Chapter 4

8K 270 24
                                    

Maske hält, Maske fällt, Maske bricht, dein wahres Ich.

                                     ☽
Wir saßen jetzt schon seit einer Stunde hier und hörten unserem Mathelehrer zu, der gerade über irgendwelche geometrischen Formeln redete. Meine Gedanken waren allerdings nicht hier, sondern bei diesem Typen. Er wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen.    

»Miss Smith, es wäre schön, wenn sie uns mit ihrer Aufmerksamkeit hier im Unterricht beehren würden.« Ich schreckte auf und sah zu dem alten glatzköpfigen Mann, der mich mit mahnendem Blick bedachte. Innerlich zeigte ich ihm meinen Lieblingsfinger.                                                                    

»Ja, Entschuldigung Herr Geier.« Claire neben mir, versuchte krampfhaft ein Lachen zu unterdrücken und der Rest der Klasse ebenfalls.  

»Greier.« Zischte er und kniff die Augenbrauen zusammen. Ich erlaubte mir ab und zu einen Spaß und verwechselte die Buchstaben seines Namens. Es war kein Geheimnis das er mich nicht mochte, aber das beruhte auf Gegenseitigkeit. Ein stolzes Lächeln schlich sich auf meine Lippen, aber er wäre nicht er, wenn ihm nicht eine nervige Erwiderung einfallen würde.  

»Ach Miss Smith, bevor ich es vergesse, melden sie sich nach der Stunde bitte bei der Direktorin und erklären ihr, warum sie wieder nicht aufgepasst haben.« Ich atmete genervt ein, nickte aber.

Das war nichts Neues. Das letzte Mal, als ich dort war, war ein Tag vor Beginn der Sommerferien. Vielleicht habe ich Herr Greiers Schreibtischstuhl mit Kaugummis beklebt, als kleinen Abschlussstreich. Und ich werde es mir auch nicht nehmen lassen, wenn ich die Zwölfte geschafft habe und er noch nicht in Rente ist.

Schon jetzt überlegte ich mir den ultimativen Streich. Bisher war ich noch nicht zu einer Idee gekommen, aber ich war, was sowas angeht, recht kreativ und einfallsreich. Vor den Ferien war ich noch mal so davongekommen, aber heute musste ich mit einer wirklichen Strafe rechnen. Hoffentlich nicht mehr als Nachsitzen. Aber damit konnte ich leben.

Nach weiteren dreißig Minuten war die Stunde um und endlich Pause. Die konnte ich vergessen, denn ich musste ja dem Büro der Direktorin einen Besuch abstatten. Claire hatte angeboten, mich zu begleiten, also waren wir nun zu zweit auf dem Weg dorthin. Vor dem Büro waren zwei einfache Holzstühle. Auf einen davon ließ Claire sich fallen und warf mir einen auffordernden Blick zu. Ich atmete nochmal tief durch, bevor ich gegen die dunkle Holztür mit Milchglasfenster klopfte.

Ein Herein ertönte und ich öffnete die Tür. Unsere Direktorin war eine kleine braunhaarige Frau mit Brille im mittleren Alter. So oft wie ich hier war, kannte ich sie ganz gut und sie war erstaunlicher Weise gelassen und nett. Ich lächelte leicht und begrüßte sie, als sie ihren Kopf von den Unterlagen, die verstreut auf ihrem Tisch lagen, hob.                                               

»Evelyn, du schon wieder hier. Was hast du dieses Mal gemacht, dass du den ersten Schultag nach den Ferien in mein Büro geschickt wirst? Warte, ich will es gar nicht wissen. Dieses Mal kann ich dich nicht einfach so wieder rausschicken. Aber das kommt gelegen, denn ich brauche noch jemanden der den neuen Schülern die Schule zeigt. Diese Aufgabe übergebe ich jetzt dir.«

Beendete sie ihre Rede und ich musste aufpassen, dass ich nicht mit den Augen rollte. Das konnte doch nicht ihr ernst sein. Okay, da sitze ich lieber nach.

»Sicher, dass ich nicht nachsitzen muss?« Innerlich hoffte ich, dass sie es sich noch einmal überlegt.

»Ja, es reicht, wenn du die Neuen herumführst.« Na ganz toll. Nicht. Warum konnte das nicht jemand anderes übernehmen? Warum ich? Warum hasste mich das Schicksal so? Aber wie es aussieht, kam ich aus dieser Sache nicht mehr raus. Warum mache ich da nicht das Beste draus? Mir kam eine Idee.

soulmates - gefunden | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt