[2] Kapitel 11

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Mit Schwung hiefte ich den letzten Umzugskarton in den Kofferraum meines Autos. Zufrieden, dass endlich alle Kartons mit aussortierten Klamotten im Auto verstaut waren, schloss ich die Kofferaumtür. Eine ganze Woche hatte es gedauert, bis mein Zimmer wieder in seinem alten, ordentlichen Zustand war. Davor konnte man ja kaum noch den Boden sehen, durch die ganzen Kartons oder Kleidersäcke.

Die meisten Klamotten, die ich jetzt zum Spendencenter brachte, waren Werbegeschenke und teilweise noch nie getragen. Ally, Ella und Mum hatten sich bereits reichlich bedient, jedoch konnte ich mit dem Rest immer noch 4 volle Kartons füllen. Mir war es schon lange ein Anliegen die Klamotten zu spenden. Ich wollte aus Sachen, für die ich selber nichts bezahlt hatte, kein Geld machen. Das Geld was jetzt für die ganzen Sachen zusammenkam würde an eine Organisation gespendet werden, wo ich und meine Eltern regelmäßig Geld spendeten. Das kam mir so auf jeden Fall richtiger vor, als das Geld in meine eigene Tasche zu stecken.

„Hast du jetzt alles, Tante Emmi?" Charlotte kam mit ihrem süßen roten Wintermantel die Stufen der Veranda herunter gelaufen und blieb bei mir stehen. Da es schon der 7. Oktober war, war es natürlich klar, dass in Toronto alle Flächen mit weißem Puder bedeckt waren. Außerdem hatte Toronto eine Kältewelle erreicht. Die Temperaturen waren über Nacht weit in den Keller gesunken. Ein Wunder, dass Mums Blumenbeete vor der Veranda das überlebt hatten. Die Blumen sahen unter dem Schnee immer noch relativ passabel aus.

„Ja ich hab alles, du süße." Sie lächelte und steckte ihre Hände in die Manteltaschen. „Du, Tante Emilia?" Nickend kniete ich mich zu ihr auf den Boden damit ich nicht mehr so groß im Gegensatz zu ihr war. „Ja?"

„Darf ich mit dir kommen? Ich habe Mummy und Daddy schon gefragt ob ich mit dir mitkommen darf.." Sie bohrte mit ihren Winterstiefeln im Schnee herum und schaute mich mit ihren wunderschönen Kastanienbraunen Augen an.

„Ja, klar kannst du mitkommen. Ich hole noch schnell den Kindersitz aus der Garage. Dann können wir los."

Gesagt, getan. Sobald wir zusammen den Kindersitz geholt hatten, fuhren wir los. Charlotte hatte hörbar Spaß als wir von dem eher wenig belebten Pickering in das volle Toronto fuhren. Jedes Mal wenn sie einen Hund sah, kicherte sie erfreut auf, was mich zum schmunzeln brachte. Sie war so ein süßer Engel. Es war wirklich selten, dass sie weinte oder nölte. Sie war fast immer glücklich und am kichern. Ella und Lorenzo erzählten ständig wie froh sie sind, dass Charlotte so ein glückliches Kind war.

„Tante Emmi?"
„Hm, ja?"
Ich drehte meinen Kopf kurz zu ihr und sah, dass sie mich grübelnd musterte.

„Warum hast du eigentlich keinen Benny? Omi hat Opi, Mummy hat Daddy, Ally hat Benny und Anthony hat Finn. Wieso hast du keinen?"

Ohne wirklich zu wissen was ich auf diese Frage antworten sollte, atmete ich überrascht ein. Wie kam so ein kleiner Mensch auf so eine Frage? War es so offensichtlich, dass ich „alleine" war?

„Also... weißt du.." Sie schaute mich interessiert an.

„Mein Traumprinz ist nicht mit dem Pferd auf dem Weg zu mir, sondern mit einer gaaaanz langsamen Schildkröte. Deswegen hab ich meinen Traumprinzen noch nicht an meiner Seite." Sie nickte, jedoch konnte ich an Ihrem Gesichtsausdruck sehen, dass sie nichts verstanden hatte.

Die restliche Fahrt beschäftigte sie sich wieder mit dem Trubel der sich draußen abspielte. Ich war froh, dass das Thema wieder vom Tisch war.

„So, wir sind da."

Aufgeregt rüttelte sie an ihrem Gurt herum bis ich ihn aufmachte und selber Ausstieg um ihr die Tür aufzumachen.

„Komm wir gehen rein und sagen Bescheid, dass wir da sind. Vielleicht hilft uns jemand die Kisten reinzutragen." Einverstanden nickte sie und zog an ihrem Mantel herum. Als plötzlich ihre kleine warme Hand an meine fasste, wurde mir warm ums Herz. Sie lächelte zu mir hoch und lief mit mir zusammen ins große Gebäude.

Affection [Shawn Mendes FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt