Chapter 5

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Weißt du noch, wer du warst, bevor dir alle sagten wie du zu sein hast?


Ich beschloss, wenn Claire bis dahin noch nicht selbst darauf gekommen war, ihr eben das mitzuteilen. Mit einem Seitenblick auf die große alte Uhr, die über dem Eingangsbereich hing, stellte ich fest, dass wir uns jetzt wirklich ranhalten mussten, wenn wir ihnen die ganze Schule in mittlerweile weniger als einer Doppelstunde zeigen wollten. Und da niemand hier gerade Anstalten machte, etwas zu tun oder zu sagen, ergriff ich das Wort.

»Also ich bin Evelyn, ihr könnt mich auch Eve nennen und das neben wir ist Claire, meine beste Freundin. Wir werden euch in der nächsten Doppelstunde die Schule zeigen.« Claire nickte mir nun unterstützend zu. Ihr Blick klebte immer noch auf ihren Mr. Right. Vielen Dank, du bist mir gerade eine große Hilfe. Dachte ich sarkastisch.

»Um die Sache für euch und uns einfacher zu machen, würde ich vorschlagen, dass ihr euch kurz vorstellt, wenn das okay ist?« Ich wartete gespannt auf eine Antwort, die nicht kam. Stattdessen sahen alle, selbst Claires Flamme, wenn auch etwas unfreiwillig, den schwarzhaarigen Typen, alias Mister-Ich-starre-wie-ein-Irrer an. So als warteten sie, das er entschied und etwas sagte.

»Ich bin Jayden, das sind meine Kumpels Brandon und Tyler.« Er deutete erst auf den Braunhaarigen, dann auf den Blonden. Jayden also. Allein schon, wenn ich an den Namen dachte fuhr eine Hitzewelle durch meinen Körper. Ziemlich schräg.

»Und das sind Leila, Brandons Schwester, und Sophie.« Fuhr er fort und deutete erst auf das braunhaarige und dann auf das rothaarige Mädchen. Innerlich streckte ich die Faust gen Himmel, jubelte und schrie ich habe es gewusst. Sie sind Geschwister. Claire neben mir hatte es wohl auch endlich mitbekommen und ein strahlendes Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Unwillkürlich musste ich an seine Stimme denken. Sie war so rau und auch wenn ich mir das nicht eingestehen wollte, sexy, dass sich eine Gänsehaut auf meinen Arme bildete.

Als ich zu ihm rüber sah, bemerkte ich anhand seines frechen Grinsens, dass er genau das mitbekommen hatte. wirklich ganz toll, Eve. Noch peinlicher geht es ja nicht. Jetzt denkt er auch noch, ich will irgendwas von ihm und das puscht sein Ego bestimmt noch mehr. Er kommt sowieso schon wie so ein klischeehafter Badboy, der aus so einer Teenagerschnulze entsprungen ist, rüber. Vielleicht, wirklich nur vielleicht könnte ich auch etwas von ihm wollen, aber das werde ich ihm mit Sicherheit nicht wissen lassen und um es genau zu wissen, kannte ich ihn noch zu wenig.

Okay, ich kam schon wieder vom Thema ab. Es geht hier eigentlich gerade gar nicht um ihn und die Gefühle die er auslöste, sondern nur um einen einfachen Rundgang durch die Schule. Warum musste ich mich auch andauernd von ihm ablenken lassen? Ich war doch sonst nicht so und Jungs gingen mir immer wortwörtlich am Arsch vorbei. Außer er. Er, mit seinen faszinierenden dunklen Augen und unglaublich weich aussehenden Haaren. Dazu noch sein toller, anscheinend nur aus Muskeln bestehender, Körper. Ich räusperte mich, um schnell an etwas Anderes zu denken. Das war jetzt wirklich richtig unangenehm und, selbst wenn meine Gedanken niemand hören konnte, peinlich.

»Also dann legen wir mal los.« Enthusiastisch klatschte ich in die Hände und packte Claire leicht beim Arm, um sie hinter mir her, in Richtung Cafeteria, zu ziehen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt, dass ich alles alleine machen musste.

»Was ist denn mit dir los? Du bist, wenn er in der Nähe ist, gar nicht richtig da. Und außerdem weißt du doch, dass ich am ersten Schultag nach den Ferien immer erst etwas brauche um in die Gänge zu kommen. Und heute dann gleich das.« Ich deutete mit meiner Hand leicht nach hinten, während ich ihr den Rest zuflüsterte. Sie nickte entschuldigend.

»Ich weiß und es tut mir leid, aber bei ihm, da fühle ich mich immer so...ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Ich kenne ihn ja noch nicht Mal.« Flüsterte sie genauso leise zurück, damit uns die Gruppe hinter uns ja nicht hören konnte.

»Ich weiß, was du meinst. Aber hier und jetzt ist wirklich gerade ein unpassender Zeitpunkt darüber zu reden. Wir konzentrieren uns jetzt einfach auf unsere Aufgabe und dann sehen wir weiter, okay?« Sie nickte wieder und ich lächelte sie leicht an, bevor ich mich zu der Gruppe drehte, die blitzschnell ihren Blick von uns abwandte.

Hatten sie uns doch gehört, wenn ja, dann...dann wäre, dass alles andere als günstig. Aber anhand des Lächelns, das mir Jayden zuwarf, wusste ich doch, dass ich falsch lag. So ein Mist. Jetzt dachte er wirklich in die Richtung das ich irgendwas von ihm wollte.

Mittlerweile verstand ich, wie sich die Lehrer immer fühlen mussten. Über irgendein langweiliges Thema zu reden, bei dem man aufpassen muss, dass man selbst nicht gleich einschläft. Und dann noch die Schüler, in dem Fall Jayden und seine Truppe, die einen mit gelangweilten Gesichtsausdruck ansahen und es sie, wenn man ehrlich war, gar nicht interessierte. Aber wenigsten hatte ich eine Sache, auf die ich mich voll und ganz konzentrieren konnte, ohne, dass mich ein gewisser Jemand ablenkt.

Er und seine Freunde verhielten sich während meines Monologs zwar ruhig und sahen mich interessiert an, aber sie waren immer noch Jungs und ich war ja auch nicht blöd, sodass ich wusste, dass sie eigentlich gar nicht aufpassten. Und ich sage bewusst meines Monologs, nicht unseres, denn wie war es auch anders erwartet, trug Claire nichts hierzu bei, da sie damit beschäftigt war, wie eine Klette an Bruce oder Brian oder Brandon, wie auch immer er hieß, zu hängen. Während ich versuchen musste, einen vor sich hin grinsenden Jayden und seine doppeldeutigen Bemerkungen abzuwimmeln, was gar nicht so einfach war. Der hatte wirklich Ausdauer und war mehr als hartnäckig.

Ich war sogar fast schon Mal so weit, ihn einen Tritt dorthin zu geben, wo die Sonne nicht hin scheint. Aber tat es dann doch nicht, da ich wirklich keine Lust auf einen weiteren Besuch im Büro der Direktorin hatte.

Mittlerweile waren wir in unserer großen alten Schulbibliothek angekommen. Ich hatte gesagt, dass sie sich jetzt erstmal alleine umsehen konnten, da ich sowieso noch etwas zu erledigen hatte. Ich musste mich nämlich auf die Suche nach einem Buch für unseren Literaturkurs begeben. Es stand noch nicht genau fest wann die erste Stunde stattfinden sollte, aber da ich es mir mit unserer neuen Lehrerin nicht gleich am Anfang verscherzen wollte, irrte ich nun mit meinem Handy bewaffnet durch die Gänge. Die einzige Info die in meinem Kopf hängengeblieben war, ist, dass es ein Klassiker sein muss. Außerdem legte sie darauf anscheinend so viel Wert, dass sie es uns nicht in unserer ersten Stunde hätte sagen können, sondern eine Nachricht verfasste, in der nicht mehr stand, als der Titel und, dass es eine wirklich dringende Angelegenheit war.

 Außerdem legte sie darauf anscheinend so viel Wert, dass sie es uns nicht in unserer ersten Stunde hätte sagen können, sondern eine Nachricht verfasste, in der nicht mehr stand, als der Titel und, dass es eine wirklich dringende Angelegenheit war

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Hätte ich doch wie Claire einfach den Schauspielkurs belegt. Zwar konnte ich kein bisschen schauspielern, aber dann müsste ich jetzt nicht meine Zeit, auf der Suche nach einem Buch aus dem letzten Jahrhundert, vergeuden. Es gab schon die ein oder andere Entscheidung die ich meinen sechszehnjährigen Ich übelnahm. Das war eine davon. Obwohl ich eigentlich Bücher mochte und gerne las, konnte ich mich gerade nicht mit dieser Situation anfreunden.

Nach weiteren Minuten einer erfolglosen Suche, war ich kurz davor aufzugeben, als mir der Name Shakespeare in die Augen fiel. Mit großen Schritten lief ich zu dem Regal auf meiner linken Seite. Auf Zehenspitzen und mit ausgestreckten Armen versuchte ich das Buch in der obersten Reihe zu erreichen, was mir aber nicht gelang. Seufzend und bis aufs Äußere genervt versuchte ich es ein weiteres Mal. Komm schon, noch ein kleines Stück.

Plötzlich trat ein weiterer ausgestreckter Arm in mein Sichtfeld. Mein Kopf fuhr zur Seite und blickte in das grinsende Gesicht von Jayden. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Was wollte er denn jetzt hier? Und warum grinste er so dämlich?

soulmates - gefunden | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt