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Nach dem Abendessen, das wir auf zwei Wägen auf unsere Suite gebracht bekamen, wollte ich schwimmen gehen. Ich wusste, dass es im Hotel eine Schwimmhalle gab und bettelte Zach so lange an, bis er sich geschlagen gab.

In Chelsea schwamm ich nur in Zachs Pool. Ich fand Seen irgendwie unheimlich, auch wenn das Wasser noch so blau war, aber es ging so tief nach unten, dass man einfach nur Schwarz sah. Und wenn in meinem Körper zwei Personen lebten, was lebte dann da unten im Wasser? Das war mir schon immer unheimlich gewesen. In Hallenbädern konnte man zumindest auf den Grund des Bodens sehen, nur waren mir die oft zu voll, zu laut und zu eklig, weil sich kleine Kinder nicht davor scheuten, hineinzupinkeln und Erwachsene oft zum Duschen zu faul waren.

Aber in diesem Schwimmbad war niemand. Es war ruhig, ziemlich warm und das Wasser war durch die Lichter tiefblau. Der Boden war gekachelt und die Säulen glänzten beige. Die Wände waren handbemalt mit griechischen Statuen und einer untergehenden Sonne am Meer. In einer Ecke entdeckte ich eine vergoldete Statue, und einen großen, weißen Stein, dessen Zweck sich mir nicht ganz erschloss. Auch hier standen überall Pflanzen in Töpfen herum. An den Wänden waren Liegen aufgereiht, bei denen Zach und ich unsere Handtücher ließen.

Da es draußen dunkel war, erleuchtete nur das blaue Poollicht den Raum. Während Zach direkt kopfüber ins Wasser sprang, ging ich nur langsam über die breiten Stufen hinein und gab ihm somit die perfekte Möglichkeit, mich nass zu spritzen. Schützend hielt ich mir die Hände vors Gesicht, was eigentlich ziemlich hirnrissig war, da ich lachend untertauchte, zu ihm schwamm und direkt vor ihm wieder auftauchte, damit ich meine Haare wild ausschütteln konnte. Diesmal hielt er sich die Hände vors Gesicht.

Das Wasser war weder besonders kühl noch warm. Wir schwammen ein paar Bahnen um die Wette, und es ist wohl kaum überraschend, dass Zach gewann. Als ich ihn endlich einholte, legte ich meine Hände an seine Schultern, schlang meine Beine um seine Hüften und küsste ihn. Seine Lippen schmeckten nach Chlor, aber es störte mich nicht sonderlich. Ich war weit schlimmeres von Beths Freunden gewohnt.

Zachs Finger zupften an der Bikinischlaufe in meinem Nacken herum, und ich war mir sicher, dass mein Oberteil längst auf der Wasseroberfläche davon getrieben wäre, wenn das hier kein öffentliches Bad gewesen wäre. Beth hätte das nicht gestört.

„Bitte, bitte!", bettelte sie. „Für einen Quickie reicht es! Man hört doch, wenn jemand kommt!"

„Ich hab noch immer meine Tage."

„Wen willst du hier anlügen?", fragte sie. „Ich weiß über alles Bescheid, was da unten abgeht."

„Sex im Schwimmbad ist echt ekelhaft", entgegnete ich.

„Findest du?", lachte Zach leise. Ich riss die Augen auf.

„Oh verdammt, hab ich das laut gesagt? Das wollte ich nicht, entschuldige!"

Er lachte nur. „Ich bin auch kein Fan von Sex im Schwimmbad, keine Sorge."

„Langweilig!", grölte Beth.

„Vielleicht sollten wir doch wieder nach oben gehen", hauchte ich gegen seine Lippen und lächelte. Er gab nur ein zustimmendes, kehliges Geräusch von sich, bevor er seine Lippen wieder auf meine legte.

Doch mit einem Mal spürte ich wieder das Wattekopfgefühl, das mir jedes Mal eine Scheißangst einjagte, wenn es aufkam.

„Was ist los?", fragte Zach sofort. Ich rieb mir die Schläfe.

„Nichts, ich... äh..." Ich schüttelte den Kopf und fragte mich, ob es nur falscher Alarm gewesen war. Aber dann fiel mir auf, dass ich tatsächlich nachdenken musste, wovon Zach und ich eben gesprochen hatte und wusste, dass es kein falsche Alarm gewesen war.

„Vielleicht sollten wir wirklich nach oben gehen", meinte Zach, nur klang er jetzt besorgt. Ich nickte und wir begannen zum anderen Beckenrand zu schwimmen, weil man auf dieser Seite nur auf die Wand stieß, und nicht aus dem Becken kam.

Meine Arme fühlten sich immer träger und schwerer an, und auf einmal hatte ich das Gefühl, das Schwimmen verlernt zu haben. Die Watte im Kopf wurde immer dichter. Es fiel mir immer schwerer, mich über Wasser zu halten.

Und dann war ich auch schon untergetaucht.

AnnabethWo Geschichten leben. Entdecke jetzt