Kapitel 34

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Noah Cano

Ich konnte meinen Augen kaum trauen. Nach Tagen in diesem Loch hier, in dem mir die Ratten lieber waren als die Menschen hier, sah ich endlich einen Lichtblick.

Tatsächlich saß mein Mädchen mir gegenüber in einem kargen Raum, der mir gerade lieber war als meine Villa.

Camilla strahlte und als sie meine Hand griff, war ich mir sicher, dass ich die nächsten Wochen nur dank ihr glücklich sein konnte. Und das in meinem schlimmsten Alptraum.

„Veronica hat mir zwei Ausweise von einer Freundin besorgt und mein Bild draufgemacht. Sieht aber täuschend echt aus. So lange ich dich besuche bin ich die Journalistin Fiona.", erklärte mir mein Mädchen mir ihrer engelsgleichen Stimme und ihre Lippen, die jetzt ein Stück weit offen standen, luden mich förmlich dazu ein sie zu küssen.

Diesen Gedanken machen jedoch die Handschellen, die mich gekonnt zurückhielten zunichte.

Wissen nickte ich an Antwort und wenn man meinen Stolz messen könnte, würde er wohl jedes Messgerät sprengen.

Von dem kleinen, verängstigten auf meinem Keller ist tatsächlich eine teuflische junge Frau geworden.

Das sagte ich Camilla auch. Diese wurde daraufhin ganz rot und strich sich nervös ihre hellen Haare aus dem Gesicht.

Mir blieb dabei nicht verborgen, dass ihr Blick ab und zu verstohlen auf meine Lippen traf.

„Tu es!", forderte ich sie auf und wartete gespannt auf ihre Reaktion.

Camilla schaute mich indessen mir ihren großen, dunklen Augen an. Ertappt betrachtete sie interessiert ihre Finger und ich gab die Hoffnung auf einen Kuss auf.

Doch dann überraschte mich meine Kleine, indem sie sich vorbeugte und meine Lippen mit ihren verschloss. Meine Augen schlossen sich wie automatisch und mein ganzer Körper drängte danach sie an mich zu ziehen, doch es war mir unmöglich.

Unsere Lippen bewegten sich in einem perfekten Rhythmus und ich fühlte mich wieder lebendig.

Meiner Meinung nach viel zu schnell löste sich Camilla wieder von mir und ich knurrte unzufrieden auf, als sie sich wieder auf ihren Stuhl setzte.

Auch wenn es nur ein Kuss war, wirkte sie unnatürlich erhitzt und die leicht geröteten Wangen und die etwas geschwollenen Lippen ließen mich sehnsüchtig auf sie starren.

Fast schon hektisch blickte sie auf ihre Armbanduhr.

„Ich muss gehen. Veronica und Luc warten.", erklärte sie mir und ich konnte ihrer Stimme anhören wie sehr sie es bedauerte.

Luc war hier?

Camilla packte ihre Sachen zusammen und stand auf, als sie noch einmal stehen blieb und fragte:„ Weißt du wer dich verraten hat? Wir suchen nach dem Verräter, deswegen war ich eigentlich hier."

Eine bekannte Anspannung durchfuhr meinen Körper, als ich daran dachte, dass der Verräter sobald ich frei war hängen würde.

Meine Kleinen wollte ich damit aber nicht belasten, immerhin gefiel mir ihre unschuldige, annähernd naive, Art zu gut.

Außerdem sollte sie nicht meinen Dreck aufräumen. Das Vergnügen gehört mir.

Also schüttelte ich nur meinen Kopf und bevor sie gehen konnte befahl ich ihr noch:„ Sag Luc er soll auf dich aufpassen bis ich wieder da bin. Und wenn ich es bin, dann werde ich dir erzählen wie sehr ich die liebe."

Camilla nickte lächelnd und meinte:„ Ich liebe dich auch."

Dann verließ sie den kargen Raum und nur wenige Sekunden später kam einer der Wärter, der mich von der Stange losmachte.

Wenn diese Idioten mir nicht eine elektronische Fußfessel verpasst hätten, dann hätte ich schon längst das halbe Gefängnis auf den Kopf gestellt, aber da ich nicht scharf darauf war gegrillt zu werden, beließ ich es dabei mich zu benehmen.

„Jetzt gibt es Essen.", brummte der unfreundliche Wärter noch und schubste mich grob in die Cafeteria des Gefängnisses. Wie auch alles andere hier, war sie kahl und grau.

Überall standen Tische, an denen sich kleine oder große Gruppen von Sträflingen gebildet hatten. Die Schlauen unter ihnen wussten wer ich war und gingen mir aus dem Weg, wenn ich an das Essen wollte.

Niemand in diesem Loch wollte sich mit mir anlegen. Im Gegenteil. Die meisten Sträflinge wollten mich beeindrucken oder sich anders beliebt machen.

Einige gaben mir ihr Essen, als wäre ich eine alte Witwe, die man mit Kuchen glücklich machen könnte.

Nein. Ich bin Noah Cano und hatte hier weder vor neue Mitglieder für die Mafia zu finden, noch noch länger hier zu bleiben.

Zielstrebig ging ich zur Theke und schnappte mir einen Teller.

Die Kantinenkraft machte mir einen matschigen Brei, der wohl Gemüse und Kartoffeln darstellen sollte, auf meinen Teller und ich bedankte mich trotz des ekligen Anblicks höflich.

„Wenigstens einer hier ist noch gut erzogen.", lobte mich die ältere Frau und schaute dabei einem Mann hinter her, der gerade wortlos ging. Der Angesprochene jedoch reagierte nicht und auch ich ging jetzt zu einem der Tische, die in den hinteren, versteckten Ecken der Cafeteria standen.

Wie immer saß an einem ein blonder junger Mann, der mich grinsend zu sich winkte.

So wie ich es auch die letzten Tage getan hatte, setzte ich mich dem jungen Mann gegenüber und wir begannen ohne ein Wort zu sagen zu essen.

Erst nach einiger Zeit startete mein Gegenüber das Gespräch:„ Ich habe übrigens mit Flynn gesprochen. Er wird uns helfen."

„Ich habe nichts anderes erwartet, Rick.", antwortete ich dem Blonden mit einem teuflischen Grinsen.

Rick und ich waren schon lange Freunde, wurden aber durch seinen Gefängnisaufenthalt getrennt.

Als ich ihn hier getroffen hatte, hatte sich sofort ein Plan in meinem Kopf gebildet. Doch so wie Rick war, hatte er meinen Plan um Meilen übertroffen.

Flynn war ein Technikgenie und unser fehlendes Puzzleteil. Jetzt wo er im Boot war, konnte unser Plan starten.

Das teilte ich auch Rick mit, der mich daraufhin nachdenklich anstarrte.

„Ich brauche noch zwei Wochen, bevor die Umsetzung klappt.", räumte dieser schließlich ein und ich spürte einen wütenden Schauer, der sich durch mein Blut fraß. Ich musste sofort hier raus.

Wütend schlug ich mit meiner Faust auf den Tisch, was diesen zum Wackeln und die Teller zum Hüpfen brachte.

Die Masse war eh widerlich.

Ich schimpfte:„ Du schaffst es in zwei Tagen oder ich muss den ausstehenden Gefallen wieder streichen und dein Leben auch."

„Seit wann bist du so ungeduldig, mein Freund?", erkundigte sich Rick unbeeindruckt. Er hatte noch nie Angst vor mir gehabt. Das hatte ihm zu dem perfekten Freund gemacht, auch wenn er deswegen oft meine Befehle missachtet hatte.

Trotzdem nervte es mich schrecklich und Ricks belustigter Unterton brachte alle Mordgedanken in mir zum Erwachen.

„Ein Mädchen?", stichelte mein Freund weiter und bei dem Gedanken, dass er sich versuchte Camilla als vollbusige Stripperin vorzustellen, konnte ich kaum noch sitzen bleiben.

Mit leiser, drohender Stimmer knurrte ich:„ Wir ziehen es in zwei Tagen durch, egal welche Risiken."

„Du bringst dich noch ins Grab.", murrte Rick, der sich bestimmt wieder alles Mögliche, was schief gehen konnte auszumalen schien.

Mir allerdings waren die Konsequenzen so egal wie es nur eben ging. Immerhin hatte ich Camilla ganz alleine in dieser gefährlichen Welt zurückgelassen.

Auch wenn Luc bei ihr war, konnte nur ich sie optimal beschützen.

Als ich aufstand und ging rief mir Rick noch hinter her:„ Du kannst sie mir ja mal zeigen, wenn wir was zu dritt machen. Im Bett."

Kopfschüttelnd und den Mittelfinger hoch erhoben ging ich weiter. Das Wissen, das Camilla bald wieder in meinen Armen liegen würde ließ mich ruhig bleiben.

The Mafia - EistränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt