Paralysiert -Malec-

-Sechs-

Ich setze mich allerdings nicht, sondern sehe mir sein Zimmer genau an. Es ist schlicht eingerichtet und ohne viel Schnickschnack, dafür hängen die Wände voller Fotografien. Gespannt betrachte ich sie. Sie alle sind schwarz-weiß und ich bin wirklich interessiert. Die meisten zeigen Landschaften und auf einigen sind Löwen, Nashörner, Zebras und Elefanten zu sehen. "Das sind fantastische Aufnahmen. Wer hat sie gemacht?" frage ich und zucke zusammen, als ich plötzlich seine Stimme ganz nah an meinem Ohr höre und seinen Körper fast schon spüren kann.

"Ich habe sie gemacht Magnus." Überrascht drehe ich den Kopf zu ihm. "Du? Das sind fantastische Arbeiten, aber wo sind sie aufgenommen worden?" frage ich fasziniert. "In Afrika. Genauer gesagt in Pretoria in Südafrika. Ich war letztes Jahr für einige Monate dort." Ich bin beeindruckt. "Wow. Das ist wirklich wunderschön. Erzähl mal, wie war es in Südafrika?"

Als ich mich umdrehe, pralle ich schon fast gegen Alec, so nahe steht er bei mir. "Heiß. Es war sehr heiß." sagt er rau und ich muss schlucken. "Das kann ich mir gut vorstellen." antworte ich leise und starre auf seine Lippen. Provokant leckt er sich darüber und ich kann die Wärme spüren, die er ausstrahlt. Ich lege eine Hand auf seine Hüfte und komme noch näher. Erwartungsvoll schließt er die Augen, doch ich drücke ihn von mir und schlüpfe an ihm vorbei.

"Du musst mir unbedingt davon erzählen." sage ich und er dreht sich zu mir. Ich muss grinsen, als ich sein frustrierte Gesicht sehe. "Ja klar, vielleicht gehst du mal mit mir aus?" fragt er und ich bin erstaunt. "Du willst ein Date mit mir?" Er nickt, aber bevor wir etwas ausmachen können, vibriert mein Handy. Ich ziehe es hervor und sehe eine Nachricht von Jace.
"Dein Bruder fragt, wo ich bin. Ich gehe mal besser wieder runter." Er nickt. "Mach das, aber du bist mir noch eine Antwort schuldig Magnus." Ich gehe zur Tür. "Vielleicht irgendwann mal." sage ich, zwinkere ihm zu und gehe ohne mich noch einmal umzusehen hinaus. Mir ist bewusst, dass sein Jagdinstinkt geweckt ist und bin mehr als bereit das Spiel mitzuspielen.

Unten im Flur steht Jace und starrt auf sein Handy. "Ich bin hier Jace." rufe ich und er sieht hoch. "Wo warst du denn?" Ich kratze mich am Kopf. "Hab mich wohl verlaufen und dann bin ich versehentlich bei Alec gelandet. Nun guck nicht so, wir haben nur geredet." lüge ich. Jace sieht mich nachdenklich an. "Ist alles ok mit ihm?" Ich wiege den Kopf hin und her. "Ich bin nicht sicher. Was zum  Teufel war das beim Essen?" Jace seufzt laut. "Alles wie immer. Alec kann unserem Dad nichts Recht machen. Er wollte die Firma nicht übernehmen, interessiert sich für Kunst und Bücherkram und ist zusätzlich auch noch schwul. Nicht gerade vorzeigbar in der Gesellschaft."

Ich werde wütend. "Nicht vorzeigbar, weil er nicht auf Frauen steht und lieber fotografiert?" knurre ich und Jace hebt abwehrend die Hände. "Hey, dass ist nicht meine Meinung. Weder habe ich etwas gegen seine Orientierung, noch hab ich was gegen seine Zukunftspläne." Ich atme tief durch. "Ok. Aber ehrlich? Dein Vater ist ein Arsch." Jace nickt. "Alec gegenüber schon, aber sonst ist er wirklich echt in Ordnung Magnus." Ich nicke nachdenklich. "Wenn du das sagst. Ich gehe jetzt nach Hause. Wir sehen uns morgen ja?"

Tatsächlich verbringe ich seit diesem Tag viel Zeit bei den Lightwoods. Ich zocke mit Jace, rede mit Izzy über die neuesten Modetrends, lerne mit Max zusammen Algebra oder tausche mit Maryse Backrezepte aus. Sie alle behandeln mich wie ein Familienmitglied und ich fühle mich sehr wohl hier. Robert Lightwood ignoriert mich weitgehend, aber das ist mir mehr als Recht.

Und Alec? Wir beschränken uns darauf, uns zu begrüßen und kurzen Smalltalk zu halten. Trotzdem spiele ich nach wie vor das Spiel, denn er interessiert mich immer mehr. Hier und da, werfe ich ihm einen Blick zu oder lecke mir über die Lippen, wenn ich merke, er beobachtet mich.

Es ist Samstag Abend und Jace hat heute sein erstes Date mit Clary. Trotzdem sitze ich in der Bibliothek und lerne mit Max. Maryse hat mich darum gebeten und da ich nichts anderes vorhabe, habe ich zugesagt. Ich mag den Kleinen, der sich gerade die Brille putzt. "Hast du alles verstanden?" frage ich und er nickt. "Ich denke schon. Danke Magnus. Ist es für dich ok, wenn ich jetzt in mein Zimmer gehe, um zu lesen?". Ich muss lachen. "Natürlich Max. Sag mir dann Montag, wie es gelaufen ist ja?" Er nickt und geht dann hinaus.

Seufzend lasse ich mich in dem Sessel, in dem ich sitze zurückfallen und schliesse die Augen, um einen Moment die Ruhe zu genießen, bevor ich nach Hause gehe, wo die Einsamkeit auf mich wartet.

"Schläfst du?" höre ich plötzlich Alecs Stimme und zucke erschrocken zusammen. Als ich die Augen öffne, sehe ich ihn mit dem Rücken an die Tür lehnen und muss zugeben, er sieht verdammt heiß aus. Seine Jogginghose sitzt tief auf seinen Hüften und sein enges Shirt schmiegt sich an seinen muskulösen Oberkörper. Er ist barfuß und seine Haare sehen wieder aus, als hätte er sie ewig nicht gekämmt.

"Nein, ich bin wach. Ich hab mit Max gelernt und gehe jetzt nach Hause." Ich drücke mich hoch und gehe zur Tür aber Alec macht keine Anstalten mir Platz zu machen. "Hast du keine Pläne für heute Alexander?" frage ich ihn und er betrachtet mich aus dunklen Augen. "Nur welche, die dich betreffen Magnus." sagt er rau und ich bin amüsiert. "Davon wusste ich gar nichts." Er streckt eine Hand aus und hakt einen Finger in meinen Hosenbund. Mit einem Ruck hat er mich nahe an sich gezogen. "Willst du den Rest des Abends mit mir verbringen? In meinem Bett Magnus?" haucht er.

"Alexander, so läuft das nicht. Wenn wir dieses Spiel spielen, dann nach meinen Regeln und ich habe das Gefühl, so weit bist du noch lange nicht. Oder fühlst du dich bereit, etwas völlig Neues auszuprobieren?" Ich kann dabei zu sehen, wie sein Selbstbewusstsein von ihm abfällt und muss grinsen über sein irritiertes Gesicht. Er antwortet mir nicht und ich klopfe auf seine Brust. "Dachte ich es mir doch, dass du zu feige bist. Gute Nacht Alexander." sage ich und schiebe ihn zur Seite, um die Tür zu öffnen.