Kapitel 3

7.4K 176 13
                                    

Noah Cano

„Baby, du bist so heiß", flüsterte eine Stimme in mein Ohr und ich schloss desinteressiert die Augen. Das Mädchen hatte ich gestern Abend mitgenommen. Die neue Stadt hatte immerhin genau so gute Clubs wie die spanischen Städte. Trotzdem hatte ich nicht vor länger als nötig hier zu bleiben.

Die Frau fing jetzt an meine Muskeln nachzufahren und mich dabei versucht verführerisch anzulächeln. Der Blick sah jedoch eher so aus, als ob sie einen Krampf im Gesicht hatte.

Meine eh schon miese Laune verschlechterte sich noch mehr und ich schubste die zierliche Italienerin, deren Namen ich schon wieder vergessen hatte, von mir. Die Kleine quiekte erschrocken auf und wollte gerade anfangen zu meckern, als Luciano in mein Zimmer stürmte. Innerlich dankte ich meinen besten Freund für sein gutes Timing. Meine Laune besserte das jedoch wenig. „Hau lieber ab, bevor er dich köpft.", gab Luc meinem One-Night-Stand mit ernster Stimme zu verstehen, was sie wohl ziemlich verschreckte. So schnell sie konnte verließ sie mein Zimmer und ich und Luciano setzten uns jeweils auf einen meiner schwarzen Sessel. Luc sah sich um und fragte dann:„ Lebst du neuerdings als Vampir? Alles in deinem neuen Zimmer ist schwarz und du hast nicht mal deine schwarzen Vorhänge offen. Es ist Sommer, Bruder."

Mit einem Stirnrunzeln gab ich ihm meinen Unmut über die Kritik und besonders darüber, dass er mich Bruder nannte, zu verstehen. Doch Luc lachte nur und grinste mich schamlos an. Dann stand er wieder auf und riss die Vorhänge auf. Die Sonne traf mein Gesicht und ich kniff meine Augen zusammen. Luciano lief wie ein kleines Kind springend auf mich zu und seine eh schon tiefsitzende Jogginghose rutschte noch etwas tiefer. Gespielt theatralisch hielt ich mir die Augen zu, was Luc dazu brachte mich mit einem Schmollmund anzusehen. Grinsend lehnte ich mich in meinem Sessel zurück und klopfte neben mich:„ Mein rechter, rechter Platz ist frei..." „Noah du bist immer der eiskalte Mafiaboss und jetzt willst du mit mir Kinderspiele spielen?", unterbrach Luc mich und hob dabei belustigt seinen rechten Mundwinkel. Mein Blick wurde wieder ernst und ich strich mir gestresst durch meine schwarzen Haare, die mir andauernd ins Gesicht vielen.

Kurz überlegte ich und meinte dann:„ Du weißt, dass ich in echt ein Herz besitze und außer dir kann ich zu niemandem so sein, wie ich wirklich sein will. Das Mafiaboss-Image hilft mir nicht gerade, was Freunde angeht, Luc. Und seit Manuel weg ist..."

Ich brach ab und fuhr mir durchs Gesicht. Meine Hand zitterte leicht und die Wut begann wieder meinen Rücken hochzukriegen.

„Manuel wird seine gerechte Strafe bekommen und du wirst ihm den letzten Schuss geben.", versprach mir Luc und ich sah ihn mit einem kalten Lächeln an.

Ein paar Minuten saßen wir Beide da und starrten in die Leere. Ich knackte leicht mit meinem Nacken und konzentrierte mich darauf wieder meine normale Gefühlslage zu erreichen.

Als ich sie wieder erreichte legte sich eine Maske über mein Gesicht und meine gewohnt ernste Art war wieder da.

Luc bemerkte meinen Stimmungswandel natürlich und ich gab ihm mit einem Blick zu verstehen, dass das Gespräch über Manuel beendet war.

„Was wolltest du mir erzählen, du kommst doch sonst nicht ohne Hintergedanken in mein Zimmer?", erkundigte ich mich nun bei Luciano und dieser sah mich mit einem unschuldigen Blick an. Dann antwortete er keck:„ Ich besuche doch immer gerne meinen Lieblingsbruder."

Mein böser Blick traf ihn, als ich ihm erklärte, dass wir weder Brüder seien, noch ich ein weiteres nervtötendes Geschwisterteil bräuchte.

Er sah mich daraufhin gespielt geschockt an, ließ es jedoch darauf beruhen. Dafür war ich ihm dankbar. Er wusste immer, wann es besser war zu schweigen. Doch trotzdem provozierte er mich, indem er noch nicht mit der Sprache herausgerückt war. Deswegen schickte ich ihm nochmal einen auffordernden Blick.

Mein bester Freund lächelte mich schief an und seine braunen Augen blitzten. Ich nickte ihm zu und endlich rückte er mit der Sprache raus:„ Dein Plan Bari zu übernehmen rückt endlich in greifbare Nähe. Einer unserer Jungs war vorhin in der Stadt und hat das Ziel gesehen." Er grinste mich breit an und warf seine Kette in die Luft um sie dann mit einem dramatischen Schnalzen zu fangen. Ich legte mir meine Hand an die Stirn und rieb mir ein paar Mal drüber, bis ich mich wieder Luc zuwendete:„ Wir haben keine Zeit, solange wir sie nicht haben gibt es keine Feier." Kurz überlegten wir Beide, bis die aufgehende Tür die Stille unterbrach. Wie so oft unangekündigt, platze Lucia in den Raum. Konnte sie nicht einmal anklopfen?

„Was zur Hölle willst du jetzt schon wieder?", fuhr ich sie an und gab ihr mit einer Bewegung zu verstehen, dass sie die Tür wieder schließen sollte. Demonstrativ langsam kam sie meiner Aufforderung nach und setzte sich dann auf mein Bett. Natürlich nicht ohne vorher noch einmal den BH der Italienerin von heute Morgen in eine andere Ecke meines Zimmers zu werfen. Sie spitzte ihre knallroten Lippen spöttisch und zog zur Verdeutlichung ihres Unmuts ihre Augenbraue hoch.

Luc sah inzwischen belustigt zwischen uns hin und her und lehnte sich grinsend zurück. Während er das tat aß er aus seinem imaginären Popcorneimer. Ich überlegte, ob ich ihn zu Recht weisen sollte, ließ es dann aber doch. Immerhin musste ich mich jetzt auf eine Diskussion mit meiner kleinen Schwester einlassen.

Diese hat jetzt auch genug von dem hin und her Gestarre. Geduld lag einfach nicht in unserer Familie, wie ich immer wieder feststellen musste.

„Ich mach mit.", informierte sie Luc und mich mit einem Blick, der keinen Widerspruch zuließ. Wie so oft versuchte sie mir, einem Mafiaboss, etwas zu befehlen. Das grenzte fast an Dummheit, doch das war sie ganz Gewiss nicht. In unserer Kindheit schon war sie immer die Gerissenere von uns Beiden gewesen. Ich gab es nur ungerne zu. Generell rede ich am liebsten gar nicht von unserer Kindheit. Während sie immer strategisch voraus dacht und dazu noch die geborene Schauspielerin war, wollte ich lieber mit dem Kopf durch die Wand. Warum verstand sie also nicht, dass verdammt nochmal jeder Respekt vor mir zu haben hat.

Als sie merkte, dass ich nicht reagierte und sie weiterhin nur anstarrte, schob sie ihre Unterlippe leicht vor und starrte mit großen, traurigen Augen zurück. Ich sagte ja, eine Schauspielerin war an ihr verloren gegangen. Nachdem das auch nicht half, erklärte sie:„ Erinnerst du dich noch an Maik? Ein so netter Junge, wäre er nicht dieser blöden Italienerin verfallen. Und sie hat ihm das Herz gebrochen. Ich finde die Rechnung sollte sie jetzt begleichen." „Dein Liebesleben interessiert mich nicht", wandte ich sofort ein und fast gleichzeigt fragte Luc:„ Ist das nicht schon zehn Jahre her?"

Sie grinste teuflisch und antwortete:„ 11 Jahre und ich kann euch helfen. Immerhin wirke ich viel vertrauenswürdiger als ihr Gorillas. Und um einer Italienerin etwas auszuwischen strenge ich mich extra an." Luc zog seine Schultern hoch und warf mir einen wissenden Blick zu. Ich nickte also, ließ es mir nicht zu nehmen ihr noch einmal zu befehlen, dass sie auf mich hört oder raus ist. Sie gab mir einen fetten Kuss auf die Wange und rief im Gehen noch:„ Wie früher sind wir ein Team. Nicht war Bruderherz?" Ich zeigte ihr nur den Mittelfinger als Antwort und scheuchte sie raus.

An: Das ist doch wirklich wahre Geschwisterliebe, oder? Ich finde ja, dass Noah etwas netter zu seiner Schwester sein könnte. Aber viel wichtiger ist doch eigentlich die Frage: Was könnte wohl ihr Plan sein?

The Mafia - EistränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt