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Warum ich den Keller ins Spiel gebracht habe?

Weil er noch eine Rolle spielen wird.

Als Owen ihn nämlich erwähnt hat, ist etwas passiert. Etwas, das den Stein ins Rollen gebracht hat. Etwas, das niemals hätte passieren sollen.

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Es war ein Freitagabend. Zach saß bestimmt noch im Büro seines Dads fest und ging diversen Papierkram mit ihm durch. Ich stand in der Küche und schälte Kürbisse mit meiner Schwester, die unbedingt einen Pumpkin Pie für morgen haben wollte.

„Wollen wir einen Truthahn zubereiten?", fragte sie mich, während sie ihren Kürbis aushöhlte. Morgen war Thanks Giving und wir durften einen kleinen Auflauf hier erwarten. Und ich meine nicht das Essen, sondern Besucher.

Owens Freundin (mittlerweile war sie seine Verlobte, wie er vor ein paar Tagen verraten hatte) war Sekretärin und hatte eine Woche frei bekommen und würde hier wohnen. Brielles Ex-Freund (der, der nach Alaska gezogen war) hatte sich wieder gemeldet, wollte der Fernbeziehung doch eine Chance geben und Thanks Giving mit ihr verbringen. Und Jed wollte ein Mädchen namens Sophia mitbringen, von dem er noch nie erzählt hatte.

Zach würde morgen bei seiner Mom in New Jersey sein, weshalb ich heute auch dementsprechend mies gelaunt war. Er hatte mich zwar gefragt, ob ich mit ihm mitkommen wollte, aber ich hatte abgelehnt und gemeint, dass ich Flugangst hatte. Der wahre Grund dürfte jedem bekannt sein.

Ich wollte das Risiko nicht eingehen, Beth mit ihm fliegen zu lassen.

Ich vertraute ihr absolut nicht mehr und sie meldete sich auch kaum noch seit der Sache mit Jaspar. Höchstens, um mich zu ärgern.

„Du weißt, ich bin kein Truthahn-Fan, aber wir können einen machen", lächelte ich. „Der gehört irgendwie dazu."

„Ja, finde ich auch!", meinte Brielle und fuchtelte mit dem Löffel herum. „Und dann ist auch schon bald Weihnachten. Kannst du dir das vorstellen? Das Jahr ist so verdammt schnell vergangen." Sie war gut gelaunt, weil sie wieder mit George zusammen war und ihren Facebookstatus vor einer halben Stunde geändert hatte. „Hast du schon Weihnachtsgeschenke gekauft?" Ich schüttelte den Kopf. Es war Oktober und ich gehörte zu den Menschen, die Weihnachtseinkäufe in der letzten Minute erledigten, weil ich fand, dass der Weihnachtsstress irgendwie schön war. Ja, ich bin bekloppt, aber anders kam ich einfach nicht in Weihnachtsstimmung.

Da wir Thanks Giving nicht zusammen verbringen konnten, hatte Zach versprochen, zu Weihnachten hier zu bleiben.

„Hast du schon welche gekauft?", fragte ich meine Schwester und begann, meinen Kürbis in kleine Würfel zu schneiden.

„Ja! Du bekommst einen-" Sie schlug sich die Hände vor den Mund. „Vergiss es!" Ich musste lachen. Selten hatte ich sie so hibbelig erlebt.

„Jungs?" Sie drehte sich um, in Richtung Wohnzimmer, wo Owen und Jed auf der Couch saßen und gebannt ein Eishockeyspiel verfolgten. Draußen war es dunkel und langsam wurde es so kühl, dass die Temperaturen am Tag nicht ausreichten, um das Haus in der Nacht warm zu halten, deshalb hatte Owen den Kamin angeheizt.

Ich liebte den Herbst. Ich verband ihn mit Ahornsirup, Zimt, warmen Kuscheldecken und Kaminfeuer. Herbst war eine gemütliche Jahreszeit, denn der Winter war mir zu kalt und trist, der Frühling war mir zu fröhlich und bunt und der Sommer zu warm. Wobei ich sagen muss, dass es hier in Chelsea fast keine richtigen Übergangsjahreszeiten gibt. Entweder ist Sommer oder Winter.

Deshalb genoss ich die paar Tage Herbst, die uns die Natur vergönnte.

„Wisst ihr, wo die Weihnachtsdeko steckt?"

Als Kinder hatten wir immer einen riesigen Weihnachtsbaum gehabt und das Haus geschmückt. Bevor unsere Mom verschwunden war. Bei unserem Dad hatte es kein Weihnachtsfest gegeben, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass sich jeder von uns freute, dass es seit ein paar Jahren wieder welche gab.

„Im Keller", rief Owen von der Couch aus. Seine Stimme hatte einen eigenartigen Ton angenommen und jeder von uns wusste, warum. „In den Kisten."

„Warum hast du sie wieder nach unten getragen?", fragte Brielle genervt.

Owen drehte sich um. „Weil du gesagt hast: Bring die Kisten wieder nach unten."

Brielle drehte sich um und schnippelte ihren Kürbis klein. Ich merkte, dass auch ihre Gedanken ganz wo anders hin katapultiert worden waren.

Ich legte das Messer weg, weil mir plötzlich schwarz vor Augen wurde. Weil ich das Gefühl hatte, in mir würde sich etwas bewegen und an die Oberfläche kämpfen. Und dann war ich auch schon weggetreten.

AnnabethWo Geschichten leben. Entdecke jetzt