etwas in einem Laden gefunden und musste direkt daran denken, wie sehr es dir stehen würde und hab es dir gekauft"
,,Yasin.. -"
,,Nein, keine Widerworte. Gewöhn dich dran, dass dir dein Ehemann Dinge kauft verstanden?"

,,Okay"

Als er wieder aus dem Zimmer rausging, schloss ich die Tür und zog mein Brautkleid entgültig aus. Natürlich hätte ich es gerne länger angelassen - so schön wie es war - doch ich wollte es nicht dreckig machen, geschweige denn mit Yasin so ausgehen.

Allah i khalik liya - Nur du an meiner SeiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt