Kapitel 7

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Eine nasse raue Zunge leckte meine ganze linke Seite ab, bis ich mit einem brummenden Schädel aufwachte.

"Kitty, was willst du?", meckerte ich meine Katze an, welche sich einfach in meine Arme kuschelte und mir ihren haarigen Schwanz ins Gesicht donnerte. Danke auch, wer hatte nicht gerne Katzenhaare am Morgen im Gesicht?
Sekunde... Am Morgen? Aber gerade eben war es noch 3 Uhr gewesen... Jetzt war es.. Oh no. Mein Wecker behauptete, es sei schon zehn Uhr.
Was..?

"Miau!"

Kitty rammte ihre spitzen Krallen direkt in mein Gesicht, was mir drei rote Striche auf der Wange verpasste.
Ich hatte ihr doch nur kurz auf den Schwanz getreten, das war doch kein Weltuntergang. Aber nein, ich hatte mir ja damals diese Dramaqueen hier ausgesucht. Das hatte ich nun davon.

Ich drehte mich zur Seite und entdeckte einen Zettel auf meinem Nachttisch.

Vielleicht sollte ich dich doch lieber Dornröschen nennen, du kleine Schlafmütze.

Ich wusste sofort von wem die Nachricht war. Justin. Wem auch sonst?

Ich verstand das nicht. Was war gestern passiert? Mister badboy hatte mich nur nach Hause gefahren, während ich... oh. Während ich eingeschlafen war. Auf seinem Motorrad. Das hätte böse enden können. Wahrscheinlich hatte er... ne, diesen Satz wollte ich nicht mal zu ende denken, so peinlich war es mir.
Warum hätte er mich nicht einfach wecken können? Denken war wohl nicht so seine Stärke. Naja, man konnte auch nicht alles haben.

"Gut geschlafen?"

Mum stand in der Küche und machte gerade lecker Pancakes. Wie sehr ich diese Pancakes liebte! sie waren göttlich, ich könnte für solche sterben!

"Ja."

"Darf ich fragen, wo du heute Nacht warst?"

Oh nein, woher wusste sie es? Sie hatte mich doch nicht etwa mit Justin zusammen gesehen? Bitte nicht, bitte nicht, bitte nicht...

"Woher weißt du das?"

Mums zartes Lächeln ließ sie wie ein Engel aussehen.

"Ich finde es nur ungewöhnlich, dass du geschminkt und mit schicker Kleidung schlafen gehst."

Langsam schaute ich an mir herab. Diese Kleinigkeit hatte ich fast vergessen. Aber hey, immer hin hatte sie keine Ahnung von Justin. Sonst wäre ich jetzt in einem dreistündigen Verhör gelandet. Aber wie hatte er mich in mein Zimmer gebracht?
Wahrscheinlich durchs Fenster, das war nämlich offen gewesen.

Ich strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und spielte möglichst unschuldig.

"Kate hat eine Party gegeben."

Okay, es ging überzeugender, vor allem da Kate eigentlich nie Partys gab, aber was Besseres viel mir nicht ein.

Mum schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

"Kate hasst Partys."

Punkt für sie.

"Ja, aber das war eine ganz besondere Party. Für... ihren Freund."

"Kate hat einen Freund?"

Lügen haben kurze Beine, hätte Dad jetzt gesagt.

"Ja, noch ganz neu. Und er hat heute Geburtstag. Sie hat mit uns reingefeiert."

Oh man, ich hätte echt nicht anfangen sollen. Zu meinem Glück (und dieses Timing konnte keiner toppen) kam Alec in die Küche.

Seine schwarzen kurzen Haare waren verstrubbelt und seinen blauen Augen waren noch halb zu. Kate würde mich für diesen Anblick beneiden, ich konnte auf den jedoch gut verzichten. Denn sein ich-bringe-euch-alle-um-Blick hatte es echt in sich.

"Guten Morgen. Hast du auch Hunger?"

Alec grummelte irgendwas, was man nicht verstehen konnte und griff nach einem Teller. Dann trottete er zum Tresen mit den inzwischen fertigen Pancakes.

Da war aber einer aus dem Tiefschlaf aufgeweckt worden. Und das viel zu früh.

"Ich gehe dann mal. Ich muss noch einkaufen. Für nachher."

Ich war heute dran mit Mittagessen machen und ich hatte weder Eier, noch Mehl. Und Bananen fehlten auch noch.

"Mach das, aber du weißt schon, dass du gerade aussiehst wie Dobby?"

Alec lächelte mich schief an und musterte mich auffällig. Er nannte mich gerne Dobby, wenn ich schräg aussah, deshalb nannte ich ihn daraufhin immer Voldemort. Wie auch dieses mal.

"Sagt der Richtige, nicht wahr, Voldemort?"

Er verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, dann bediente er sich an den Pancakes.

"Gehst du mir zu liebe noch an der Bibliothek vorbei? Ich muss eigentlich dieses Buch abgeben, aber ich finde einfach keine Zeit dafür", bedauerte Mum und reichte mir eines ihrer Liebesromane.

"Klar."

---

Es war viel zu kalt für diese Jahreszeit, selbst ich fror unter meiner Jacke. Jetzt musste ich nur noch zur Bibliothek und dann konnte ich mich wieder nach Hause begeben und erst mal ein paar Netflix Serien durchsuchten. (Toller Tagesplan, I know!)

"James? James?"

Die weinerliche Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich schloss mein Fahrrad an und wollte die Bibliothek betreten, da drang sie in mein Ohr.

"James?!"

Schon wieder! Das konnte keine Einbildung sein. Vorsichtig schlich ich hinter eine Hecke und entdeckte einen kleinen Spielplatz. Und da saß ein kleines Mädchen.
Ihre braunen Locken purzelten auf ihre Schulter, während sie sich mit Tränen in den Augen umdrehte.

Sofort rannte ich zu ihr und kniete mich neben sie.

"Was ist los?"

Überrascht schaute sie mich an.

"Ich habe meinen Bruder verloren. Ich wollte ihn ärgern, weil er immer so einen Beschützerinstinkt mir gegenüber hat und bin heimlich weggerannt. Und jetzt find ich ihn nicht."

Na super, der Park war riesig ihr Bruder konnte überall sein.

"Heißt er James?"

Sie nickte hastig und begann nun immer mehr zu weinen.

Ich wischte ihr mit meiner Hand die Tränen ab und spürte ihre kalte Haut.

"Wo ist denn deine Jacke?"

"James hat sie noch."

Oh Gott, im T-Shirt stand sie vor mir. Das konnte ich unmöglich so lassen, sonst würde sie mir noch erfrieren. Ich zog meine Jacke aus und legte sie ihr sofort um die Schulter. Mir egal, ob ich jetzt fror, sie war noch ein Kind. Nicht, dass sie krank wurde.

"Wir suchen ihn. Er ist bestimmt noch in der Nähe."

Die kleine nickte und ich setzte sie auf meine Schultern. Wow, also so hatte ich mir meinen Samstag wirklich nicht vorgestellt.

Plötzlich kreischte das Mädchen auf meinen Schultern und begann wild mit den Händen zu wedeln. Dabei schlabberten meine Ärmel der Jacke wild in der Luft herum.

"James!"

Ich schaute in die Richtung, wo sie schnell hinwollte und hatte Mühe, die kleine im Gleichgewicht zu halten. Deshalb setzte ich sie ab, woraufhin sie losrannte, ( mit meiner Jacke, was ziemlich lustig aussah. Wie ein Schleier...) und fest in die Arme eines großen Jungen geschlungen wurde.

Mein Herz schmolz dahin...

Wrong bad boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt